Tschüss, Amazon!

Ich komme zur Zeit kaum zum Schreiben, aber es gibt einen Vorgang, auf den ich sofort reagieren muss:

Amazon hat den Zugang zu den auf seinen Servern gehosteten Wikileaks-Angeboten gesperrt und gibt damit offenkundig dem Druck der US-Regierung nach. Damit beteiligt Amazon sich an dem Kesseltreiben der Obama-Regierung gegen Wikileaks. Das Vorgehen folgt dem mittlerweile sattsam bekannten Muster, dass private Anbieter von Netzdiensten sich unter Missbrauch ihres privaten Status als verlängerter Arm einer in keiner westlichen Verfassung vorgesehenen staatlichen Zensur zu betätigen.

Wir können den totalitären Praktiken der US-Regierung von hier aus nicht Einhalt gebieten; aber ihren Komplizen die Bilanzen versauen – das können wir sehr wohl:

Wegen des Banns der von Wikileaks veröffentlichten geheimen US-Dokumente von seinen Servern hat die Linke zum Boykott des Internetkonzerns Amazon aufgerufen.

„Das Weihnachtsgeschäft steht vor der Tür. Das ist für die Käufer eine gute Gelegenheit, Amazon zu zeigen, was sie von der Zensur gegen Wikileaks halten“, sagte Linke-Vizechefin Katja Kipping am Freitag und fügte hinzu: „Ich jedenfalls kaufe meine Geschenke ab sofort anderswo.“

Kipping sagte, es sei nicht hinnehmbar, dass ein Weltkonzern einknicke, wenn ein Politiker eingreife und in vorauseilendem Gehorsam die Meinungsfreiheit einschränke. Wer garantiere, dass der Konzern nicht auch Bücher aus dem virtuellen Regal nehme, wenn sich irgendein Politiker auf den Schlips getreten fühle.

Wikileaks hatte die Dokumente über Amazon veröffentlicht, um einen möglichst schnellen Zugriff auf die Daten zu ermöglichen. Medienberichten zufolge hatte Amazon mit dem Bann auf Intervention von US-Senator Joe Lieberman reagiert. Dieser soll Amazon mit Boykott gedroht haben.

(Quelle: RP-online)

Wo die Linken Recht haben, haben sie Recht. Wenn die Manager von Amazon nicht von selbst auf die Idee kommen, dass es töricht sein könnte, sich ausgerechnet als Internet-Versandhaus an der Zensur eben dieses Internets zu beteiligen, dann müssen sie ihre Torheit eben in der Bilanz zu spüren bekommen.

Ich arbeite ab sofort nicht mehr mit Amazon zusammen und fordere alle Leser auf, dort nicht mehr einzukaufen (die Umstellung sämtlicher Links wird freilich einige Zeit in Anspruch nehmen). Wer Bücher über meine Seite kaufen möchte – und selbstverständlich bitte ich Euch, das auch weiterhin zu tun – kann dies über buecher.de tun:




Für andere Produkte (als Bücher) werde ich in den kommenden Tagen Links zu passenden Anbietern einstellen.

20 Gedanken zu „Tschüss, Amazon!“

  1. Hallo Manfred,
    obwohl ich fast immer mit Ihren differenzierten Darlegungen konform gehe und Ihren Blog sehr schätze, muss ich in diesem Punkt heftig widersprechen.
    Über Sinn und Zweck der Wikileaks-Plattform zu diskutieren würde wahrscheinlich den Rahmen sprengen. Gehen wir der Einfachheit davon aus Wikileaks ist eine gute Sache.
    Jedoch gibt es für Wikileaks kein Menschenrecht auf „Hosting“. Natürlich wird Amazon auf politischen Druck hin seine Zusammenarbeit mit Wikileaks gekündigt haben. Dennoch ist es m. E. das gute Recht (nennen wir es Hausrecht) von Amazon frei zu entscheiden welche Angebote es anbietet und welche nicht. Amazon ist ein privates Unternehmen und keine staatliche Einrichtung.
    Wäre es nicht vielmehr die Aufgabe der freien Presse die Originaldaten von Wikileaks in ihrer Gänze zu publizieren und online zu stellen? Ich denke auf den Servern der New York Times oder des Spiegels, die schließlich exklusiven Zugang zu den Wikileaks-Veröffentlichungen hatten und aus den Schlagzeilen ordentlich Auflage machten, müsste genügend Platz für das Wikileaks-Material sein. Die genannten Medien sind aber wieder einmal selbst zu feige für etwas einzustehen.
    Das gleiche gilt für die SED-Nachfolgepartei. Warum stellt die LINKE nicht das Material auf ihrer Internetpräsenz zur Verfügung? Feigheit?
    Ich finde einen Boykottaufruf gegen Amazon überzogen. Sie scheinen mir auf ein plumpes Propagandastück der LINKEN hereinzufallen. Das Geschrei nach Freiheit, Demokratie und übler Zensur wird von diesen Marxisten immer nur dann angestimmt, wenn etwas gegen ihre Interessen passiert. In anderen Fällen sind es genau diese Leute, die Zensur, Ausstoßung aus der Gesellschaft und Meinungskontrolle einfordern.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ernie Souchak

  2. Auch ganz interessant…

    http://www.karstenuwe.com/das-trojanische-pferd-von-wikileaks.html

    Assange hat irgendwann mal von 9/11 als ‚falscher Verschwörung‘ gesprochen während er/WL ’ständig richtige Verschwörungen‘ offenbarten; seitdem glaube ich nicht mehr so richtig an die ‚geheimen Informationen‘ und denke schon eher in die Richtung ’neueste Version von Desinformationsstrategie‘. Ja – schon klar …. conspiracy nut-Weltsicht. Aber dennoch …

  3. Bei allem Respekt für deine kenntnisreichen Beiträge und Berichte, hier gehst du meiner Meinung nach einem kriminellen Selbstdarsteller auf den Leim.
    Offenheit und Transparenz, ja! Meinungsfreiheit und freie Berichterstattung, ja!
    Aber was dieser unselige wikiaktivist betreibt ist im höchsten maß kriminell!
    Es ist mir schnurz, dass Frau Merkel und Herr Guido ihr Fett abbekommen, aber wenn durch die Veröffentlichungen Menschen in Gefahr geraten, hört der Spaß auf.
    Alle vernunftbegabten Verantwortlichen für Server udgl. sollten Wikileaks den Hahn abdrehen und so die kriminelle Weitergabe von sicherheitsrelevanten Daten verhindern.
     

  4. Wikileaks hin oder her – es ist einfach unerträglich, daß ein Verlagshaus (oder eine Bank, oder irgendeine Institution sonst) zensurieren will, was ich lesen kann/darf oder nicht.
    Auf diese Weise hat mich die Postbank schon vor langen Jahren zur Unterstützung einer gewissen Wochenzeitschrift gebracht, und mit Amazon habe ich keinerlei Geschäftsbeziehung mehr, als sie ein islamkritisches Buch boykottierten.
    Ich boykottiere Boykotteure. Punkt.

  5. So was lustiges. Die LINKE fordert die Offenlegung der Stasitätigkeit der Linken – Funktionäre. So viel Glasnost war nie seit dem Sturm auf die Stasizentrale. Klar, wenn es darum geht, dem Klassenfeind ans Bein zu pieseln, da ist die linke Heuchelbande dabei.

  6. Werter Manfred,

    auch ich hatte heute telefonisch mein Konto bei Amazon, so wie auch bei Paypal gekündigt. Lustigerweise hatten die bei Amazon ein Rundschreiben an die Callcenter Mitarbeiter, dass sie erfassen sollen wenn jemand genau aus dem Grund das Konto löscht. Ansonsten kann ich nur sagen dass die Dame aus dem Callcenter völlstes Verständnis hatte und ich hoffe, da das Gespräch aufgezeichnet wurde, dass sie deswegen keine Unannehmlichkeiten haben wird.

    Genau hier greift dann die Pressefreiheit, die Missstände offen legen soll. Die Medien selbst werden jedoch nicht kontrolliert; die einzige Hoffnung, die wir Bürger haben, ist, dass die Pluralität (soweit sie denn noch existiert) dafür sorgt, dass immer irgend jemand einer solchen Sache auf den Grund geht; die große Gefahr ist, dass die Offenlegung durch die Medien übertrieben und geradezu hysterisiert wird. – In diesem Zwiespalt befinden wir uns … schon immer (also seit es Medien gibt).
    Wenn wir nur beides haben oder eben nicht haben können, dann müssen wir abwägen, welcher Verlust schlimmer ist … und welcher Nachteil von uns leichter zu ertragen.
    Dazu kann man unterschiedlicher Meinung sein. Meine Meinung ist, dass die Offenlegung der „wichtigen Dinge“ höher zu bewerten ist, als „der Schund“ … den kann ich stillschweigend ignorieren … und dazu müssen Politiker auch in der Lage sein.
    Ich halte den „Kampf gegen Wikileaks“ daher für einen faktischen Angriff auf Demokratie und Meinungsfreiheit. Dass Wikileaks teilweise unklug agiert ist, steht außer Frage. Dass man das kritisieren darf und soll, ebenso. Aber Freiheit ist nun mal die Freiheit, Fehler zu begehen. Wenn jeder nur „das Richtige“ tun darf, dann sind wir unfrei.
    Bei den Angriffen verschiedener Staaten auf Wikileaks und dem vorauseilenden Gehorsam von Amazon und PayPal (eBay), deren Konten ich dann heute gelöscht habe und wenigstens bei Amazon eine sehr nette und verständliche Dame am Telefon hatte, welche mir sagte dass es diesbezüglich schon ein internes Rundschreiben gibt dass sie erfassen sollen wie viele Kunden aus diesem Grund kündigen, geht es darum, das vermeintliche Recht von Staaten, sich gegenseitig und ihre Bürger zu belügen, aufrechtzuerhalten.
    Die Staaten haben allerdings ihr Recht auf Respektierung ihrer Geheimnisse verwirkt, indem sie die Geheimhaltung nicht nur für legitime Interessen, sonder vor allem auch zum Schutz von Handlungen, die gegen das Landesrecht oder das Völkerrecht verstoßen, genutzt haben.
    So wie ein gemeiner Krimineller bei begründetem Tatverdacht eine Hausdurchsuchung tolerieren muss obwohl es die gesetzliche Unverletzbarkeit der Wohnung gibt, so müssen nun die Amerikaner und die Staaten, die sich auf die gleiche Ebene begeben haben, hinnehmen, dass die Zivilgesellschaft eine Online-Hausdurchsuchung bei ihnen durchführt.
    Der Tatverdacht gegen die Regierungen war begründet und die Dokumente belegen dies in vielen Fällen.
    Die vielen zivilen Opfer der geheimen Aktionen zeigen, dass es sich hier nicht um Bagatelldelikte, sondern um Kapitalverbrechen handelt.
    Interessanterweise hat gerade das Bundesverfassungsgericht die Verwendung illegal beschaffter Daten bei der Strafverfolgung von Steuersündern legitimiert. Warum sollte bei der Verfolgung von organisierter Kriminalität auf staatlicher Ebene dann Zurückhaltung geboten sein?
    Nun wird in bekannter Manier der Überbringer der schlechten Nachricht angegriffen. Damit sollen die Bürger nun davon abgelenkt werden, sich mit den aufgedeckten Sachverhalten zu beschäftigen.
    Einige Bürger wollen offensichtlich belogen werden.
    Wie ist es sonst zu erklären, dass Wikileaks am Pranger steht, und nicht Herr Steinmeier, der uns unabhängige Justiz im Falle des vom CIA verschleppten und misshandelten Bundesbürgers Khaled al-Masr versprach, während er seinen Amerikanischen Kollegen zusicherte, dass es keine Haftbefehle durch die Münchner Staatsanwaltschaft gegen die verantwortlichen Geheimdienstmitarbeiter geben würde.
    In Spanien ist die mit den Amerikaner abgesprochene Kaltstellung des Ermittlungsrichters Baltasar Garzón auf allen Titelseiten. Man fragt sich dort, ob Spanien ein souveränes Land mit einer unabhängigen Justiz ist, wenn die Verfolgung von Menschenrechtsverletzungen durch Geheimdiplomatie abgewürgt werden kann.
    Wenn vorgeblich demokratisch legitimierte Regierungen nicht zur Rechenschaft gezogen werden können, weil geltendes Recht nicht zur Anwendung kommen kann, dann ist die Zivilgesellschaft am Zug.

  7. @ Rika
    Wenn die Veröffentlichung von Wikileaks die einzige „Gefahr“ für Menschen wäre, könnte man sehr beruhigt sein. Nur, vor den nicht veröffentlichten bzw. absichtlich verschwiegenen Gefahren , die weit mehr Menschen betreffen, verschliessen wir ja mittlerweile fest die Augen.

  8. @Ernie Souchak:

    Ohne Herrn Kleine-Hartlage im mindesten präjudizieren zu wollen, darf ich zu ihren Statements:

    Jedoch gibt es für Wikileaks kein Menschenrecht auf „Hosting“. Natürlich wird Amazon auf politischen Druck hin seine Zusammenarbeit mit Wikileaks gekündigt haben. Dennoch ist es m. E. das gute Recht (nennen wir es Hausrecht) von Amazon frei zu entscheiden welche Angebote es anbietet und welche nicht. Amazon ist ein privates Unternehmen und keine staatliche Einrichtung.
    […]
    Ich finde einen Boykottaufruf gegen Amazon überzogen.

    wie folgt replizieren:

    1. Es gibt für Wikileaks kein Menschenrecht auf „Hosting“. Es gibt aber auch kein Menschenrecht für Amazon, Aufträge zu erhalten und Geschäfte zu machen.

    2. Wenn es stimmt, daß Amazon auf politischen Druck hin gehandelt hat (und es sieht sehr danach aus), dann kann ein Handeln unter Druck sehr unterschiedliches bedeuten. Es kann sich dabei um (im staatskriminellen Bereich angesiedelte) Erpressung handeln („Wenn Sie Wikileaks nicht kündigen, sorgen wir mit Hilfe unserer Geheimdienste dafür, daß Ihr Onlinegeschäft durch Hacker lahngelegt wird, bis Sie pleite sind. Ach, übrigens: haben Sie gesunde Kinder? wollen Sie, daß sich daran was ändert?“). Es kann aber auch um ein Einknicken aus vorauseilendem Gehorsam gewesen sein — weil man die Geschäftsbeziehungen mit einem Großkunden (nämlich der US-Regierung) nicht trüben wollte.

    In letzterem Fall ist gerade ein Boykottaufruf das einzige Mittel, einem Geschäftspartner zu sagen: „Hoppla. Nicht nur deine Interessen sind wichtig, sondern auch meine. Wäge ab, ob dir (hundert)tausende Kleinkunden nicht wichtiger sein sollten, als ein Großkunde, in dessen Abhängigkeitdu dich begibst“.

  9. @ Ernie, Rika,

    ich falle auf niemanden herein, weder auf die Linken noch auf Assange. Frau Kipping habe ich zitiert, weil sie in der Sache einfach Recht hat; die Frage der moralischen Glaubwürdigkeit ihrer Partei steht auf einem anderen Blatt.

    Und was Assange angeht: Kriminell ist nur, wer gegen Strafgesetze verstößt. Sollte Wikileaks gegen Strafgesetze verstoßen haben, so steht es der US-Regierung frei, den Staatsanwalt in Marsch zu setzen. Sollte die Veröffentlichung der Unterlagen gegen amerikanisches Recht verstoßen, so steht es der Regierung frei, dies auf gesetzlichem Wege zu unterbinden bzw. die gesetzlich vorgesehenen Sanktionen zu verhängen. Dass dies nicht geschieht, sondern stattdessen Privatunternehmen als Handlanger eingespannt werden, zeigt, dass erstens von Kriminalität keine Rede sein kann, und dass zweitens die Obama-Regierung ihre Macht missbraucht: Sie lässt Privatunternehmen die Drecksarbeit verrichten und zensurartige Maßnahmen verhängen, die ihr selbst von der amerikanischen Verfassung verboten sind.

    Diese Masche, verfassungmäßige Freiheitsgarantien durch kollusives Zusammenwirken von staatlichen mit nichtstaatlichen Akteuren de facto zu entwerten, habe ich in diesem Blog weiß Gott schon mehr als einmal analysiert; insofern wundere ich mich schon, dass es noch Stammleser gibt, die sie nicht durchschauen.

    Daher kommt es auch überhaupt nicht darauf an, ob die Aktionen von Wikileaks gut oder schlecht sind. Wer das kollusive Zusammenwirken von Regierungen und privaten Großkonzernen schon deshalb für richtig hält, weil es ja „die Richtigen“ trifft, nimmt in Kauf, dass die Frage, wer die „Richtigen“ und wer die „Falschen“ sind, von eben jenen Regierungen und Konzernen entschieden wird, und zwar ohne Rücksicht auf Recht, Gesetz und Verfassung, allein auf der Basis ihrer Sonderinteressen. Anders gesagt: Wenn wir uns heute gefallen lassen, wie mit Wikileaks umgesprungen wird, dann werden wir morgen damit leben müssen, dass mit jeder politisch nonkonformen Netzseite so verfahren wird. Wenn es „die Richtigen“ treffen kann, kann es Jeden treffen!

    Was nun die Behauptung angeht, Wikileaks gefährde Menschenleben, so kann man dies der US-Regierung glauben oder auch nicht. Wenn Du, Rika, diese Behauptung aber auf den Irak- oder Afghanistankrieg beziehst, so kann ich dieses Argument schon deshalb nicht gelten lassen, weil es beide Kriege womöglich gar nicht gegeben hätte, wenn Wikileaks schon vor zehn Jahren existiert hätte und die Lügen und Machenschaften der Bush-Regierung schon vor Kriegsbeginn ans Licht gekommen wären. Einen moralischen Anspruch auf die Wahrung von Geheimnissen kann ich nur solchen Regierungen zubilligen, die den notwendigen Geheimschutzbereich nicht zu kriminellen Praktiken missbrauchen.

    Nein, Ernie, es gibt kein Menschenrecht auf Hosting. Wohl aber gibt es einen zivilrechtlichen Anspruch auf die Wahrung von Treu und Glauben im geschäftlichen Verkehr; im deutschen Recht ergibt sich dies z.B. aus § 242 BGB, und ich bin sicher, dass es im amerikanischen Recht vergleichbare Regelungen gibt. Ein Hostinganbieter, der mit Wikileaks zusammenarbeitet – wohl wissend, was dort veröffentlicht wird -, kann sich nicht plötzlich darauf berufen, Wikileaks habe Urheberrechte verletzt. Unternehmen, deren Fairness und Zuverlässigkeit im Umgang mit Geschäftspartnern dort enden, wo die Interessen skrupelloser Machthaber beginnen, müssen die Konsequenzen solch unsauberer Praktiken zu spüren bekommen!

  10. Es ist schon witzig mit anzusehen, wie der Privatkrieg des Herrn Assange gegen die US-Regierung hier quasi zu einem Kampf Gut gegen Böse stilisiert wird. Es gab mal eine Zeit, da war ich durchaus der Ansicht, daß WikiLeaks eine gute Sache ist. Ohne Ansehen der Nationalität wurde Material veröffentlicht, daß die Regierungen gerne vor ihren Bürgern geheimhalten wollten. Aber seitdem Assange entdeckt hat, daß sich mit Material das sich explizit gegen die USA richtet richtig Quote machen lässt gibt es auch nur noch dieses Material zu sehen. Irgendwann (kurz nach Herausgabe des Hubschrauber-Videos) hieß es auf den „gewöhnlichen“ WikiLeaks-Seiten nur, daß dieses Material zur Zeit nicht verfügbar wäre, man aber alles tun würde um es wieder verfügbar zu machen. Ab und zu sah ich mal nach, aber die Meldung blieb immer die gleiche.
    Natürlich ist mir klar, daß (um nur ein Beispiel zu nennen) die Verträge um das TollCollect-Projekt nicht im entferntesten so viel Quote bringen wie so ein Skandal-Video. Aber trotzdem sollten auch solche Daten weiterhin verfügbar bleiben. So muß sich WikiLeaks den Vorwurf gefallen lassen auch nicht besser zu sein als die etablierten Medien die nur das bringen was sich gut verkaufen läßt.
    Wenn WL anfängt auch wieder das Material zu bringen welches sich eben nicht explizit gegen die US-Regierung richtet, bin ich gerne bereit zu sagen, daß das Projekt eine gute Sache ist. Bis es aber so weit ist bleibt für mich der dringende Verdacht, daß hier jemand das Internet und die verbreitete Anti-Amerika Stimmung nutzt um sich selbst zu profilieren. Und, auch wenn das vielleicht nicht jeder hier versteht, ich hasse es mich in eine Sache mit einspannen zu lassen die, allem Anschein nach, vor allem dem Privat-Interesse eines einzelnen dient.
    Was die Frage angeht, ob man jetzt PayPal oder Amazon oder irgendein anderes Unternehmen welches mit diesen beiden verbunden ist boykottieren sollte, so ist das natürlich die freie Entscheidung eines jeden einzelnen. Ich persönlich weigere mich jedenfalls mich in einen anscheinenden Privatkrieg mit einzureihen.
    Nachtrag:
    Ich bin gegen Zensur und für das Recht auf freie Meinungsäußerung. Wenn jemandem Material in die Hände fällt das als Geheim eingestuft wird, dann hat er das schlicht mit sich selbst abzumachen ob er es veröffentlicht oder nicht. Das gilt übrigens selbst dann, wenn DURCH die Veröffentlichung ganz konkret Menschen zu Tode kommen sollten. Das heißt im vorliegenden Fall: Der Soldat, der das Material übergeben hat ist nach den Gesetzen die für ihn gelten zu verurteilen, aber derjenige der das dann veröffentlicht ist in meinen Augen nicht schuldig, sofern er dem Bloßgestellten keine Loyalität schuldig ist.

  11. Auch wenn es Amazon nicht in die Knie zwingen wird, werde ich mich dem Boykott anschließen, eine gute Idee.
    Allein wegen der jetzt veröffentlichten tatsächlichen amerikanischen Beurteilung der Türkei von Erdogahns Gnaden, die so „trefflich“ zum Drängen der USA auf Aufnahme der Türkei in die EU passt, würde ich Assange Unterschlupf gewähren. Obwohl es noch weitaus mehr politischen „Drive“ hätte, wenn ihm jetzt ganz offziell – und zwar sehr zurecht – in Deutschland politisches Asyl gewährt werden würde.
    Andererseits denke ich darüber nach, ob ich nicht eine Anfrage an die US-Botschaft machen sollte, ob sie nicht noch ein überzeugendes Vergewaltigungsopfer Assanges suchen, gegen anständige Bezahlung natürlich – auch wenn ich mit meinen über zwei Zentnern Gewicht bei 1,70 Metern Körpergröße, fortschreitendem Haarausfall etc. evtl. nicht in ihr vorgesehenes Beuteschema für ihn passen mag.
     
     

  12. @exgutmensch:

    … auch wenn ich mit meinen über zwei Zentnern Gewicht bei 1,70 Metern Körpergröße

    Hoffentlich rechnen Sie den Zentner zu hundert Pfund (wie im nördlichen Piefkonistan nicht unüblich) statt in hundert Kilo! Sonst mache ich mir ernstlich Sorgen um Ihre Gesundheit … 😉

  13. Man kann Manfred zustimmen, insbesondere wo er in der Antwort an Erni,Rika nachgelegt hat. Vielleicht hätte er besser die taz zitiert, anstelle den Ultraheuchlern von den Linken einen „Bonus“ zukommen zu lassen. Allerdings stimmt die taz auch nicht gleich in ein Boykott Geschrei ein.
    http://plebiszit.blogspot.com/2010/12/meckern-vom-meister-titelt-taz-leib.html
    Wen auch die Muschpoke ein und dieselbe ist, ist es um so amüsanter einmal als Zuschauer den linken Parrots zu zuschauen.

  14. Was ich bisher von den Wikileaks-Informationen gehört hatte, hatte nach meinem Eindruck keine besondere Relevanz. Jetzt bin ich zufällig über eine Nachricht gestolpert, die ganz interessant scheint – wenngleich auch damit möglicherweise über Umwege Botschaften gesendet werden sollen, die zwar ihren Adressaten erreichen sollen, die man aber gleichwohl nicht direkt aussprechen möchte.

    http://www.originaldissent.com/node/627

  15. Das die Baltischen Staaten Angst vor dem russischen Bären haben ist mir so ziemlich klar. Man bedenke eines: Das Vorhandensein dieser Zwergstaaten ist vor allem zwei Umständen geschuldet.
    1. dem Zusammenbruch der Sowjetunion
    2. dem Vorhandensein der UNO
     
    Durch den Zusammenbruch der SU hatten diese Staaten die Möglichkeit ihre Unabhängigkeit auszurufen und durch die UNO inkl. der Ächtung von Kriegen zur Territorialvergrößerung können solche Zwergstaaten auch in der Nachbarschaft großer Staaten überleben. Vor 1945 wäre das Baltikum jedenfalls sehr schnell wieder vom Nachfolger Russland geschluckt worden. Aus diesem Grund waren die Balten meines Erachtens auch recht glücklich unter den Schutz der Nato zu schlüpfen. Ist doch alleine der Schutz eines „großen Bruders“ ausreichend um vor Begehrlichkeiten eines vielleicht nicht immer wohlgesonnenen Nachbarn einigermassen geschützt zu sein. Ohne Hilfe von außen könnten diese Staaten noch nicht einmal ihren eigenen Luftraum sichern.
     
    Allerdings gibt es da ein kleines Problem: Nicht umsonst trauen die Balten auch den Schutzgarantien der Nato nicht wirklich über den Weg. Schließlich ist es durchaus vorstellbar, daß die Nato im Fall des Falles das Baltikum Russland opfern würde um einem großen Krieg aus dem Weg zu gehen. Nicht anders ist zu erklären, daß man es im Baltikum am liebsten sehen würde wenn die Nato dort offizielle Militärstützpunkte einrichten würde. Dadurch wäre der Anreiz nämlich höher diesen schmalen Landstreifen an der Ostsee auch wirklich zu schützen. Die Russen würden dies hingegen als eindeutige Provokation werten und als weiteren Hinweis, daß Versprechungen aus dem Mund der Nato eine Halbwertszeit haben die bestenfalls ein paar wenige Jahre beträgt.
     
    Wurde doch noch 1990 der (damals noch) Sowjetunion von US-Außenminister James Baker zugesichert, daß die Nato sich (abgesehen von Deutschland) um keinen Inch nach Osten ausdehnen würde. Diese Zusicherung entsprang der Initiative des deutschen Außenministers Genscher in Abstimmung mit dem britischen und dem amerikanischen Außenminister. Vor diesem Hintergrund wird auch deutlich warum Russland über die geplante Stationierung von US-Kampfjets in  Polen so empört ist. Wird dies doch als weiterer Beweis gewertet, daß zum einen Versprechungen aus westlichem Mund der unsicherste Kredit sind den man kriegen kann und, daß zum anderen die Nato Russland, entgegen aller Beteuerungen, immer noch als Feind ansieht gegen den man sich zu schützen habe.
     

  16. # Neo

    Die Russen bekommen jetzt lediglich ihre eigene Medizin zu schmecken – der Stärkere nimmt sich das was er will mit dem Recht des Stärkeren. Das war ihre Politik unter den Zaren, und das war auch die Politik der Sowjetunion. Die sind wirklich die Letzten, die sich über irgendwas beschweren müßten.

  17. Ich will die Russen ja auch gar nicht in Schutz nehmen. Was wir uns nur überlegen sollten ist folgendes:
    Die USA haben es vergleichsweise gut. Die Jungs haben nämlich rechts und links viel Wasser um sich herum. Deshalb brauchen die auch keine Rücksicht darauf zu nehmen ob Russland sich verarscht fühlt oder nicht. Wer es im schlimmsten Fall auszubaden hat sind wir in Europa. Ja, ich weiß. Die meisten glauben nicht mehr an die Existenz von Kriegen mitten in Europa. Umso größer wäre das böse Erwachen wenn es so weit käme.
     
    Ich bin ehrlich gesagt nicht dazu bereit die Zeche zu zahlen, wenn man sich mit der Nato-Osterweiterung bei der Duldsamkeit Moskaus verrechnet. Was wäre denn gewesen, wenn sich Georgien mit seinem Wunsch in die Nato aufgenommen zu werden durchgesetzt hätte? Dann hätten wir, nur wegen unseren amerikanischen Freunden den Bündnisfall schon gehabt. Und das nur, weil dieser Heißsporn Saakaschwili die Füße nicht stillhalten kann. Ich habe jedenfalls keine Lust eine Neuauflage der Kubakrise vor der eigenen Haustür zu haben.

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