Thorsten Hinz: "Die Psychologie der Niederlage"

Rezension

Thorsten Hinz‘ brillante Analyse empfehle ich Jedem, der sich wundert, wie der neurotische autoaggressive deutsche Schuldkult entstehen konnte. Dies hat weniger mit den Verbrechen der Nationalsozialisten zu tun. Vielmehr war bereits im und nach Ersten Weltkrieg, speziell im Versailler Vertrag, die Neigung des Westens erkennbar geworden, Machtinteressen ins Gewand moralischer Phrasen zu kleiden:

Weiterhin hatte Deutschland kein Rezept gegen die angelsächsische Gewohnheit gefunden, eigene Interessen mit dem Anspruch des moralischen Rechts zu verbinden. Diese Gewohnheit, die dem Profit- und Machtstreben ein gutes Gewissen verschaffte, wurzelte in der puritanischen Gesinnung und wurde subjektiv aufrichtig empfunden. Da sie weltweit mit überlegener Macht verbunden war, hatte sie sich international zu einem allgemein akzeptierten Faktum entwickelt. Wenn deutsche Politiker und Publizisten dagegen auf moralische Begründungen verzichteten, wurde ihnen das nicht als Aufrichtigkeit gutgeschrieben, sondern bestätigte bloß das moralische Recht der Angelsachsen und das Unrecht Deutschlands.

Die Alliierten hatten im Ersten Weltkrieg keine moralischen Ziele verfolgt, und die Mittel, mit denen sie kämpften, von einer monströsen Lügenpropaganda bis hin zum systematischen Aushungern von Zivilisten noch nach dem Waffenstillstand, hätten an sich schon genügen müssen, den moralischen Anspruch zu diskreditieren.

Ihr Krieg gegen Deutschland war der Krieg gegen ein Land, das zu groß war, um unter Kontrolle gehalten werden zu können; zu groß auch, um nicht allein durch sein stetig wachsendes Eigengewicht an Volkszahl und Wirtschaftskraft eine Quasi-Hegemonie über den Kontinent auszuüben. Ein Land vor allem, dem durchaus zuzutrauen war, eines Tages einen „Kontinentalblock“ mit Russland und Frankreich zu bilden und Großbritannien in eine Position der Abhängigkeit zu manövrieren. Aus der Sicht britischer Staatsmänner zweifellos beachtenswerte Gesichtspunkte – die aber nichts mit Moral zu tun haben.

Vor allem aber konnte Deutschland den militärischen Feldzug mit keiner universalistischen Idee unterlegen, die das Ausland zur Identifizierung einlud.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet derjenige, der universalistische Werte verkündet, sich als friedliebend und defensiv darstellt, und dies obendrein noch mit Erfolg. Universalistische Werte hängen in der Luft, wenn sie nicht mit imperialistischen Mitteln durchgesetzt werden. Dies gilt für den angelsächsischen Liberalismus und die amerikanische Völkerbundsidee nicht weniger als für die bolschewistische Weltrevolution. Wer universalistische Werte verkündet, bläst in eine Pfeife, nach der der Rest der Menschheit tanzen soll.

Die Moralisierung und zugleich Verrechtlichung der Staatenwelt entpolitisiert das Politische nur vordergründig. Ein moralisches Verdammungsurteil, gekleidet in justizförmige Vorwände, bedeutet eine Totalisierung des Krieges zu bis dato nicht gekannter Brutalität, weil nicht mehr der Sieg eines Landes über ein anderes auf dem Spiel steht, sondern nicht mehr und nicht weniger als der Sieg des „Guten“ über das „Böse“.

Damit geht auch die Neigung einher, politisches Interessenkalkül für die Öffentlichkeit unkenntlich zu machen, diese Öffentlichkeit also in einen Zustand infantiler Naivität zu versetzen.

Wirklich gesiegt hat freilich erst, wer es schafft, dem besiegten Feind eben diese infantile Weltsicht aufzuzwingen, das eigene Interesse an dem jeweiligen Krieg zu verschleiern, und den Feind dazu zu bringen, die Schuld bei sich selbst zu suchen – und nicht etwa in den eigenen Handlungen, sondern im eigenen Wesen.

Ansätze zu einer solchen deutschen Selbstkolonisierung hat es schon im und nach dem Ersten Weltkrieg gegeben, aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg – an dessen Ende Niederlage, Besetzung, Verwüstung, Vertreibung, Vergewaltigung, Hungersnot und Abhängigkeit vom Feind die gesamte deutsche Gesellschaft in einen Zustand der Desorientierung versetzt hatten – war es möglich, sie in jenen Zustand der mentalen Unterwerfung zu bringen, der sie kontrollierbar, manipulierbar und erpressbar machte und macht.

Hinz zeigt auf, wie dieses Programm funktioniert, dass das deutsche Volk heute dazu bringt, den kollektiven Selbstmord zu wollen.

Mehr verrate ich nicht, Ihr sollt das Buch schließlich lesen (Jawoll, das ist ein Befehl!). Nur die drei letzten Absätze seien noch zitiert:

Im September 1951 veröffentlichte Bertolt Brecht einen Offenen Brief an die deutschen Künstler und Schriftsteller, in dem er vor der Re-Militarisierung Deutschlands warnte. Am Ende stehen die klassischen Sätze über das große Karthago, das nach dem ersten Punischen Kriege noch mächtig, nach dem zweiten immerhin noch bewohnbar, nach dem dritten nicht mehr auffindbar war. Sie formulieren eine Parabel über Deutschland, über die beiden Weltkriege, den drohenden dritten und die wahrscheinlichen Folgen für das eigene Land.

Gut sechzig Jahre später drängen sich ganz andere Analogien auf als jene, die Brecht als selbstverständlich voraussetzte. Er erweckt hier den Eindruck, daß Karthago in seiner Entscheidung über Krieg und Frieden frei gewesen wäre und sich aus Hybris eben falsch entschieden hätte. Wußte er wirklich nicht, daß der dritte Punische Krieg ein purer Verzweiflungsschlag war, mit dem sich Karthago der kalten Erdrosselung durch Rom zu erwehren versuchte? Rom hatte dem Konkurrenten auf der anderen Seite des Mittelmeers die außenpolitische Eigenständigkeit genommen und ihm verboten, sich der Überfälle seiner aggressiven Nachbarn zu erwehren – außerdem verfügte weder die DDR noch die BRD über die Macht, einen Dritten Weltkrieg auszulösen. Beide konnten nur hoffen, daß ihre Führungsmächte den militärischen Konflikt vermieden, in den sie ihnen bis zur Selbstvernichtung hätten folgen müssen.

Sie haben Glück gehabt, doch damit ist ihre Geschichte längst nicht zum guten Ende gekommen. Jedenfalls fällt die Vorstellung immer leichter, daß in weiteren 60 Jahren die Historiker die Frage diskutieren werden, ob die lange Friedensperiode für Deutschland nicht als ein kalt geführter dritter Punischer Krieg bilanziert werden muß. Sie werden sich dann darüber wundern, wie wenig den Deutschen ihre Situation bewußt gewesen ist. Und zwar, weil sie von allen Feinden selber ihre entschiedensten waren.

93 Gedanken zu „Thorsten Hinz: "Die Psychologie der Niederlage"“

  1. Auch wenn ich das Buch (noch) nicht gelesen habe, stellt sich (mir zumindest) doch sofort die Frage, warum eben keineswegs nur die BRD allein, sondern der gesamte Westen – alles was unter sowjetischer Herrschaft stand dagegen nicht – diese Schuldneurose …. eigentlich schon mehr eine Psychose (die Krankheitseinsicht fehlt ja völlig – abgesehen von ein paar Blogs … letzte Inseln des Normalen im Meer des allgemeinen Irrsinns) … geradezu lustvoll auslebt? Oder ist ‚unser Schuldwahn‘ nur die spezifische Variante einer allgemeinen westlichen Erkrankung?

  2. @Leser. Ja, ich halte es in diesem Punkt auch mehr mit Mark Steyn. Der Erste Weltkrieg hat eine allgemeine Sinnkrise des europäischen Nationalismus ausgelöst. So platt wie die Propaganda waren und sind die Menschen nicht.

  3. @Leser: Zum amerikanischen Schuldkult hat Shelby Steele eine ganz gute Theorie:
    http://fjordman.wordpress.com/2010/08/23/shelby-steele-white-guilt/
    Zur skandinavischen Situation empfehle ich Fjordmans Artikel (auch auf dem oben verlinkten Counterjihad zu finden).
    Der Vergleich mit Karthago ist recht treffend. Auch Rom war eine expansive, liberale Macht, für die die Durchsetzung der eigenen Interessen und das moralisch Richtige ein und dasselbe waren.
    Viele halten ja die Beschäftigung mit dem 2. Weltkrieg und die Infragestellung des offiziellen Geschichtsbildes für ein Anzeichen, dass man „Neonazi“ sei. Ich jedoch denke, dass wir um eine vernünftige Diskussion dieser Dinge nicht drumrumkommen, da ja tatsächlich nichts mehr als die Nazikeule den deutschen Stolz niederzuknüppeln vermag.

  4. In einer am Mittwoch abend dieser Woche ausgestrahlten Folge der amerikanischen Krimiserie New York Police Department o.ä. findet man das Böse einerseits bei christlichen Fanatikern und Leuten, die obszöne antiislamische Videos produzieren, welche von der Polizei als „rassistisch“ bezeichnet werden, und andererseits bei einem Netzwerk von Sicherheitsfirmen, die auf amerikanischer Seite im Irakkrieg kämpfen und dabei z.T. weiche Foltermethoden anwenden.  Das Gute hingegen liegt auf der Seite von Pro-Asyl-Aktivisten und Polizisten und Staatsanwälten, die unter allerlei Vorwänden, z.T. unter Umgehung bestehender Gesetze, die im Irak agierenden Amerikaner nach amerikanischem Recht vor Gericht zerren.
    Der durchschnittliche Deutsche bekommt ebenso wie der durchschnittliche Amerikaner seine NWO von solchen Filmen in den Kopf gepflanzt.  Dass diese angelsächsischen Interessen diene, ist zumindest im vorliegenden Fall nicht mehr zu erkennen.

  5. PS die Folge erschien im deutschen Fernsehen, vielleicht Pro7 oder RTL2.  Ich stieß nur zufällig darauf.

  6. Die Frage von „Leser“ ist mir auch gleich in den Sinn gekommen. Den Aussagen zu den „universalistischen Werten“ stimme ich zu. Dieses Problem hat auch eine Kehrseite, nämlich die hier immer wieder diskutierte Integration von Ausländern. Da Deutschland keine universalistischen Werte hat, kann man sich hier auch nicht integrieren. Es ist genau das, was mich an unseren sogenannten Intellektuellen immer zur Verzweiflung bringt, daß sie sich vor der Beantwortung der Frage drücken, warum sich hier jemand integrieren soll. Es gibt hierzu ein interessantes Buch von dem Franzosen Philippe Dumas „Über den nächsten Krieg mit Deutschland“ 1999 in dem er schreibt:“Die deutsche Kultur ist eben kein allgemeiner Wert, an dem alle teilhaben können, sie ist kein Passierschein für das Universale, sondern ein lokales Markenzeichen, heimatliche Gebundenheit und nicht Zivilisation“
    (Zivilisation versteht er als Fachbegriff,wie ihn die franz.Geschichte entwickelt hat).

  7. @Lisje Türelüre.
     
    Na und? Vor dem Ersten Weltkrieg hat die deutsche Sicht der Dinge, daß es es wert ist für ein Königshaus zu kämpfen, welches das öffentliche Leben zur allgemeinen Zufriedenheit gestaltet, durchaus verfangen, ob dies nun universalistisch war oder nicht.
     
    Der Spruch: „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen.“ ist nichts, wofür man sich a priori schämen müßte, sondern zunächst einmal nur das Bekenntnis dazu als Einzelner und als Nation vorbildlich zu handeln. Und in soweit Deutsche demgemäß gehandelt haben, wurden sie auch international respektiert.
     
    Ich würde es auch nicht anders wollen. Es ist besser Teil einer Gemeinschaft zu sein, welche an sich selbst Wertmaßstäbe anlegt, als Teil einer Gesellschaft zu sein, welche lediglich Wertmaßstäbe an die allgemeinen Prinzipien anlegt, welche sie in die Welt posaunt.
     
    Es wird zu keinem weiteren Krieg mit Deutschland kommen. Noch nicht einmal zu einer intellektuellen Auseinandersetzung. Deutschland hat das legalistische Prinzip mittlerweile verinnerlicht und unterscheidet sich darin nicht mehr von Frankreich und England, wobei dieses Prinzip schon noch auch wieder in unterschiedlichem Geiste befolgt werden kann, also konkret, welchen Ermessensspielraum man Richtern einräumt. England und die Staaten nähern sich in dem Punkt zunehmend archaischen Verhältnissen der Herrschaft des Gesetzes an (von Gott gegeben, ist buchstabengetreu zu befolgen), Frankreich genehmigt sich da mehr menschliche Willkür. Es ist aber ziemlich gleichgültig in welche Richtung Deutschland da geht. Beide Formen sind zutiefst uneuropäisch und schaden jenen, welche ihnen folgen. Beide Formen reiben schließlich den letzten Rest von Sittlichkeit auf und schaffen eine kalte, feindliche und paranoide Welt. Shakespeare hat ein Stück darüber geschrieben, daß letztlich das Gesetz jemanden braucht, welcher groß genug ist, es im allgemeinen Interesse zu halten. Gesetze kommen nicht von Gott, sondern von Menschen. Es ist Teil der menschlichen Verantwortung, gute Gesetze aufzustellen.
     
    Und da sind wir dann wieder bei der Güte des Gesetzgebers, ob dafür ein Kaiser verantwortlich zeichnet oder auch das Volk selber, stets wird der Wert des Gemeinwesens, und damit auch die Motivation es zu verteidigen, mt ihr zusammenhängen, so ununiversalistisch das ist, so gut ist es auch, denn man weiß woran man ist und läßt sich nicht verarschen.
     
    Ich weiß auch nicht, warum sich Hinz über das Fehlen einer universalistischen Antwort besorgt. Sicher, eine solche könnte man weltweit predigen, aber sonderlich relevant ist das nicht. Englands Erfolg gründete sich doch nicht auf einer Reihe pietistischer Mittfünfzigerinnen, auch wenn die vielleicht bewegende Reden halten konnten.

  8. # Lisje

    Ich halte das Reden von den ‚universalitischen Werten‘, die angeblich die ganze Welt hat, außer D. natürlich, eher für eine Erfindung von ‚Intellektuellen‘. Wenn das alles so stimmen würde, dann dürfte es Seiten wie den auch auf dem Counterjihad-Blog kürzlich verlinkten ‚Occidental Observer‘ nicht geben. Da ist von Integration jedenfalls keine Rede. Davon abgesehen: Die demografische Entwicklung in den Städten – überall, nicht nur in der BRD – zeigt ja, daß wir in absehbarer Zeit allesamt die universalistischen Werte der Umma teilen werden. 

  9. Hallo Manfred,
    mich würde, bevor ich über den Kauf dieses Buches nachdenke, interessieren, ob und inwieweit Hinz den deutschen Schuldwahn vergleichend kontextualisiert. Denn es geht ja wirklich nicht nur um die deutschen Spezifika (Mittellage, zwei WK verloren, besetzt, geteilt, reduziert usw.), sondern um eine allgemein westliche/abendländische Neigung, die Schuld immer und ewig bei sich selbst bzw. bei den vermeintlich Stärkeren zu suchen (Europa vs. Afrika, Abendland vs. Morgenland, Männer vs. Frauen, Amerikaner vs. Indianer, Heterosexuelle vs. Homosexuelle usw.). – Dazu gehört natürlich, dass das Christentum Dispositionen bereit stellt, die in dieser pervertierten Form geradewegs in Dekadenz führen.
    Beste Grüße
    Martin

  10. Auf dem Blog, den die Editrix neulich verlinkt hat, befindet sich auch ein interessanter Artikel zur Genese der PC in der Anglosphäre.
    http://socialpathology.blogspot.com/2010/11/thoughts-on-pc.html
    Ein Kommentator verweist auf auf C.S. Lewis, der sich bereits vor 60 Jahren über die Neigung junger, gut ausgebildeter Briten Gedanken machte, Sünden zu bereuen, die nicht persönlich begangen wurden.
    http://chicagoboyz.net/archives/14323.html
    PC also als unverbindliche Nettigkeit einer aufstiegshungrigen Mittelklasse und das „schlechte Gewissen“ die geschickt eingesetzte moralische Waffe, um Konkurrenten und die jeweilige Vätergeneration auszustechen?
    Als funktionaler Schmierstoff einer liberalen, kapitalistischen Gesellschaft, ergibt die PC auch ihren Sinn.
     
     
     
     

  11. Im Falle eines Krieges pflegt jede Seite zu behaupten, das sie im Recht sei. Ebenfalls macht jede Seite entsprechende Anstrengungen, dies durch entsprechende Propaganda zu verbreiten. Wieso dies nun ein Spezifikum speziell der angelsächsischen Welt sein soll, ist mir ein Rätsel.

  12. @Schoenberg:
    Das Christentum stellt zwar eine Disposition bereit (Sünde Erbsünde) jedoch auch die Therapie (Buße, Vergebung Gnade Neuanfang)

    Die säkularisierte Erbsündenlehre (böser Westen, Ökologismus) kann nur über übersogenanntes „Gutsein“  (Gutmenschentum) getilgt werden, entspricht dem
    System der Leistungsgerechtikeit, die im Neuen Testament verworfen wird.
    (Gerecht allein aus Gnade)

    Das sind jetzt mal meine bescheidenen theologischen Erkenntnisse zu dem Thema.

  13. I’m sorry that I don’t have a German translation for you but <a href=“http://www.victorianweb.org/philosophy/roizen/4.html“>  this article may explain the peculiarities</a> of the English moral sense.

  14. Die These wäre zunächst zu prüfen, ob es wirklich des christlichen Einflusses bedarf, um Schuldbewusstsein zu entwickeln oder ob es sich um ein Wesensmerkmal des Menschen handelt, dass je nach kultureller Prägung unterschiedliche Formen annehmen kann.
     
     
     
     
     
     
     

  15. @ Fremder

    Auf Ihre folgende Einlassung möchte ich kurz eingehen:

    „Deutschland hat das legalistische Prinzip mittlerweile (mittlerweile!!! – Meyer) verinnerlicht und unterscheidet sich darin nicht mehr von Frankreich und England, wobei dieses Prinzip schon noch auch wieder in unterschiedlichem Geiste befolgt werden kann, also konkret, welchen Ermessensspielraum man Richtern einräumt. England und die Staaten nähern sich in dem Punkt zunehmend archaischen Verhältnissen der Herrschaft des Gesetzes an (von Gott gegeben, ist buchstabengetreu zu befolgen), Frankreich genehmigt sich da mehr menschliche Willkür.“

    Kommentar:

    Mein lieber Freund! Können Sie mir mal bitte ein Beispiel geben, wie „mittlerweile“ zu verstehen sein soll?

    Preußen, Deutschland und das Heilige Römische Reich waren rechtsstaatliche Horte im Vergleich zu Großbritannien (bis heute Richterwillkür, da ohne Rechtskodifikation, das ist mittelalterlich) und Frankreich (Obergerichtswillkür, das ist undemokratisch und unfreiheitlich; es gibt keinen Begründungszwang, deshalb ist die Entwicklung der Rechtsprechung und die konkrete Vorhersagbarkeit und die Rechtssicherheit bedeutend schwächer als in Deutschland). Vergessen Sie nicht, daß sich die preußischen Könige der Rechtsprechung unterworfen haben (Mühle von Sanssouci!), während dies für die französischen Monarchen und Revolutionäre zu keinem Zeitpunkt galt.

    Nirgendwo in der Welt zu keinem Zeitpunkt war der Ausgang eines Gerichtsverfahrens so präzise vorhersagbar, wie in Deutschland zu allen Zeiten seit der Aufklärung. Das hält bis heute und ist einer der wesentlichen Vorteile in der internationalen wirtschaftlichen Standortkonkurrenz.

    Sie wiederholen hier unreflektiert die britische, amerikanische und französischen Kriegspropaganda aus dem ersten Weltkrieg. Das steht Ihnen nicht sonderlich gut. Ich fordere Sie auf, die Quellen Ihrer Aussagen offen zu legen oder alternativ die Fakten, auf die sich Ihre JURISTISCHE, nämlich rechtshistorisch-rechtsvergleichende Aussage beruht. Einem rechtshistorisch ausgebildeten Juristen geht da nämlich der Hut hoch, ob der Unkenntnis!

    Die einzige Region in der Welt, die mit Deutschland diesbezüglich vergleichbar war, war Norditalien.

    Wir Deutschen waren schon immer die besten Soldaten und die besten Juristen. Bis heute gilt dies beides unverändert!

  16. Schließe mich den  Kommentatoren an, die bereits daraufhingewiesen haben, daß der Schuldkult ja die ganze westliche Welt befallen hat.
    Vielleicht kommt von da auch das Rollback – hört sich idiotisch an, ich weiss. Aber andererseits sind neue konservative Bewegungen bei unseren westlichen Nachbarn derzeit recht erfolgreich. Die Deutschen neigen von allen westlichen Nationen zur größten Starrköpfigkeit in ideologischen Fragen.
    Abwarten und im eigenen überschaubaren Bereich tätig werden!
     
     

  17. Auf den Umstand, daß sich die Linke Weltanschauung die Verinnerlichung des inhaltlichen Christentums sind, ohne Bekenntnis, ohne Gott und ohne eine Jenseitigkeit, hat ja schon Manfred in seinem hervorragenden Vortrag vor den freien Wählern hingewiesen.

    Die materialistische Weltanschauung hat allerdings, sei es die kapitalistisch-liberale Variante oder die Sozialistische, wenigstens auch andere religiöse bzw. traditionelle Wurzeln. Ohne das Judentum und seine Traditionen halte ich beide für schwer vorstellbar.

    Niemand hat die Religion in ihren Inhalten oder Erscheinungsformen, auch psychologisch(!), so verinnerlicht, wie die öko-pax-Linken die moralisch-primitivistische Verbalhornung der christlichen Bergpredigt.

    Der Ende-der-Geschichte-Glaube des Kommunistischen End-und Ur-Zustandes nach der Marx’schen Lehre ist ohne die religiöse Funktionsweise gar nicht zu erklären.

    Mit einem „Anti-Faschisten“ kann man weniger sachlich argumentieren, als mit einem „neugeborenen“ Fundamentalisten, selbst ein Missionsteam der Zeugen Jehovas ist ein Ausgeburt an skeptizistischer Offenheit im Vergleich zu einem Linken.

    Ich bin persönlich zu der Hypothese gelangt, daß der Westen seinen Untergang durch den Schuldkomplex und seine „christliche“ Wehrlosigkeit alleine dem säkularen post-christlichen Fundamentalismus (vergleichbar der Bewegung ausgehend von den Mönchen von Cluny) zu verdanken hat.

  18. „Wir Deutschen waren schon immer die besten Soldaten und die besten Juristen. Bis heute gilt dies beides unverändert!“
    😉

  19. @ Mark Mallokent:

    Im Falle eines Krieges pflegt jede Seite zu behaupten, das sie im Recht sei. Ebenfalls macht jede Seite entsprechende Anstrengungen, dies durch entsprechende Propaganda zu verbreiten. Wieso dies nun ein Spezifikum speziell der angelsächsischen Welt sein soll, ist mir ein Rätsel.

    Nun, im Ersten Weltkrieg war das nicht so. Als die deutsche Armee in Belgien einmarschierte, erklärte Reichskanzler Bethmann Hollweg, dass man sich sehr wohl der Völkerrechtswidrigkeit dieses Aktes bewusst sei, aber keine andere Wahl habe. Was in Deutschland als ein Akt von Aufrichtigkeit galt – und auch einer war -, wurde im feindlichen Ausland als unverschämter Zynismus aufgefasst. Die Kunst, die öffentliche Meinung mit moralischen Phrasen zu manipulieren, war in Deutschland nicht nur unterentwickelt, sie galt zu Recht als Ausdruck eines besonders perfiden Macchiavellismus.

    @ Alle:

    Es ist in der Tat eine interessante Frage, warum die Neigung zum Schuldkult auch anderswo in der westlichen Welt um sich greift, und nein, Martin, Hinz befasst sich mit dieser Frage nicht. Ich bin aber der Meinung, dass diese Begrenzung des Themas und die Fokussierung auf spezifisch deutsche Verhältnisse durchaus ihren Sinn hat:

    Es ist ja nicht gesagt, dass gleiche Wirkungen immer auch gleiche Ursachen haben müssen. Mehrere Punkte sind auffällig:

    Da ist zum einen die in Deutschland deutlich geringere Geburtenrate, verglichen mit Frankreich, England und erst recht Amerika. Ich vermute, dass sie mit der spezifisch deutschen Variante des Schuldkults zusammenhängt. Was in Deutschland häufig fehlt, ist der wenigstens unbewusste Wunsch, das eigene Volk zu erhalten.

    Zum anderen ist der liberale Individualismus in sich eine selbstzerstörerische Ideologie, weil er sich schwertut, zwischen dem Einzelnen und der Menschheit irgendwelche informellen Kollektive als Notwendigkeiten anzuerkennen. Es ist doch bemerkenswert, dass die Briten uns in der Selbstislamisierung um einiges voraus sind, obwohl ihr Schuldkult deutlich weniger ausgeprägt ist als unserer. Die Vorstellung, dass es Polizisten erlaubt sein müsse, Turbane zu tragen, oder muslimischen Polizistinnen, Kopftücher zu tragen, ist nur von einem auf die Spitze getriebenen liberalen Individualismus zu erklären.

    Man sollte sich klarmachen, welche Implikationen das Wort „Integration“ hat, mit dem wir hier in Deutschland das Ziel des Zusammenlebens mit Muslimen beschreiben. Dieses Wort verweist auf eine ganz bestimmte Vorstellung, die hier in Deutschland als kulturelle Selbstverständlichkeit verinnerlicht und daher unbewusst, aber desto wirksamer ist: dass nämlich das deutsche Volk ein integres Ganzes darstellt, also nicht einfach eine Vielzahl von Menschen ist, die zufällig in einem Land namens „Deutschland“ leben, sondern ein sozialer Zusammenhang, in den die Muslime sich eingliedern sollen. Genau das heißt „Integration“, und wenn unsere Politiker es noch so sehr umdeuten und verwässern, am Bedeutungskern kommen sie nicht vorbei: Im Kern heißt „Integration“, dass die Einwanderer Teil des Deutschen Volkes werden sollen. „Integration“ ist ein viel stärkerer Begriff als etwa das französische cohésion sociale, das in vergleichbaren Zusammenhängen verwendet wird.

    M.a.W.: Die Deutschen haben den Universalismus immer noch nicht verinnerlicht, und vermutlich kommt deshalb der Dschihad hierzulande viel mühsamer voran als etwa in GB. Egal, was die Politiker sagen: Den Moslems wird auf der Alltagsebene signalisiert: So, wie ihr euch verhaltet, akzeptieren wir euch nicht. Sicherlich ist auch viel Gejammer dabei, aber ich glaube schon, dass dieses Gejammer einen Tatsachenhintergrund hat: nicht den des „Rassismus“ – den gibt es in Deutschland weniger als irgendwo sonst auf der Welt -, sondern die unterschwellige, alltägliche und deshalb schwer greifbare Forderung nach Anpassung, von der ich glaube, dass ein Volk wie das englische, das viel mehr den liberalen Individualismus als Leitideologie verinnerlicht hat, sie viel weniger stellt.

    Sicherlich kann man beides nicht sauber voneinander trennen – allein schon, weil die westlichen Völker einander beeinflussen -, aber ich wage die These, dass liberaler Individualismus und Schuldkult zusammen den Niedergang der europäischen Völker verursachen, nur in sehr unterschiedlichen Proportionen: bei uns ist es mehr der Schuldkult und erst in zweiter Linie das übertriebene Toleranzgebot, in Frankreich und GB ist es umgekehrt.

  20. @ Manfred
    Von der Demografie in Frankreich bzw. UK darfst Du Dich nicht täuschen lassen, weil sie in Bezug auf die ethnische Zusammensetzung des Volkes ähnlich desaströs ist, was aber dadurch kaschiert wird, dass die Einwohner der ehemaligen Kolonien es viel leichter dort hatten/haben die republikanische Staatsangehörigkeit unabhängig von der Abstammung zu erhalten.
    Bei uns in Deutschland war das Blutsrecht bis 2001 zur Gänze in Geltung. Aus den Köpfen ist es bis jetzt glücklicherweise nicht raus.
     

  21. @ Druide

    In den USA sorgen die eingewanderten Latinos für die statistischen 2,1 Kinder pro Frau im gebärfähigen Alter.

  22. Laut Sarrazin haben in den USA auch die Weißen Angelsachsen eine Geburtenrate von ca 2%.
    Auch den Franzosen und insbesondere den gebildeten attestiert S. eine bessere Reproduktionsrate, die er u.a. auf ein dafür günstigeren Steuersystem zurückführt.

  23. Oh, das ist auch und gerade im Ersten Weltkrieg auf deutscher Seite so gewesen. Die von Ihnen zitierte Rechtfertigung hat Bethmann-Holweg erst abgegeben, nachdem er dem englischen Botschafter gegenüber, der ihn auf das belgische Netralitätsabkommen hinwies, die Nerver verloren hatte, und dieses als einen „Fetzen Papier“ bezeichnet hatte, was wiederum die englische Presse überall verbreitete. Diese größere Ehrlichkeit als Tugend zu rühmen, geht aber nun doch zu weit, da sie keineswegs um ihrer selbst Willen geübt wurde, sondern weil sich der Reichskanzler in seiner Aufregung verplappert hatte.
    Und abgesehen von Belgien hat die deutsche Propaganda den Ersten Weltkrieg mit einem russischen Angriff begründet, der nur in der Phantasie der deutschen Reichsleitung existierte. Es hat sich was mit der größeren Aufrichtigkeit.
    Wenn sie einmal die Berichte der deutschen Diplomten der Vorkriegszeit durchsehen, werden sie feststellen, das die sich besonders gerne über die Naivität und die Ahnungslosigkeit ihrer englischen Kollegen lustig machen.

  24. # Bonifaz

    Laut Sarrazin haben in den USA auch die Weißen Angelsachsen eine Geburtenrate von ca 2%.

    Auf dem Counterjihad-Blog ist ein offener Brief eines  …. na ja, ‚Antirassisten‘ namens Tim Wise veröffentlicht, in welchem er den Weißen ihren Abgang ankündigt und wie sehr ihn das freut. Wenn diese Zahlen zur weißen Reproduktionsrate stimmen würden, dann kann ich mir die heftige Reaktion auf den Seiten der amerikanischen neuen Rechten (oder wie immer sie korrekt heißen mögen) nicht sinnvoll erklären.

    Ich habe den Eindruck, daß die tatsächliche Wucht der demografischen Verschiebung bis heute auch deshalb nicht wirklich realisiert wird, weil sie versteckt ist. In Paris oder auch Brüssel sind die …. Anderen noch immer weitgehend in ihren Ghettos konzentriert. Mir kommt da die Analogie etwa zu einer ‚Eiteransammlung‘ irgendwo im Körper, der die Wahrnehmung solange verweigert werden kann wie sie in irgendeiner Höhlung, einer Blase abgekapselt und damit eben auch vom Körper ausgeschlossen ist. Aber so ein Abszess beispielsweise reift eben eine ganze Zeit vor sich hin, bis eines Tages … er dann platzt und all das was sich angesammelt hat und eigentlich eben nicht zu diesem Körper gehört, frei wird und in die Blutbahn gelangt.

    Dann wird es lustig. Nur nicht für den betreffenden Menschen. Der kämpft dann buchstäblich um sein Leben. Die Fieberschübe – entsprechend den emotionalen Erregungswellen, die dann den sozialen Organismus durchjagen – … der Großeinsatz der körpereigenen Abwehrzellen. Man könnte das buchstäblich am entsprechenden Geschehen bei einem derart betroffenen individuellen Menschen durchdeklinieren, um sich ein Bild zu machen was da noch alles wartet. Und ja, ich denke auch, daß wir es hier im Endeffekt noch um Längen besser haben (werden) als Frankreich und England. Allerdings hat zumindest Frankreich auch eine andere Tradition des Zentralismus; wenn der Präsident sich da dann tatsächlich mal zum ‚Raus‘ entschließt, dann heißt das ‚Koffer packen‘, egal wer dagegen protestiert.

  25. # Mark Mallokant

    Das mit dem nicht vorhandenen russischen Angriff liest sich hier aber etwas anders…
    (zufällig auf ‚Karl Eduards Kanal gefunden)

    Reichskanzler Dr. v. Bethmann Hollweg:  … Aber auch auf die Nachricht von der russischen allgemeinen Mobilmachung haben wir zunächst nur mit der Verkündigung des Zustandes der drohenden Kriegsgefahr geantwortet, die noch nicht die Mobilmachung bedeutet. Wir haben dies der russischen Regierung mitgeteilt und hinzugefügt, daß die Mobilmachung folgen müsse, falls nicht Rußland binnen zwölf Stunden jede Kriegsmaßnahme gegen uns und Österreich Ungarn einstelle und uns hierüber eine bestimmte Erklärung abgebe. Wir haben damit Rußland, selbst als das Schicksal des Krieges durch seine Schuld unabwendbar schien, noch einmal eine Frist gegeben, sich zu besinnen und im letzten Augenblick den Weltfrieden noch zu retten. … Es war umsonst. Rußland ließ uns ohne Antwort. England verharrte gegenüber Rußland in Schweigen. Frankreich leugnete durch den Mund seines Ministerpräsidenten gegenüber unserem Botschafter am Abend des 30. Juli die Tatsache der russischen Mobilisierung einfach ab und verfügte seine eigene Mobilisierung einige Stunden früher, als wir unsererseits zur Mobilmachung schritten. Was übrigens den angeblich defensiven Charakter der russischen Gesamtmobilmachung betrifft, so will ich hier ausdrücklich feststellen, daß bei Ausbruch des Krieges im Jahre 1914 noch eine im Jahre 1912 erlassene allgemeine Anweisung der russischen Regierung für den Mobilisierungsfall in Kraft war, , die wörtlich folgende Stelle enthält: “Allerhöchst ist befohlen, daß die Verkündung der Mobilisation zugleich die Verkündung des Krieges gegen Deutschland ist.
    … Also Rußland stand in der Nacht vom 30. zum 31. Juli vor der Tatsache der durch unsere Einwirkung herbeigeführten Nachgiebigkeit Österreich – Ungarns, die den Weg zur Erhaltung des Friedens freimachte, und stand gleichzeitig vor der durch die Eröffnung Lord Greys an Paul Cambon gewährleisteten Sicherheit  der englisch –  französischen Waffenhilfe, einer Sicherheit, die ihm überhaupt erst die Möglichkeit des Krieges gab. Es wählte die Mobilmachung und damit den Krieg. Wer ist nun schuld an dieser schicksalschweren Entscheidung?

    Wahrscheinlich hätte Deutschland die Waffen niederlegen und unter französischer und russischer Besetzung mit den Besatzern unterm Sternenzelt um Frieden beten sollen, weil Krieg, nach der heiligen Margot von den Taliban, nach Gottes Willen nicht sein darf. Die Truppen hätten nur gleich deeskalierend die Waffen wegschmeissen müssen und Willkommenstransparente ausrollen. Die waren aber geistig noch nicht da, wo heute deutsche Regierungen sich befinden.

    … Und Belgien? Ehe auch nur ein einziger deutscher Soldat seinen Fuß auf belgischen Boden gesetzt hatte, hat Lord Grey dem französischen Botschafter nach dessen Bericht an seine Regierung wörtlich erklärt: “Falls die deutsche Flotte in den Kanal einfahren oder die Nordsee passieren sollte, in der Absicht, die französische Handelsflotte zu beunruhigen – meine Herren – würde die britische Flotte eingreifen, um der französischen Marine Schutz zu gewähren, in der Art, daß von diesem Augenblick an England und Deutschland sich im Kriegszustande befinden würden. Kann derjenige, der das Auslaufen unserer Flotte als Casus belli erklärte, wirklich noch im Ernst behaupten, einzig und allein die Verletzung der belgischen Neutralität trieb England gegen seinen Willen in dem Krieg? …
    Ich habe, in dem ernsten Bestreben, den Krieg zu lokalisieren, dem britischen Botschafter in Berlin schon am 29. Juli zugesichert, daß wir unter der Voraussetzung der Neutralität Englands die territoriale Integrität Frankreichs gewährleisteten. Am 1. August fragte Fürst Lichnowsky Lord Grey, ob im Falle der Verpflichtung Deutschlands, die Neutralität zu sichern, England sich seinerseits zur Neutralität verpflichten könne; er stellte ferner in Aussicht, daß im Falle der englischen Neutralität die Integrität nicht nur des französischen Mutterlandes, sondern auch der französischen Kolonien garantiert werden könne. Er gab in meinem Auftrage die Zusicherung, daß wir bereit seien, auf einen Angriff auf Frankreich zu verzichten, falls England die Neutralität Frankreichs verbürge. In letzter Stunde machte ich die Zusage, daß, solange England sich neutral verhalte, unsere Flotte die französische Nordküste nicht angreifen und – unter Voraussetzung der Gegenseitigkeit – keine feindlichen Operationen gegen die französischen Handelsschiffe vornehmen werde. Grey hatte auf alles nur die Antwort: Er müsse endgültig jedes Neutralitätsversprechen ablehnen und könne nur sagen, daß England sich die Hände freizuhalten wünsche. …

    So der Stand der Erkenntnis zur Kriegsschuld im November 1916. Nachzulesen in der *Neue Freie Presse vom 10.11.1916*

    Wobei ich gerne zugestehe kein ausgewiesener Kenner der Materie zu sein. Aber es besteht doch eine … gewisse Differenz zu ihrer Darstellung, die mir eine Nachfrage erlaubt seinen läßt.

  26. … ,die mir eine Nachfrage erlaubt seinen läßt.

    Korrektur: … ,die mir eine Nachfrage erlaubt scheinen läßt.

  27. @leser
    Ihr Text ist ein schönes Beispiel dafür, daß es mit der „Wahrheitsliebe“ der deutschen Regierung nicht eben weit her war. Es handelt sich dort ja offenbar um eine Rede, die der REichskanzler Bethmann-Hollweg 1916 vor dem Reichstag gahalten hat.
    Wenn sie die lesen, dann werden sie finden, daß er darin – 2 Jahre nach Kriegsbeginn – immer noch verschweigt, daß Deutschland am 1. August 1914 Rußland den Krieg erklärt hatte, Er versucht vielmehr den Eindruck zu erwecken, daß Rußland den Krieg begonnen hatte. Das muß man sich mal klar machen: Während des gesamten Krieges ist dem deutschen Parlament von der deutschen Regierung verschwiegen worden, daß Deutschland den Krieg begonnen hatte. Statt dessen wurde immer krampfhaft so getan, als wäre eine Mobilmachung mit einer Kriegserklärung identisch. Aber das ist sie nun einmal nicht.

  28. @ Mark Mallokent:

    Ihr Text ist ein schönes Beispiel dafür, daß es mit der “Wahrheitsliebe” der deutschen Regierung nicht eben weit her war.

    Und Ihr Text ist ein schönes Beispiel dafür, wie weit die deutschfeindliche Geschichtsideologie sich in den Köpfen festgesetzt hat. Wenn Einer wissentlich Umstände herbeiführt, die einem Anderen keine andere Wahl lassen als die Kriegserklärung, dann ist er der Aggressor, nicht derjenige, der die Kriegserklärung ausspricht.

  29. # Mark Mallokent

    Sie antworten unter anderem:

    Statt dessen wurde immer krampfhaft so getan, als wäre eine Mobilmachung mit einer Kriegserklärung identisch. Aber das ist sie nun einmal nicht.

    Darf ich ihre Aufmerksamkeit noch einmal auf die folgende Stelle aus der Rede B-Hs lenken?

    Was übrigens den angeblich defensiven Charakter der russischen Gesamtmobilmachung betrifft, so will ich hier ausdrücklich feststellen, daß bei Ausbruch des Krieges im Jahre 1914 noch eine im Jahre 1912 erlassene allgemeine Anweisung der russischen Regierung für den Mobilisierungsfall in Kraft war, , die wörtlich folgende Stelle enthält: “Allerhöchst ist befohlen, daß die Verkündung der Mobilisation zugleich die Verkündung des Krieges gegen Deutschland ist.

    Also ich (kein Historiker, die das vielleicht anders verstehen) verstehe das eigentlich so … wie es dort steht. Daß nämlich die Verkündung der Mobilisation zugleich die Verkündung des Krieges gegen Deutschland ist – gemäß Anweisung der russischen Regierung. Wenn Sie der Ansicht sein sollten, daß die russische Regierung mit dieser Anweisung etwas ganz anderes gemeint haben sollte – beispielsweise, das ‚Krieg eigentlich Frieden bedeute‘ (vielleicht so, wie Islam ja auch Frieden bedeutet), dann kann das ja durchaus sein. Aber ich würde doch darum bitten, daß Sie mir in diesem Fall diesen ganz anderen Verständniskontext kurz anreißen könnten.

    Ganz allgemein möchte ich noch – für die, die sich dafür interessieren – auf einen Text verweisen, der mir aufschlußreich scheint was die Hintergründe der britischen Kriegsplanung für den I. Weltkrieg betrifft.

    http://www.scribd.com/doc/19457501/Germaniam-esse-delendam-Deutschland-muss-vernichtet-werden-Germany-must-perish

     

  30. @Manfred
    Es ging in unserer Diskussion nicht um die Frage der Kriegsschuld, sondern um die Frage, ob und wie ehrlich die deutsche Regierung 1914 war. Und da bleibt das ja immerhin nicht ganz unwichtige Faktum, daß die deutsche Regierung dem deutschen Parlament und dem deutschen Volk verschwiegen hat, daß sie es war, welche den Krieg an Rußland erklärt hat. Was das nun mit deutschfeindlicher Geschichtsideologie zu tun hat, weiß ich nicht.
     
    @Leser
    Was die von ihnen zitierte Behauptung Bethmann-Hollwegs betrifft, der sagt, es hätte da eine allgemeine Anweisung der russischen Regierung gegeben, so existiert diese Anweisung nur in Bethmann-Hollwegs Phantasie. Oder, um es etwas drastischer zu formulieren: er hat schlicht und einfach gelogen. Auch das spricht nicht eben für die Ehrlichkeit der deutschen Regierung.
    Ihren link konnte ich nicht öffnen, daher kann ich dazu nichts sagen.
    @Manfred und Leser
    Sie sind hier übrigens beide auf den schwachen Punkt der deutschen Kriegspropaganda gestoßen. Die gesamte deutsche Rechtfertigung des Ersten Weltkriegs hing an dem immer wieder behaupteten russischen Überfall bzw. russischen Angriff auf Deutschland, gegen den man sich in legitimer Notwehr zur Wehr setzte. Aber eben darum verschwieg die deutsche Regierung, daß sie selbst es war, die den Krieg erklärt hatte. Das war nun aber weder ehrlich noch klug, da die russische Regierung ihrerseits die deutsche Kriegserklärung sofort bekannt machte, wodurch im Ausland – insbesondere im neutralen Ausland – die Lüge der deutschen Regierung sofort deutlich wurde. Den Eindruck, den das machte, können sie sich vorstellen.

  31. @ Mark Malotent
    An Ihrer Behauptung sind zwei Dinge autoaggressiv.
    1. Ihr verschweigen der Vorgeschichte.
    2. Ihre Deutung.
     
    Bevor ich darauf eingehe, frage ich Sie erst einmal nach Ihrer Quelle. Danach bin ich gerne bereit, die Quelle zu diskutkieren und danach die daraus zu schließende Beurteilung zu entwickeln.
     
    Jede andere Reihenfolge ist unwissenschaftlich und zweckwidrig.
     
    Daraus erlaube ich mir, den vorläufigen Schluß zu ziehen, daß es Ihnen nicht um historische Wahrheit geht. Es scheint Ihnen um eine einseitige – eben autoaggressive – Verurteilung zu gehen. ich stütze meine vermutung darauf, daß Sie die empirischen Quellen nur selektiv genutzt haben, um einen möglichst negativen Schluß anzuregen.
     
    Selbst wenn Sie recht hätten: Wozu sollte ich eine Wahrheit äußern, wenn Sie meiner Seite nicht nutzt? – ich drehe also Ihre Mehtode mal auf die psychologisch richtige Seite.
    Und auch daraus schließe ich meinen Teil: Entweder sind Sie halt autoaggressiv oder Sie empfinden sich gar nicht gemeinsam als Partei mit dem deutschland während des kriegsausbruches.
    Ginge es Ihnen um Wahrheit an sich, hätten Sie eben nicht den selektiven Teil herausgepickt und den anderen verschwiegen.

  32. @Hans A
    Mein Statement war ein Antwort auf Manfreds These, der meint, die deutsche Regierung wäre bei Kriegsausbruch 1914 ehrlicher als die Allierten, insbesondere als die Angloamerikaner gewesen. Um dies zu widerlegen habe ich auf eine doch recht gravierende Unwahrheit der deutschen Regierung hingewiesen. Was daran autoaggressiv sein soll, weiß ich nicht.
    Meine Quellen will ich ihnen gerne nennen, wenn sie mir sagen wozu? Wollen sie die deutsche Kriegserklärung nachlesen?
    Schließlich empfinde ich mich durchaus als „Partei mit Deutschland“ und genau daher rührt auch mein möglicherweise von ihnen bemerkter Ärger, daß nämlich die deutsche Regierung 1914 ihr eigenes Volk betrogen hat.

  33. Sie haben nichts widerlegt. Es ging um die Lüge der Regierung. – Quelle, Seite, Zeile! Die bleiben Sie schuldig. Ich vermute, auch bis zuletzt wird sich daran nichts ändern.
     
    Außerdem haben Sie offensichtlich nicht verstanden – oder schlicht ignoriert, daß autoaggressiv auch der ist, wer (ggf.) die Wahrheit sagt, wenn diese gegen sich selbst gerichtet ist! das gilt erst recht dann, wenn man wesentliche Teile verschweigt; noch deutlicher, wenn man eine (bewußte) oder schlicht fahrlässig gegen sich gerichtete Unwahrheit wiedergibt.

  34. Übrigens: Das Zeugs kenne ich ja schon alles und es fällt mir schwer, Menschen, die dieses äußern, nicht in eine passende Schublade zu stecken. Da muß ich erst Anzeichen dafür sehen, daß es dieser Person tatsächlich nur um die reine Wahrheit geht und deswegen auch unangenehme Wahrheiten gegen sich gelten läßt. Dieser Menschenschlag ist so selten, daß jede Wahrscheinlichkeit dagegen spricht, so einen vor sich zu haben. Da Sie sich einzig auf eine negative zu bewertende Behauptung stützen, alles andere weglassen, ist dies ein recht sicheres Anzeichen dafür, daß Sie zu dem autoaggressiven Typus zählen.
     
    Es gebietet doch schon der erste Anschein, davon auszugehen. Dieser autoaggressive Typus dominiert doch die philosophischen und pädagogischen Fachbereiche der Hochschulen in der deutschsprachigen Welt.
     
    Wieso sollten ausgerechnet Sie eine Ausnahme darstellen. Nichts läßt diese Vermutung zu.

  35. @Mark Mallokent

    DEUTSCHE REICHSREGIERUNG VERSCHWEIGT DEM VOLK / DEM PARLAMENT DIE KRIEGSERKLÄRUNG ALS ERSTE ABGEGEBEN ZU HABEN …?

    Sie werten das als „Unehrlichkeit“ – und zwar in doppelter Weise –
    1. Die Regierung sagt dem Volk nicht die Wahrheit – das wäre natürlich tatsächlich
       eine Unehrlichkeit -und
    2. Die Regierung sagt dem Volk nicht die Wahrheit, um ihre kriegstreiberischen und
       imperialistischen Absichten zu verschleiern.

    Sie erheben diese Unehrlichkeit in einen höheren Rang – und obwohl Sie es in Ihren
    Beiträgen, wenn ich recht gelesen habe, nicht explizit sagen – verpacken Sie in diesem Unehrlichkeitsvorwurf den stillschweigenden Verweis auf den EIGENTLICHEN
    GRUND dieser Unehrlichkeit – den Versuch, die eigene Kriegsabsicht zu verschleiern.

    Es geht Ihnen nicht nur um die politische Korrektheit der „Ehrlichkeit vor dem Parlament“ – das Insistieren auf diesem Punkt hat/hätte ja seine sachliche
    Berechtigung.
    Jedem Konflikt zwischen Gruppen, Mächten, Staaten geht eine Schlacht im Vorfeld voraus – die Schlacht um die moralische Legitimierung der eigenen Position und der
    Notwendigkeit/Angemessenheit der zu ihrer Erhaltung/Verteidigung nötigen Reaktionen/Maßnahmen.
    Rom im zweiten (?) punischen Krieg erklärt seinen Beistand für eine spanische Stadt,
    die eigentlich mitten im karthagischen Interessengebiet liegt – und ermuntert dadurch diese Stadt zum Abfall. Auf die – unvermeidliche – karthagische Gegenreaktion hin erklärt Rom den Eintritt des Bündnisfalls. Kommt das nicht irgendwie bekannt vor ?
    Jedem Konflikt geht ein ausgefeiltes Agieren voraus, den zukünftigen Gegner moralisch zu desavouieren, in die Enge zu treiben, ihn in Zugzwang zu setzen, ihn aus der Deckung zu locken, ihn zu unklugen Handlungen zu verleiten, die ihn in
    unvorteilhafte Bündnisse zu treiben und zu unvorteilhafter Aufstellung zu verleiten.
    Und vor allen Dingen geht es bei dieser Taktik darum, den Gegner dazu zu bringen,
    FREIWILLIG DEN SCHWARZEN PETER ZU ZIEHEN – die Kriegserklärung als erster abzugeben – oder es so erscheinen zu lassen.
    Den Gegner schuldig machen BEVOR ES LOSGEHT – das ist der Krieg vor dem Krieg.
    In dieser Kunst möchte besonders die  Partei obsiegen, die den Konflikt eigentlich betreibt – denn sie hat es am meisten nötig, weil sie ja selber weiß, daß sie der Treiber ist und daß der Konflikt kommen wird.
    Das beste Beschuldigungsmanagment hat in der Regel die angreifende/antreibende Partei – denn SIE IST VORBEREITET. Oder glaubt es zu sein.
    Die Kriegserklärung hat EINE INNENWIRKUNG – UND EINE AUSSENWIRKUNG GEGENÜBER DEM GEGNER – UND DEN VERBÜNDETEN.

    Sicher ist hier nicht Raum und Zeit, die komplette Kriegsschuldtheorie zu erötern.

    Aber unstrittig dürfte doch wohl die Ursachenkette
    Ochrana – russische Geheimpolizei – serbischer Geheimdienst – inszeniertes Attentat
    von Sarajewo  – verhinderte diplomatische Regulierung – österreichischer Einmarsch –
    russische Beistandsübernahme Serbien – deutsche Beistandsübernahme Österreich –
    russische Mobilmachung – bzw. VERBREITEN DRAMATISCHER NACHRICHTEN über dieselbe – Bemühen des deutschen Kaisers um Rücksetzung der russischen Mobilmachung, sein  Glaube an den Erfolg seiner Gespräche mit dem Zaren sein.
    Die Übergabe der Kriegserklärung erfolgte dann „der guten Ordnung halber“ – aber auch politisch schon unter dem Druck, den Beistandspakt mit Österreich Ungarn einzulösen – und – keine falsche Schwäche zu zeigen.
    Das Kaiserreich war sicher nicht bereit und willens, einen Mehrfrontenkrieg zu führen – aber es zog die schwarze Karte !
    Es verlor den Krieg vor dem Krieg um den Anschein der Schuld urch Erstabgabe der Kriegserklärung – und das Verschweigen vor dem Parlament erscheint mir ein Akt der gesunden Selbsterhaltung der Regierenden gewesen zu sein, die wenigstens an der INNENFRONT, vor dem Volk nicht als die Dummen dastehen wollten.
    Dazu kommt, daß Vok und Parlament soviel gesunden Menschenverstand hatten, um zu wissen, daß die Mobilmachung von Rußland, England, Frankreich – im Zusammenhangmit den vorausgehende Ereignissen – und vor dem Hintergrund der deutschfeindlichen Politik und Propaganda der Alliierten, vor allem Englands – EINFACH KRIEG BEDEUTETEN, egal welche Noten den Besitzer wechselten.
    So ergibt sich, daß das von Ihnen so hoch bewertete „Verschweigen“ diese Bedeutung
    schlicht nicht verdient – weder vom Unfag  – noch vom Inhalt her.

  36. Manfred, sei so gut und lösche das da oben; das sieht ja furchtbar aus;
    also nochmal:

    @Mark Mallokent, 12. November 2010 um 13:59
    „Wenn sie die lesen, dann werden sie finden, daß er darin – 2 Jahre nach Kriegsbeginn – immer noch verschweigt, daß Deutschland am 1. August 1914 Rußland den Krieg erklärt hatte, […]“
     
    Meine Güte, was haben Sie eigentlich für Vorstellungen ?
     
    Eine Kriegserklärung wird öffentlich bekanntgemacht und steht spätestens am nächsten Tag in der Zeitung:
     
    „Frankfurter Zeitung“, 2. Aug.1914

    Der deutsche Botschafter in Petersburg war beauftragt, für den Fall, daß die russische Antwort unbefriedigend lauten sollte, Rußland zu erklären, daß wir uns als im Kriegszustand mit ihm befindlich betrachten würden.

  37. @Hans A
    Wenn sie mich gerne für „autoagressiv“ halten wollen, dann will ich sie bei diesem harmlosen Vergnügen nicht stören. Was ihre Frage nach Quellen angeht, so will ich diese, soweit es mir möglich ist, gerne benennen, sie müßten aber schon etwas genauer sagen, wozu genau?
     
    @Phoenix
    Wie ich schon sagte: Es ging in der Diskussion nicht um die Frage der Kriegsschuld, sondern um die Frage der Ehrlichkeit der deutschen Regierung. Ich bestreite nicht, daß es durchaus Gründe und Entschuldigungen geben kann, von der Wahrheit abzuweichen, nur, „ehrlich“ ist jemand der das tut, nicht.
    Die Gründe, die sie angeben, um die Regierung zu entschuldigen, laufen übrigens darauf hinaus, daß sie sagen: Die Regierung wollte in einem Akt gesunder Selbsterhaltung vor dem eigenen Volk nicht als dumm dastehen. Das aber impliziert erstens, daß die deutsche Politik ziemlich dumm gewesen war (hier würde ich ihnen zustimmen) und daß eine Regierung ihr Volk belügen darf, um nicht als dumm dazustehen (da hätte ich nun doch einige Einwände gegen).
     
    @Horst
    Ich bezweifle, daß sie die Frankfurter Zeitung vom 2. August 1914 vor sich auf dem Schreibtisch liegen haben, nehme vielmehr an, daß sie diese Website genutzt haben:
    http://www.stahlgewitter.com/14_08_02.htm
    Woher wiederum deren Verfasser seine Texte hat, weiß ich nicht, aber bezweifle doch sehr, daß er tatsächlich die Frankfurter Zeitung Nummer für Nummer abgeschrieben hat. Wahrscheinlich hat er einfach die entsprechenden Jahrgänge von „Schulthess Europäischem Geschichtskalender“ zugrundegelegt, die sind aber erst nachträglich, nicht etwa zeitgleich erstellt worden.

  38. @ Mark Mallokent: Selbstverständlich wusste man in Deutschland, wer wann wem den Krieg erklärt hat. Wie kommen Sie denn auf die Idee, das anzuzweifeln?

  39. @ Leser: bei mir hat der Link ganz ausgezeichnet funktioniert. Auch wenn ich bei dem Text hier und da ein Fragezeichen setzen würde, so finde ich ihn doch sehr erhellend, insbesondere, was die Hintergründe von Englands Wendung gegen Deutschland um die Jahrhundertwende betrifft. Ich kann ihn nur empfehlen.

  40. @Leser
    Der link funktioniert, aber bevor die den TExt rausrücken, wollen die Geld von mir!!!! Kopieren Sie ihn halt, oder erzählen sie, was drinsteht.
    @Manfred
    Normalerweise würde man in der Tat annehmen, daß allgemein bekannt ist, wer wann wem den Krieg erklärt hat. Aber die deutsche Regierung hat dies nun einmal dem deutschen Reichstag und Volk verschwiegen, um die Fiktion – man könnte auch „Lüge“ sagen – von einem russischen Angriff auf Deutschland aufrechtzuerhalten.
    Das ging soweit, daß sogar der deutsche Staatssekretär des Äußeren dem österreichischen Botschafter am 2. August 1914 erklärte, daß Deutschland sich infolge des russischen Angriffs als im Kriegszustand mit Rußland betrachte. „Deutscherseits erfolgt keine Kriegserklärung mehr“ verkündete er dem Botschafter, und zwar, wohlgemerkt, nachdem diese bereits am ersten August um 18 Uhr deutscher Zeit (19 Uhr russischer Zeit) erfolgt war.
    Können Sie hier nachlesen.
    http://wwi.lib.byu.edu/index.php/III,_102._Graf_Szögyény_an_Grafen_Berchtold,_2._August_1914

  41. Sehr geehrter Herr Mallokent, auch ich warte mit Spannung auf Ihre Quellen. Für Ihre Behauptung aus den Posts:

    9. November 2010 um 11:15 und 13. November 2010 um 17:48

    fehlt noch jede Glaubhaftmachung, die Ihnen freilich auch nicht gelingen wird. Gleiches gilt nun auch für den Link. Die Quelle im letzten Link läßt nun welchen weiterführenden Schluß zu? Auf keinen Fall stütz er irgendeine Ihrer eigenwilligen Behauptungen. Auf welchen Stand der Forschung stützen Sie sich eigentlich? Gibt es einen Historiker, der Ihre Behauptung teilt?

    Ich habe mich aus beruflichen Gründen mit dem Ostkrieg wissenschaftlich beschäftigen müssen. Das Bild, das Sie hier aus Unwissenheit oder Absicht zu zeichnen bemüht sind, entspricht noch nicht einmal dem Stand der gewagtesten Mindermeinung in der Geschichtswissenschaft.

    Wenn jemand zuerst eine historische These aufstellt und danach (meistens erfolglos) bemüht ist, Quellen für seine Behauptungen aufzutun, ist er das beste Beispiel für die miese Qualität des „Geschichtsdenken“ anstatt seriöser quellenorientierter Geschichtswissenschaft. Diese geht nämlich den richtigen Weg, einer Beurteilung eine Quellenanalyse vorzulagern, die sich wiederum erst auf vorhandene Quellen stützt. Das haben Sie offensichtlich nicht nötig und gehen den etwas „einfacheren“ Weg der Historikerstreiter. Es handelt sich hier schlicht um billig zu habende Propaganda. Vielleicht trifft autoaggressives Verhalten auf Sie tatsächlich nicht zu. Jedenfalls läßt sich eine auf heute zielende politische Absicht vermuten. In jedem Falle versuchen Sie der damaligen Reichsregierung, die sich im Gegensatz zu allen anderen Regierungen der am Kriegsausbruch beteiligten Staaten tadellos verhalten hat, vielleicht sogar etwas naiv, Boshaftigkeit zu unterstellen. Angesichts der außenpolitisch ausweglosen Lage eine dreiste Unwahrheit, die unter Garantie einen heutigen politischen Zweck zu erfüllen hat.

    Fischer, Görtemaker und Habermas und lassen grüßen. Alle gaben unumwunden zu, mit ihrer Geschichtsdenkerei auf heutige politische Zustände Enfluß nehmen zu wollen.

  42. @Meyer
    Die von mir in meinem letzten post verlinkte Quelle belegt, daß die deutsche Reichsregierung noch am Tage nach ihrer Kriegserklärung an Rußland diesen Sachverhalt ihrem österreichischen Verbündeten verschwiegen hat. So einfach ist das.
    Was meinen Post vom 9. November betrifft, so ist Bethmann-Hollwegs Äußerung vom „Fetzen Papier“ allgemein bekannt,  und wenn sie bei google „scap of paper“ eingeben, werden sie zahlreiche Belege dafür finden. Den verheerenden Eindruck, welche diese Äußerung in der Öffentlichkeit machte, schildert beispielsweise der frühere Reichskanzler Bernhard von Bülow in seinen Memoiren. Wenn sie sich wissenschaftlich mit dem Ersten Weltkrieg beschäftigt haben, wo werden sie leicht noch zahlreiche weitere Belege finden.
    Im übrigen ging es in meinem Beitrag nicht um die Erforschung des Ersten Weltkriegs, auch nicht um die nachgerade etwas abgedroschene Kriegsschulddiskussion, sondern um die Frage der Ehrlichkeit der deutschen Reichsregierung 1914. Zu dieser Frage haben meines Wissens nach weder Fischer, noch Görtemaker, noch Habermas etwas geschrieben. Ich stütze mich hier ganz einfach auf meine eigene Lektüre zeitgenössischer Quellen, die auf Seiten der deutschen Reichsregierung freilich weder tadelloses Verhalten noch Naivität belegen, vielmehr eine abstoßende Mischung aus Dummheit und Skrupellosigkeit.

  43. 1. Ich unterstellte Ihnen eine Zielrichtung wie Habermas & Co., nicht dieselben Behauptungen.

    2. Sind sie den Aufforderungen nicht nachgekommen. Das war zu erwarten.

    3. Frage ich Sie, weshalb Sie Ihre Behauptung so betonen, daß die Deutsche Reichsregierung eine „abstoßende Mischung aus Dummheit und Skrupellosigkeit“ unterstellen?
    Wem wollen Sie weißmachen, daß Sie damit keinen politischen Zweck verfolgen? Unterstellt, Ihre moralische Verurteilung wäre auch nur halbwegs tragbar, weshalb betonen Sie dies ständig, anstatt den Mantel des Schweigens darüber zu legen? Was ist Ihr Ziel?
    Geben Sie darüber Auskunft! Auch diese Frage bleibt sicherlich weiterhin von Ihnen ungeklärt. Ihre Feindlichkeit dem damaligen Reich und seiner Regierung gegenüber ist unter allen Umständen belegt.

    Es bleibt nur noch die Frage an die beobachtenden Zuschauer: Unbewußt (also „Dummheit“) oder bewußt (und damit „Skrupellos“)?

  44. @Meyer
    Zu 1: Da ich Herrn Habermasens „Zielrichtung“ nicht kenne, mir dieser Herr überhaupt nur vom Hörensagen, nicht von eigener Lektüre, bekannt ist, kann ich ihre „Unterstellung“ (man sollte übrigens niemandem nichts unterstellen) weder bestätigen, noch verneinen.
    zu 2: Ich bin ihrer freundlichen Bitte um Quellenangabe sehr wohl nachgekommen, obwohl sie meinem Ersuchen, einmal genau zu sagen, was sie eigentlich durch Quellen gestützt haben wollen, nicht nachgekommen sind.
    zu 3: Ich  behaupte obiges, weil sich die deutsche Reichsregierung in den Quellen nun einmal so darstellt. Da kann ich doch nichts für. Irgendeinen „politischen Zweck“ verfolge ich damit nicht – worin sollte der auch bestehen? -, ich diskutiere lediglich gern.

  45. @Mark Mallokent.
    Ist sie nicht? Eine Generalmobilmachung? Was soll der Unsinn? Niemand legt seine Wirtschaft lahm, zieht seine Soldaten ein etc., wenn er nicht vorhat Krieg zu führen, und was mehr wiegt, niemand kann es sich leisten auf eine solche Maßnahme nichtmilitärisch zu reagieren.
     
    Übrigens lügt Graf Szögyény in seinem Telegramm nicht explizit. Die Frage ist, worauf sich sein zweites „daher“ bezieht. Es kann sich genauso gut darauf beziehen, daß Deutschland keine Antwort erhalten hat.
     
    Sehen Sie, wenn Larry Silverstein vor einem amerikanischen Gericht damit durchkommt zu behaupten, seine Aussage „perhaps we just pull it“ bezöge sich nicht auf den Abriß von WTC7, dann wäre Graf Szögyény vor einem deutschen Gericht sicher auch damit durchgekommen zu behaupten, sein „daher“ bezöge sich nicht auf den russischen Angriff.

  46. Und übrigens, wenn ich meinem Nachbarland, das gegen mich generalmobilgemacht hat, sage, daß ich mich im Kriegzustand gegen es sehe werde, wenn es mir seine Generalmobilmachung nicht befriedigend erklärt, ist das dann dumm von mir und habe ich damit den Krieg erklärt und begonnen?
     
    Da sollte sich ein halbwegs vernünftiger Mensch doch mal an die eigene Nase fassen!

  47. @ein Fremder
    Es scheint unmöglich zu sein, beim Thema zu bleiben. Es geht nicht um die Frage der Kriegsschuld und auch nicht darum, wer angefangen hat, sondern um die Ehrlichkeit der deutschen Regierung im Vergleich zur englischen.
    Und da brachte ich als Beispiel, daß der deutsche Staatssekretär des Äußeren, am Tag nachdem die deutsche Regierung der russischen den Krieg erklärt hat, dem österreichischen Botschafter dies verschweigt!!!! Wohlgemerkt: Er verschweigt dies dem Botschafter seines engsten Bündnispartner, zu dessen Verteidigung Deutschland in Erfüllung seiner Bündnispflicht in den Krieg zog – so jedenfalls die offizielle Position der Reichsregierung. Daß dies nicht so ganz hundertprozentig ehrlich ist, scheint mir evident.
    Sie fragen sich vermutlich, wie das zu erklären ist, zumal, wie ich schon weiter oben bemerkte, der Schwindel ja herauskommen mußte, nachdem Rußland die deutsche Kriegserklärung natürlich sofort bekannt machte. Ich vermute, daß man in Berlin fürchtete, Österreich, das bisher zwar mobilgemacht, aber keineswegs Rußland den Krieg erklärt hatte, werde jetzt einfach erklären: „Tut uns leid, für einen deutschen Angriff auf Rußland gilt der Dreibundvertrag nicht, da muß dann Deutschland sehen, wie es alleine fertig wird“. Erst am 6. August, also fünf Tage nach der deutschen Regierung hat dann die österreichische den Krieg an Rußland erklärt.

  48. 1. Nochmals die Frage: Was beabsichtigen Sie mit der Unterstellung, die deutsche Regierung habe gelogen, was zudem ja noch offensichtlich falsch ist?

    2. Wenn Sie Ihre eigenen Behauptungen nicht kennen, sollten Sie diese einfach nochmals nachlesen und schauen, wo diese nicht mit Quellenangaben belegt sind. Ich würde mich ja bereits mit Sekundärquellen zufrieden geben. Trotzdem ist das Ergebnis auch hier schon vorgezeichnet: Nichts werden Sie belegen, wie bis jetzt auch nicht.

  49. @Meyer
    (seufz) Also noch einmal ganz langsam und der Reihe nach.
    Erstens beabsichtige ich hier ein wenig zu diskutieren, etwa so, wie es Sokrates in den platonischen Dialogen vorgemacht hat.
    Zweitens unterstelle ich niemandem irgendetwas.
    Drittens ist meine Behauptung, die deutsche Regierung habe gelogen, offensichtlich richtig, was ich schon mehrfach demonstriert habe.
    Viertens frage ich noch einmal: Was genau wollen sie eigentlich durch Quellen belegt haben??????????????????????

  50. So langsam wird es langweilig. Sie sind in der Bringschuld, seriöse Herangehensweise vorausgesetzt.

    Belegen Sie zum Anfang mal dieses hier:
    „Drittens ist meine Behauptung, die deutsche Regierung habe gelogen, offensichtlich richtig, was ich schon mehrfach demonstriert habe.“

    Also: Nichts haben Sie demonstriert. Bewiesen schon gar nicht. Solange Sie keine geschlossene Quellenlage anbieten, keine darauf basiernende schüssige Beurteilung liefern, schwebt Ihre Behauptung luftleer im Raum. Wissenschaftlich ist Sie nicht existent.

  51. Na gut, Mark Mallokent, Deutschland hat moralischen Druck auf Österreich ausgeübt, weil es fürchtete Österreich könnte sich verpissen.
     
    Ich sehe darin aber kein unanständiges Verhalten und schon gar keine Mischung aus Skrupellosigkeit und Dummheit.
     
    Dumm ist der, der eine unkommentierte Generalmobilmachung nicht für eine Kriegserklärung hält und skrupellos ist der, der unter einem solchen Vorwand seiner Bündnispflicht ausweicht!

  52. Danke für den Buchtipp! Ich habe die Aufsatzsammlung von Thorsten Hinz gelesen und freue mich jetzt über einen erheblichen Erkenntnisgewinn. Mein Horizont hat sich merklich erweitert. Auch die „Zurüstung zum Bürgerkrieg“ von Thorsten Hinz habe ich geordert und gelesen. Das Buch ist ebenfalls eine Empfehlung wert. Auf 64 Seiten behandelt er darin die Einwanderungsproblematik in einem größeren Zusammenhang.

  53. @ M.M.

    Dumm ist vor allem, wer jemandes Verhalten kritisiert und keine TRAGFÄHIGE Handlungsalternative aufzeigen kann. Lächerliche, besserwisserische Arroganz.

    Der Druck auf Österrreich war überlebensnotwendig und die Betonung der deutschen Treuepflicht ebenfalls. Anderenfalls wäre der Weltkrieg schon vor Ausbruch gegen Deutschland und Österreich entschieden worden. Die Mittelmächte waren in der schwachen Position, nicht in der starken.

    Vermutung:
    Ihnen geht es doch um etwas ganz anderes. Die Deutsche Niederlage ist doch das, was Sie heimlich propagieren. Das ist doch der gleiche ekelhafte Schwachsinn, den die „Befreiungs“-Idioten bezüglich der Niederlage im 2. WK von sich geben.
    Wären Sie dann mit der deutschen Reichsregierung einverstanden gewesen, wenn diese den „freundlichen Wünschen“ der Entente-Alliierten entsprochen hätten? – So langsam wird Ihre Motivation doch deutlicher!

  54. @Meyer
    Wir haben a) den Sachverhalt der deutschen Kriegserklaerung an Russland. Diese duerfte ja wohl unstrittig sein. Und wir haben b) den Sachverhalt dass der oesterreichische Botschafter am folgenden Tag einen Bericht an seinen Vorgesetzten in Wien sendet, aus dem hervorgeht, dass der deutsche Staatssekretaer des Ausseren ihm diese immerhin nicht unwichtige Tatsache verschwiegen hat. Diesen Bericht  habe ich wiederum aus der amtlichen oesterreichischen Quellenpublikation belegt, welche Oesterreich nach dem Krieg publiziert hat und deren Korrektheit unbestritten ist. Wenn wir nun a und b zusammennehmen, dann haben wir eine gravierende Unehrlichkeit der deutschen Regierung.

    @Fremder
    Nun die Skrupellosigkeit bestand in diesem Fall darin, einen Krieg zu beginnen, unter Berufung auf einen Buendnisfall, der ueberhaupt noch nicht eingetreten und moeglicherweise nie haette eintreten muessen. Und die Dummheit bestand eben darin, dass man meinte, die Oeffentlichkeit, insbesondere die im noch neutralen Ausland, insbesondere in England, werde darauf reinfallen.  Was schliessilch die russische Generalmobilmachung und deutsche Handlungsalternativen betrifft, so stand es der deutschen Regierung ja frei, ebenfalls zu mobilisieren. Dann haette man immerhin eine Frist von einigen Tagen gewonnen, in denen ein Ausweg aus der verfahrenen Lage haette gesucht werden koennen.

  55. Wovon reden Sie, M.M.?
     
    England trat in den Krieg ein als Deutschland Belgien besetzte.
     
    Sie glauben es wäre nicht zum Krieg gekommen? Rußland karrt jeden Wehrfähigen, welchen es in die Finger bekommt über den Ural und greift wenige Tage später Ostpreußen an, weil Deutschland die Frechheit besaß sich im Krieg mit Rußland zu sehen, wenn es seine Taten nicht erklärt?
     
    Verzeihen, wenn ich es so deutlich sage, aber Sie spinnen doch!

  56. Nur Sie haben „a)“ und „b)“. Und nur Sie schließen eine „Lüge“ daraus.
    Was hat das jetzt mit Volk belügen zu tun?

    Außerdem verwehren Sie sich beharrlich der Antwort auf die Frage, was Ihre Motivation ist! Mir reicht das schon.

  57. England war nicht neutral. Spätestens nicht mehr seit der geheimen Zusammenarbeit der britischen und französischen Stäbe und der Zusage der Entsendung von Truppen im Falle, dass Frankreich in einen Krieg gegen Deutschland eintritt, die 1906 von Sir Eward Grey angeleiert wurde.

  58. @stratomunchkin.
     
    Na, wer weiß wie viele Truppen England geschickt hätte, wenn sich Deutschland an der Westfront defensiv verhalten hätte.
     
    Das hätten sie mal machen sollen. Im Westen eingraben, im Osten Krieg führen, die Franzosen kommen lassen und niedermähen.
     
    1917 hätten sie dann Rußland unterworfen und an der Westfront läge das Gefallenenverhältnis bei 4 Millionen Franzosen zu 40000 Deutschen.
     
    Mit oder ohne englische Seeblockade. Deutschland wäre dann faktisch zur führenden Weltmacht aufgestiegen.
     
    Es ist freilich fraglich, ob es dem Deutschen Reich gelungen wäre stabile und produktive Verhältnisse im Osten zu schaffen. Aber seine Chance hätte es gehabt.
     
    Nun ja, ich bin aber niemand der Gott unterstellt, ständig die Geschichte in die falsche Richtung laufen zu lassen. Natürlich konnten sich Wohlstand und technischer Fortschritt nur deshalb so rasant verbreiten, weil die aristokratische Welt im Rekordtempo aus der Welt schied. Allerdings ist die gegenwärtige Phase ihrem ganzen Wesen nach bloß eine Transition und wie jede Transition mündet sie in einen neuen Zustand. Mal sehen was das sein wird.

  59. „Natürlich konnten sich Wohlstand und technischer Fortschritt nur deshalb so rasant verbreiten, weil die aristokratische Welt im Rekordtempo aus der Welt schied.“

    Das halt ich recht weit hergeholt. Mir erschließt sich kein kausaler Zusammenhang zwischen einer nicht-monarchischen Staatsform und der Zunahme von Wohlstand und Technik. Gerade die konstitutionell-monarchischen System wie das deutsche, englische und – überraschenderweise das als so rückständig-instabil gebrandmarkte – ungarisch-österreichische wohnten zwischen 1840 und 1914 einem bis dato ungekannten Wohlstands- und Wissenzuwachs bei.

  60. @stratomunchkin.
     
    Och, dafür spricht schon einiges. Deutschland war ja keine rein konstitutionelle Monarchie, die Rechte des Parlaments reichten nicht allzu weit. Es ist doch schwer vorstellbar, daß eine Herrschaftsklasse von Großgrundbesitzern Autobahnen hätte bauen lassen und den Volkswagen vom Band laufen lassen.
     
    Als ob die es gemocht hätte, wenn neben ihren Palästen in Korfu und anderswo ein Ballermann aufgemacht hätte.

  61. So ein Blödsinn Elea,
    es war genauso schwer damals Schienen zu bauen wie heute. Es hat sich da gar nichts geändert.
    Die Autokratischeren Ländern in Asien sind viel erfolgreicher beim Adaptieren, aber was erzähle ich. Dank der Gehirnwäsche von Aufklärung und den schrecklichen Ereignissen nach dem 1 Weltkrieg glaubt jeder das Autorität gleich Böse und Diktatur ist.
    Kaum einer kann sich vorstellen das die Aristokraten selber Technikverliebt waren, gut ausgebildet UND das Land liebten das sie regierten. Es ist grösstenteils ein Unterschied wie zwischen einem Manager und Unternehmer.
    Templarii

  62. Die „allgemeine Anweisung“, die, wie Mark Mallokent (13. November 2010, 14:00) genau weiß, nur in Bethmann-Hollwegs Phantasie existiert, lautet:
     
    Chef des Generalstabes
    Generalquartiermeister
    29.März/11.April 1912
    Nr.545
    Petersburg
     
    Hochverehrter Herr Georg Antonowitsch [G.A.Skalon, Oberbefehlshaber des Militärbezirkes Warschau]
     
    Bei der Beratung der Oberbefehlshaber und Stabschefs der Militärbezirke am 21.Februar/5.März dieses Jahres in Moskau unter dem Vorsitz des Kriegsministers gelangte die Frage der Eröffnung der Feindseligkeiten im Falle eines Krieges mit den Mächten des Dreibundes zur Erörterung.
     
    In Übereinstimmung mit der Beurteilung in dieser Beratung erfolgte am 28.Februar/12.März die Allerhöchste Bestätigung, daß bei Verkündung der allgemeinen Mobilmachung der Bezirke des europäischen Rußlands, anläßlich politischer Verwicklungen an den westlichen Grenzen, das Telegramm betreffend Mobilmachung gleichzeitig auch als Allerhöchster Befehl betreffend Eröffnung der Feindseligkeiten gegen Österreich und Deutschland zu gelten habe.
     
    Was Rumänien anbetrifft, […]
     
    Ihr ergebener Diener
    Ja. Shilinski [Chef des Generalstabes]
     
    (zitiert nach: Gunther Frantz, Russlands Eintritt in den Weltkrieg, Berlin 1924, S. 234 Anlage 80)
     
    Die Anweisung war allerdings schon im November 1912 bzw. Juni 1913 dahin abgeändert worden, daß die Feindseligkeiten erst auf einen besonderen Befehl hin eröffnet werden sollten. Sie besagt also nichts für dier russischen Handlungen im August 1914, sondern illustriert allenfalls eine Tendenz. (Das muß Bethmann-Hollweg zur Zeit seiner Rede aber nicht unbedingt gewußt haben.)
     

  63. Ich weiß, daß ich ein wenig spät komme; es hat halt nicht jeder die Zeit, dauernd vor dem PC rumzulungern 😉 Aber ich bin noch eine Antwort schuldig. Deshalb hoffe ich, Manfred, daß Du Mark Mallokent noch nicht gesperrt hast. (Es wäre sonst ein wenig unfair.)
     
    Er hat nähmlich recht, die „Frankfurter Zeitung“ liegt nicht auf meinem Schreibtisch. Ich hatte unter dem Stichwort „Kriegserklärung 1914“ recherchiert und die erstbeste Zeitungsmeldung hierher kopiert; und die stand tatsächlich auf der von Mark Mallokent vermuteten Website. Gut kombiniert, Mark.
     
    Er vermutet mal so, das müsse nicht authentisch sein. Glücklicherweise wohnt man in der Nähe von Stuttgart, und dort, in der Württembergischen Landesbibliothek, wird man fündig. Unter der Signatur Z 65001 ist die „Frankfurter Zeitung“ als Mikrofilm einzusehen.
     
    Die Ausgabe Nr. 213, 1.Morgenblatt, Montag 3.August 1914 bringt auf der ersten Seite folgende Meldung:
     
    Berlin 2.Aug.; Nachdem die Kunde von der allgemeinen russischen Mobilmachung hierher gedrungen war, wurde der deutsche Botschafter in Petersburg beauftragt, die russische Regierung aufzufordern, die Mobilmachung gegen uns und unseren österreichischen Bundesgenossen einzustellen und hierüber eine bündige Erklärung binnen zwölf Stunden abzugeben.
    Dieser Auftrag ist nach einer Meldung des Grafen Portualès [deutscher Botschafter in Russland] in der Nacht vom 31.Juli auf 1.August ausgeführt worden.
    Falls die Antwort der russischen Regierung eine ungenügende sein sollte, war der deutsche Botschafter ferner beauftragt, der russischen Regierung zu erklären, daß wir uns als mit Rußland im Krieg befindlich betrachteten.
    Eine Meldung des Botschafters über die Antwort der russischen Regierung ist auf unsere befristete Anfrage hier nicht eingelaufen, ebensowenig eine Nachricht über die Ausführung des zweiten Auftrags, obwohl wir konstatiert haben, daß der russische Telegraphenverkehr noch funktioniert.
    […]
     
    http://www.stahlgewitter.com hat also richtig zitiert. Aber man kanns ja mal versuchen, Mark 😉
     
    Solchermaßen auf den Geschmack gekommen, findet man es dann eine ganz erfrischende Übung, auch einmal für selbstverständlich gehaltenes nachzuprüfen.
     
    Wie ist das nun mit der verheimlichten Kriegserklärung? Eine kurze, ganz unsystematische Suche ergibt folgendes:
     
    Am 3.August veröffentlicht die deutsche Regierung eine „Vorläufige Denkschrift und Aktenstücke zum Kriegsausbruch, dem Reichstage am 3.August zur Kenntnis vorgelegt“ der später im Jahr eine erweiterte Schrift folgt („Deutsches Weißbuch“)
     
    Sie enthält u.a. folgende Dokumente:
     
    Dringendes Telegramm an den deutschen Botschafter in Petersburg (31.Juli): „Trotz noch schwebender Vermittlungsverhandlungen und obwohl wir selbst bis zur Stunde keinerlei Mobilmachungsmaßnahmen getroffen haben, hat Rußland seine ganze Armee und Flotte, also auch gegen uns mobilisiert. Durch diese russischen Maßnahmen sind wir gezwungen worden, zur Sicherung des Reiches die drohende Kriegsgefahr auszusprechen, die noch nicht Mobilisierung bedeutet. Die Mobilisierung muß aber folgen, falls nicht Rußland binnen zwölf Stunden jede Kriegsmaßnahme gegen uns und Österreich-Ungarn einstellt und uns hierüber bestimmte Erklärung abgibt. Bitte dies sofort Herrn Ssasonow [russischer Außenminister] mitteilen und Stunde der Mitteilung drahten.“
    […]
    Dringendes Telegramm an den deutschen Botschafter in Petersburg (1.August, 12:52 nachm.): „Falls die russische Regierung keine befriedigende Antwort auf unsere Forderungen erteilt, so wollen Eure Exzellenz ihr heute nachmittag 5 Uhr (mitteleurop. Zeit) folgende Erklärung überreichen: [Folgt der französische Wortlaut der Kriegserklärung]. Bitte Eingang und Zeitpunkt der Ausführung dieser Instruktion nach russischer Zeit dringend drahten. Bitte Ihre Pässe fordern und Schutz und Geschäfte amerikanischer Botschaft übergeben“
     
    Am 4.August tritt der Reichstag zusammen. Der Reichskanzler schildert in der Eröffnungsrede die Ereignisse der vergangenen Wochen: „…Sollten wir jetzt weiter geduldig warten, bis etwa die Mächte, zwischen denen wir eingekeilt sind, den Zeitpunkt zum Losschlagen wählten? Dieser Gefahr Deutschland auszusetzen, wäre ein Verbrechen gewesen! Darum fordern wir noch am 31.Juli von Rußland die Demobilisierung, als einzige Maßregel, welche noch den europäischen Frieden retten könnte. Der kaiserliche Botschafter in Petersburg erhält ferner den Auftrag, der russischen Regierung zu erklären, daß wir im Falle der Ablehnung unserer Forderungen den Kriegszustand als eingetreten betrachten müßten. Der kaiserliche Botschafter hat diesen Auftrag ausgeführt. Wie Rußland auf unsere Forderung der Demobilisierung geantwortet hat, wissen wir heute noch nicht. Telegraphische Meldungen darüber sind nicht bis an uns gelangt, obwohl der Telegraph weit unwichtigere Meldungen noch übermittelte. So sah sich, als die gestellte Frist längst verstrichen war, der Kaiser am 1.August, nachmittags 5 Uhr, genötigt, unsere Wehrmacht mobil zu machen. …“
    (nachzulesen auch hier:
    http://www.reichstagsprotokolle.de/Blatt_k13_bsb00003402_00017.html)
     
    Also: Mindestens das Ultimatum mit angedrohter Kriegserklärung ist der Öffentlichkeit unmißverständlich bekannt gemacht worden. Für die deutsche Regierung ist die allgemeine Mobilmachung der russischen Streitkräfte ein Kriegsgrund (ich erörtere jetzt nicht, warum), und sie macht daraus gegenüber niemandem ein Geheimnis, im Gegenteil. Eindeutig wird festgestellt, daß, sollte Rußland die Mobilmachung nicht zurücknehmen, der Kriegszustand mit Rußland eintreten werde.
     
    Allerdings wird die dann tatsächlich erfolgten Kriegserklärung nicht mehr ausdrücklich erwähnt; das erscheint in der Tat eigenartig.
     
    Eine Erklärung könnte sein, daß, nachdem das Ultimatum ergangen und eine russische Antwort ausgeblieben war, die Feststellung des Kriegszustandes eigentlich nur noch eine Formsache war.
     
    Etwas anderes erscheint aber wesentlicher: Am Abend des 1.August, etwa gleichzeitig mit der Übergabe der deutschen Kriegserklärung, z.T. schon früher, hatten russische Truppen die deutsche Grenze überschritten (Belege folgen).
     
    Dabei handelt es sich kaum um größere Massen – die russische 1. und 2.Armee überschreiten die Grenze erst zwischen dem 17. und 20.August – sondern um Aufklärung und den, eher zaghaften, Versuch, die deutsche Mobilmachung zu stören.
     
    Nun verirren sich auch wilde Kosackenschwärme nicht so aus Versehen über die Grenze. Es war ihnen befohlen worden. Das dauert seine Zeit; und weil die Fernmeldetechnik damals noch in den Kinderschuhen steckte, dauert es noch länger. Der Befehl dazu muß deutlich vor der Übergabe der deutschen Kriegserklärung ergangen sein.
     
    Das deutsche Ultimatum war also mit der Eröffnung der Kampfhandlungen beantwortet worden, womit ohne weiteres der Kriegszustand zwischen Deutschland und Rußland eingetreten war.
     
    Die Kriegserklärung war damit gegenstandslos.
     
    Und das Telegramm an den österreichischen Außenminister?
     
    Staatssekretär erklärte mir soeben: Von Rußland ist keine Antwort auf deutsche Anfrage eingelangt.
    Russische Truppen haben die deutsche Grenze bei Schwidden (südöstlich Biala) überschritten.
    Rußland hat daher Deutschland angegriffen.
    Deutschland betrachtet sich daher im Kriegszustande mit Rußland.
    Deutscherseits erfolgt keine Kriegserklärung mehr.
     
    Der letzte Satz ist zugegebenermaßen etwas eigenartig. Aber es handelt sich hier nicht um die Äußerung des deutschen Staatssekretärs, sondern um eine Mitteilung des österreichischen Botschafters darüber (ein kleiner, feiner Unterschied). Berücksichtigt man dies und den aufs äußerste abgekürzten Telegrammstil, so scheint es doch etwas gewagt, auf diese einzelne Stelle, womöglich nur eine unglückliche Formulierung, eine so weitgehende Folgerung zu stützen wie Mark Mallokent es tut.
     
    So weit fürs erste. Vielleich mache ich in der nächsten Zeit noch ein paar Anmerkungen dazu. Der Fall ist interessant; was das Faktische angeht und darüber hinaus.
     
    Ach ja, noch was. Die oben zitierten Dokumente (Weißbuch, Reichstagsrede) sind auch in Schulthess‘ Europäischer Geschichtskalender für das Jahr 1914 (München 1917) wiedergegeben. Und auf den verweist Mark Mallokent in seiner Antwort an mich vom 14. November 2010, 20:35. Er kennt ihn also? So, so.
     
    P.S.:Dieser Kommentar sollte eigentlich vor dem vorhergehenden kommen; hat aber anscheinend nicht geklappt. Wenn er jetzt dreimal erscheint, das Überflüssige bitte löschen.

  64. Manfred,
    ich habe mehrmals versucht, noch einen weiteren Kommentar zu senden. Der erscheint aber nicht.
    Er ist etwas länger als der vorhergehende. Kann es sein, daß ich ihn in mehreren Teilen senden muß?

  65. Ich habe den Kommentar jetzt aus dem Spamfilter gefischt, in den er aus mir unbekannten Gründen vom System verschoben wurde. Pardon.

  66. Lieber Horst!

    Dafür, daß das Internet einen wesentlichen Teil seiner Wirksamkeit seiner Schnelligkeit verdankt, ist hier trotz Zeitverzuges ein riesiger Hammer eingeschlagen. Es handelt sich dabei um einen empirisch-wissenschaftlichen Hammer, der einschlug.
    Ich kann überhaupt nicht anders, als für diese sorgfältige und aufwendige Arbeit einen gewissen Neid aufzubringen. Alle Achtung!

    Trotz dieser wissenschaftlichen Herangehensweise und den sauber daraus gezogenen Schlüsse, bleibt ein kleiner Wehmutstropfen übrig: Und zwar ein psychologischer oder pädagogischer.
    Die Behauptungen, Quellen, Schlüsse und Beurteilungen des Mark Mallokent waren schlicht ungenügend. Man muß es sich meines Erachtens angewöhnen, solche Leute in die Pflicht zu nehmen, Quellen anzubieten und diese Quellen selbst sauber und folgerichtig zu analysieren und vielleicht dann Urteile auszusprechen.

    Es ist objektiv unmöglich, jeden veröffentlichten Unsinn (sei dieser Blödsinn nun Allgemeingut oder nicht) durch Gegenbeweise – sogar schon vorab – zu entkräften. Der massenhaften Dreistigkeit der Lügner oder Verbohrten muß man lernen durch die schlichte Frage nach dem empirischen Quellen-Nachweis und dem Stand der historischen Forschung zu diesem Thema zu entgegnen.

    Sie haben jetzt dankenswerterweise die „Hypothese“, genauer gesagt die Lüge, aus dem Bereich der möglichen Geschichtsinterpretationen ausgeschlossen. Aber Mark Mallokent hätte erstmal aufzeigen müssen, daß seine Behauptung überhaupt in den Kreis der ernstzunehmenden Thesen gehört. Das ist ihm ja im Ansatz nicht gelungen.

    Seine unschlüssigen Behauptungen waren ja schon verschieden: Das Volk sei belogen worden – also Reichsregierung „verbrecherisch“.
    K.u.k.-Regierung wurde belogen, also Reichsregierung verbrecherisch. – Alleine daran konnte man ja schon erkennen, um was es ihm ging: Um den Effekt.

    Herrn Mallokent ging es um das „Verbrecherische“ Deutschlands oder des Reiches oder seiner Regierung – und zwar mit allen Mitteln, Wahrheit oder Unwahrheit, Wissenschaftlichkeit oder dreiste Behauptung: Das spielt dabei keine Rolle. Glauben Sie nicht, Sie hätten Ihn überzeugt. Hier geht es nicht um Wissenschaft, sondern um Quasireligion, um politische Autoaggression.

    Ich denke man muß zurück zur einfachen Wissenschaftlichkeit: Was nicht schlüssig ist, ist irrelevant; was nicht belegt ist, ist ebenfalls irrelevant. Wir beschäftigen uns permanent mit irrelevanten Behauptungen. Es kann kein Mensch leisten, diese dreisten Behauptungen dauerhaft zu widerlegen, schon gar nicht mit dieser empirischen Sorgfalt und gedanklichen Sauberkeit, die Sie lobenswerter Weise an den Tag legten.

    Sie gehören zu der von mir als sehr selten wahrgenommenen Gruppe der Wahrheitsliebenden. Von Ihnen bin ich jederzeit bereit, auch Unangenehmes „zu schlucken“!
    Hier liegt allerdings der Unterschied zu Mallokent: Für mich ist die Wahrheit unangenehm, wenn Sie „die meinen“ in einem ungünstigeren Licht erscheinen läßt. Ich bin bereit dies zu akzeptieren und „zu schlucken“. Aber mich würde das nicht freuen und ich würde diese Dinge kaum wie eine Monstranz vor mir hertragen. Menschen, die dies tun, sind meines Erachtens quasireligiös motiviert: „Seht, ich bin heiliger als ihr und ohne Sünde!“ Oder anders noch primitiver und treffender: „Ich bin besser als Ihr!“

    Menschen, die aus eigener Kraft und eigener Wahrnehmung(!) bestenfalls zum Mittelmaß gehören, brauchen für ihr Stolzbedürfnis stärkeren Tobak, als die eigene Person es mit Leistung bewerkstelligen kann.
    Solche Leute beginnen mich zu amüsieren. Sie sind immer auf der anderen Seite der quasireligiösen Schlachtfelder zu finden: „Vorteile Europas“?, „Co2 als Klimakiller“?, „Deutsche Geschichte als Schuldgeschichte“? Nichts davon ist wissenschaftlich belegbar. Und: Es hat auch noch keiner versucht. Warum nicht? Weil es überhaupt nicht um die Sache geht, sondern um die quasireligiöse Selbsterhöhung.

  67. Noch eine Ergänzung zum quasireligiösen Phänomen der Selbstzerstörer und Selbstbeschmutzer. Ich vermute, bei den Autoaggressiven spielen noch zwei Dinge eine bedeutende Rolle.

    Erstens die eigene, individuelle innere Schwäche, eine Niederlage des „Wir“ zu ertragen. Dise Menschen brauchen ein „Wir“ (wie die meisten). Und man braucht das Gefühl, zu den Siegern gehören und wechselt das „Wir“ einfach aus. Bei den Linken und Neocons führt das zur Entnationalisierung gleichermaßen, die einen halten es abgestuft mit den „Kommunisten“ also den Siegern der Ostfront, die anderen mit den „Liberaldemokraten“, also den Siegern der Westfront. So einfach und primitv ist das. Das werte ich als eine schlichte Charakterlosigkeit und Eingeständnis innerer Schwäche.

    Zweitens ist natürlich auch hier das Christentum im säkularen Gewande am Werke. Hier wirkt das über Generationen und Jahrhunderte verinnerlichte Jesuwort – über den Splitter im fremden Auge, der zu übersehen sei und dem Balken im eigenen Auge den es als einziges zu beachten gelte – weiter fort. IN Zusammenhang mit den sich selbst abzuhackenden Händen, ein an sich schon autoaggressiver Akt. Und das obwohl man das äußere Religionsgebäude schon längst glaubt abgeworfen zu haben. Nichts zeigt die Unreflektiertheit des eigenen Verhaltens besser auf, als der äußere Kampf dieser Menschen gegen alle eigenen Traditionen und gegen das eigene überkommene Glaubensbekenntnis, um gleichzeitig deren Wirksamkeit orthodoxer als alle Pietisten und Konservativen zugleich vorzuleben.

    Auch die schlechten nationalen Charakterzüge der Deutschen, vor allem die geistig-moralische Überheblichkeit, in gutmütiger oder arroganter Form, lebt sich ausgerechnet in diesen Menschen ungebrochen ungebremst aus. Ich vermute, gerade diese „angeborene“ Überheblichkeit sucht sich als Ventil die Autoaggression. Sie geht mit dem säkularen Primitivchristentum und einem eingebauten Minderwertigkeitsgefühl ein hoffnungslose Melange ein.

  68. @ Manfred

    Ein Kommentar steckt wohl im Filter. Wäre schön, wenn er in Freiheit entlassen werden könnte 😉 ! – Danke!

  69. Noch eine Ergänzung zum quasireligiösen Phänomen der Selbstzerstörer und Selbstbeschmutzer. Ich vermute, bei den Autoaggressiven spielen noch zwei Dinge eine bedeutende Rolle.

    Erstens die eigene, individuelle innere Schwäche, eine Niederlage des „Wir“ zu ertragen. Dise Menschen brauchen ein „Wir“ (wie die meisten). Und man braucht das Gefühl, zu den Siegern gehören und wechselt das „Wir“ einfach aus. Bei den Linken und Neocons führt das zur Entnationalisierung gleichermaßen, die einen halten es abgestuft mit den „Kommunisten“ also den Siegern der Ostfront, die anderen mit den „Liberaldemokraten“, also den Siegern der Westfront. So einfach und primitv ist das. Das werte ich als eine schlichte Charakterlosigkeit und Eingeständnis innerer Schwäche.

    Zweitens ist natürlich auch hier das Christentum im säkularen Gewande am Werke. Hier wirkt das über Generationen und Jahrhunderte verinnerlichte Jesuwort – über den Splitter im fremden Auge, der zu übersehen sei und dem Balken im eigenen Auge den es als einziges zu beachten gelte – weiter fort. IN Zusammenhang mit den sich selbst abzuhackenden Händen, ein an sich schon autoaggressiver Akt. Und das obwohl man das äußere Religionsgebäude schon längst glaubt abgeworfen zu haben. Nichts zeigt die Unreflektiertheit des eigenen Verhaltens besser auf, als der äußere Kampf dieser Menschen gegen alle eigenen Traditionen und gegen das eigene überkommene Glaubensbekenntnis, um gleichzeitig deren Wirksamkeit orthodoxer als alle Pietisten und Konservativen zugleich vorzuleben.

    Auch die schlechten nationalen Charakterzüge der Deutschen, vor allem die geistig-moralische Überheblichkeit, in gutmütiger oder arroganter Form, lebt sich ausgerechnet in diesen Menschen ungebrochen ungebremst aus. Ich vermute, gerade diese „angeborene“ Überheblichkeit sucht sich als Ventil die Autoaggression. Sie geht mit dem säkularen Primitivchristentum und einem eingebauten Minderwertigkeitsgefühl ein hoffnungslose Melange ein.

  70. „Ich denke man muß zurück zur einfachen Wissenschaftlichkeit: Was nicht schlüssig ist, ist irrelevant; was nicht belegt ist, ist ebenfalls irrelevant.“

    Wer heute von „Chemtrails“ spricht, wird noch immer müde belächelt. Während der UNEP Konferenz ist Nagoya/Japan Ende Oktober wurde Geo-Engineering untersagt.
    http://euro-med.dk/?p=18229

    Sogenanntes Irrelevante muss nicht zwingend irrelevant sein. 😉

  71. @ submarine

    Na, denn mal los! Klären Sie mich auf! Ich habe keine Ahnung, was chemtrails sein sollen.

    Aber bitte trennen Sie Mögliches vom Wahrscheinlichen vom Sicheren. Und bitte nennen Sie Quellen.

  72. @ Meyer

    Das Lesen meines Links ist zwar mit Zeitaufwand verbunden, aber dort sind „Chemtrails“ erklärt und weitere Links über die Beschlüsse aus Nagoya als pdf. Sie verstehen, dass ich es nicht noch einmal beschreibe.

  73. @ submarine

    Bitte nicht persönlich nehmen!

    Ich habe den Link nicht geöffnet. Mir ging es mit der Aufforderung darum, aufzuzeigen, wie man eine wagemutige Behauptung doch mit einiger Seriösität vortragen könnte. Es war auf gewisse Habermas’sche Figuren gemünzt. Chemtrails wecken derzeit nicht so ganz mein Interesse. Es ist mein eigener Fehler, mich nicht dafür zu interessieren.

  74. Vielen Dank, Meyer.
     
    Sie haben natürlich recht, es ist gar nicht möglich, jeden Unfug, der dahergredet wird, einzeln richtig zu stellen. Eher könnte man das Meer mit einem Fingerhut ausschöpfen.
     
    Ich teile auch vollkommen Ihre Ansicht, daß man es sich angewöhnen muß, „solche Leute in die Pflicht zu nehmen, Quellen anzubieten und diese Quellen selbst sauber und folgerichtig zu analysieren und vielleicht dann Urteile auszusprechen.“
     
    Aber ich vermute, daß Mark Mallokent Ihr Insistieren gar nicht verstanden hat; er war anscheinend vollkommen überzeugt, mit diesem amseligen Telegramm seine Behauptung hinreichend belegt zu haben. Und indem ich ihm demonstriert habe, daß das nicht der Fall ist, habe ich ihn, wie Sie es verlangen, in die Pflicht genommen. Zugegeben, ein etwas aufwendiges Verfahren; aber im Einzelfall kann man es sich leisten. Außerdem hat es mich dann auch selbst interessiert; mit den diplomatischen Details hatte ich mich bisher weniger beschäftigt.
     
    Im übrigen bin Mark Mallokent fast ein wenig dankbar, daß er mir die Gelegenheit gegeben hat, mir hier etwas Reputation zu verschaffen. Denn wie gesagt wollte ich demnächst noch ein paar Anmerkungen machen. Z.B. zur Moralisierung der Politik oder Politisierung der Moral, und wie dabei unsere Position ist. Mancher macht es sich da zu einfach. Das kann man gerade am Ersten Weltkrieg gut aufziehen.
     
    Das Schreiben dauert bei mir aber immer ein Weilchen. Ich bitte um Geduld.

  75. Was Sie, Meyer, über die Motivation der „Autoaggressiven“ sagen, trifft im wesentlichen ebenfalls zu. Es gibt aber Abstufungen und Mark Mallokent scheint mir nicht der schwerste Fall zu sein.
     
    Ein Satz wie dieser „Schließlich empfinde ich mich durchaus als „Partei mit Deutschland“ und genau daher rührt auch mein möglicherweise von ihnen bemerkter Ärger, daß nämlich die deutsche Regierung 1914 ihr eigenes Volk betrogen hat.“ (13. November 2010 um 17:48) hat mich jedenfalls gehindert, gegen ihn wirklich grob zu werden (die zwei oder derei Spitzen, die ich mir nicht verkneifen konnte, sind hoffentlich so humorvoll rübergekommen, wie sie gemeint waren).
     
    Das ist noch lange nicht diese Totalverwerfung des Deutschen. Da ist, jedenfalls so wie es dasteht, noch der Schmerz über den Verlust zu erkennen, die enttäusche Sehnsucht, einem stolzen Volk anzugehören, das mit sich selbst im reinen ist. Und die sucht, nachdem das Unglück nun mal nicht wegzubeweisen ist, wenigstens die Illusion der Selbstbestimmung in maßloser Selbstkritik bzw. hier in dem Versuch, indem man die Führung verdammt, wenigstens das Volk (und natürlich sich selbst als den scharfsinnigen Kritiker) auf die „gute Seite“ hinüberzuretten. Thorsten Hinz hat das in seinem Buch ja brilliant analysiert. (Das Christentum muß ich aber in Schutz nehmen: die wirklich gläubigen Christen, die ich kenne, sind absolut keine Nationalallergiker.)
     
    Wir Rechten sind von solchen Anwandlungen auch nicht ganz frei. Der Haß auf die vaterlandslosen Gesellen hat manchmal was von einer Ersatzhandlung, wenigstens über den „inneren Feind“ will man triumpfieren. (Keine Sorge, ich komme jetzt nicht mit billiger Versöhnlichkei; es gibt Gestalten, die man wirklich nur hassen kann.)
     
    Lesen Sie mal diesen Aufsatz von Martin Lichtmesz:
     
    http://www.sezession.de/20514/anekdote-zur-psychologie-der-niederlage.html#more-20514
     
    Ich schlage vor, wir nehmen uns das zu Herzen, üben uns in christlicher Demut und patriotischer Pflicht und tragen ein wenig dazu bei, den beinahe hundertjährigen latenten Bürgerkrieg zu überwinden:
     
    Wenn es Manfred recht ist, sei Mark Mallokent eingeladen, sich weiter an der Diskussion zu beteiligen.
     
    (Ein wenig bescheidener müssen Sie aber schon werden, Mark Mallokent ;))

  76. Als Pedant müsste ich das, was ich oben zur Kriegserklärung sagte, in einem Punkt noch korrigieren und ergänzen.
     
    Aber nur wenns noch interessiert.

  77. Na klar! Nur zu.

    Im Übrigen halte ich das mit dem Begriff Mallokents, „Volk“, für einen Blendgranatenwurf. Nicht mit Deutschland identifiziert er sich, sondern mit dem „Volk“. (Das tue ich nuatürlich auch!) Meine Vermutung führt mich in die Richtung, daß man es hier mit einem „Antideutschen“ zu tun hat. Ich habe mal seinen alten Blog ergoogelt.

  78. Die Anektdote Lichtmesz‘ kannte ich.

    Zu seinem im Anschluß versöhnlichen Verhalten und seinem (sinnlosen) Diskussionsansatz bin ich charakterlich ungeeignet. Ich kann zwischen einem linken Autoaggressiven und mir kein „wir“ begründen. Da ziehe ich noch jeden türkischen Nationalisten oder Islamisten vor. Mit denen habe ich bedeutend mehr gemeinsam, als mit solchen Leuten, wie in der Anektdote Lichtmesz‘ oder als mit diesem Mallokent.
    In meinen Augen sind das keine Deutsche. Wer sich seiner eigenen Nation gegenüber feindlich verhält, ist in meinen Augen bedeutend schlimmer, als ein Fremder, der sich meiner Nation gegenüber feindlich Verhält.

  79. @ Meyer,
     
    was wir mit einer geglückten Wortbildung „Autoaggression“ nennen, ist in der Psychopathologie lange bekannt. Wer sich hoffnungslos im Zugriff eines überlegenen Feindes sieht, der wendet die zur Abwehr notwendige Aggression zuletzt gegen sich selbst, er identifiziert sich mit dem Angreifer und übernimmt dessen Wertungen (das sogen. „Stockholm-Syndrom“). Das scheint um so mehr der Fall zu sein, je höher der Anspruch an ein positives Selbstbild ist. Angeblich entwickeln vergewaltigte Frauen mitunter einen ausgesprochenen Schuld- und Minderwertigkeitskomplex.
     
    Ähnliches dürfte mehr oder weniger auch für Kollektive gelten. Der klassische Fall ist das antike Judentum. Nach dem Untergang seines Reiches, nach Exil, Fremdherrschaft und Zerstreuung, stand es vor einem ganz einfachen aber vernichtenden Dilemma:

    es gibt einen allmächtigen und gerechten Gott,

    die Katastrophe ist eingetreten und durch nichts aus der Welt zu schaffen.

    Dem Schluß: das Volk hat sich schuldig gemacht und wurde von seinem Gott zurecht bestraft, ist (psycho-)logisch eigentlich kaum zu entgehen. Nehmen wir dazu das Bewusstsein der Auserwähltheit, dann haben Sie den Grund dieser im Judentum oft zu treffenden Melange aus Zerknirschung, Hysterie und Selbstüberhebung. (s. z.B. : Theodor Lessing, Intellekt und Selbsthass, Edition Antaios, Kaplaken 5 oder Hans-Dieter Sander, Die Auflösung aller Dinge. Zur geschichtlichen Lage des Judentums in den Metamorphosen der Moderne, München ca. 1990)
     
    Setzen Sie statt „Gott“ eben „gerechte Weltordnung“ oder „Sinn der Geschichte“, und wir sind beim deutschen Miserabilismus von der „widerlegten Nation“ (bei gleichzeitiger wilder Entschlossenheit, aller Welt moralisierend auf die Nerven zu gehen). Stefan Scheil bekam Post von ganz entgeisterten Lesern, die ihm schrieben, wie unerträglich es für sie sei, die Katastrophe von 1945 nicht als Vollzug eines moralischen Vergeltungsmechanismus, sondern als Ergebnis ganz banaler Machtkämpfe sehen zu müssen.
     
    Ein leererer Himmel scheint etwas so Entsetzliches zu sein, daß die meisten dieser Perspektive selbst um den Preis der Würdelosigkeit entgehen wollen. (Das scheint ein Grund zu sein, warum die Autoaggression unter Christen – ich meine: den wirklich gläubigen – eher nicht vorkommt; ist jedenfalls meine Beobachtung.) Freuen wir uns, daß Sie und ich da anscheinend anders gestrickt sind. Aber der durchschnittliche „Autuaggressive“ ist doch eher ein spätes Opfer des großen Oorlogs, ein Kriegsversehrter sozusagen; also mehr zu bedauern als zu hassen. Die Feindschaft spare ich für andere auf.
     
    Na gut, ich habe gerade meine philantropische Phase; geht vorbei. 😉
     
    Falls Mark Mallokent wirklich so ein Hardcore-Antideutscher sein sollte, wäre allerdings Hopfen und Malz verloren. Vielleicht läßt er sich hier ja noch mal sehen; dann sehen wir mal.
     
    Aber jetzt will ich noch meinen Nachtrag zur Julikrise anbringen. Nicht, daß noch einer irgendwo ins Messer läuft, weil er sich auf mein Geschreibsel da oben verlassen hat. 😉
     

  80. Ich habe oben geschrieben, daß am Abend des 1.August 1914 russische Truppen die deutsche Grenze überschritten hatten, der Befehl dazu also möglicherweise bereits vor Übergabe der deutschen Kriegserklärung gegeben worden war. Diese Angabe ist verschiedentlich in der Literatur zu finden (z.B.: Hermann Stegemann, Geschichte des Krieges, Stuttgart 1917 ff, Bd.1, S. 54; Gerd Schultze-Rhonhof, Der Krieg, der viele Väter hatte, München 2003, S. 45), allerdings ohne Belege.
     
    Tatsächlich verzeichnen die Kriegstagebücher verschiedener zur Grenzsicherung eingesetzter Truppenteile (z.B. Dragoner-Regiment Nr.10, Friedensstandort Osterrode/Ostpreußen) Feindberührung bereits am Abend des 1.August .
     
    Dies widerspricht aber den Quellen für die russische Seite. In seiner, übrigens ganz vorzüglichen, Arbeit weist G.Frantz (a.a.O. S.46f und S.234f Anlagen 80 und 81) nach, daß den russischen Befehlshabern mehrfach eingeschärft wurde, daß die Feindseligkeiten erst auf einen besonders zu erlassenden Befehl hin eröffnet werden dürften. Dieser Befehl, jedenfalls der für den Militärbezirk Warschau, erging aber erst am 2.August 2:30 früh, also 7 ½ Stunden nach der deutschen Kriegserklärung (ebd. S.47 und S. 242 Anlage 89)
     
    Wie das zu erklären ist muß im Augenblick Spekulation bleiben. G.Frantz weist allerdings darauf hin, daß seine Quellenbasis nicht ganz lückenlos ist (ebd. S. VIII f).
     
     
    Der Ablauf des Geschehens in den Hauptstädten stellt sich folgendermaßen dar:
     
    In St. Petersburg übergibt der deutsche Botschafter Graf Portualès auftragsgemäß am 1.August 19:00 (17:00 mitteleurop. Zeit) die Kriegserklärung an den russischen Außenminister Ssasonow.
     
    Er meldet den Vollzug des Auftrages um 20:00 (18:00 mitteleurop. Zeit) telegraphisch nach Berlin. Dieses Telegramm kommt dort aber nie an; sei es wegen einer technischen Panne, sei es, weil die Russen die Telegraphenverbindung bereits getrennt haben.
     
    In Berlin bleibt die Reichsregierung also ohne Nachricht darüber, ob der Kriegszustand tatsächlich besteht. Diese Ungewissheit belastet die Beratungen über das weitere Vorgehen erheblich.
     
    Bis 4:00 laufen Meldungen ein, daß russische Truppen die Grenze überschritten und u.a. einen Angriff auf den Bahnhof von Johannisburg (Ostpreußen) unternommen haben.
     
    Um 4:30 wird der Kriegszustand mit Rußland öffentlich bekannt gemacht.
     
    (Gerhard Ritter, Staatskunst und Kriegshandwerk, München 1960, Bd.II, S. 329-335;
    Clive Ponting, Thirteen days, the road to the First World War, London 2002, S. 293 u. 269)
     
     
    Das Telegramm des österreichischen Botschafters an seinen Außenminister, das Mark Mallokent so triumpfierend geschwenkt hat, erklärt sich damit ganz zwanglos: Es gibt den Kenntnisstand vom 2.August wider als man noch keine Nachricht vom Botschafter in Petersburg hatte, aber wegen der Überschreitung der Grenze durch russisch Truppen wußte, daß der Kriegszustand definitiv eingetreten war.

  81. Muß man diese Dinge wirklich aufrollen wie einen Prozeß? Ein bisserl mehr „right or wrong, my country“ täte den Deutschen heute gut…

  82. Es ist doch wurscht ob die Deutschen eine Kriegserklärung in dreifacher Ausführung beim Amt für die Kriegserklärungen abgegeben haben, diese in alle Sprachen und Geschlechtergerecht sowie Niemandendiskriminierend generierten und damit dann Nach Paragraph soundso den Krieg begonnen haben mit dem Befehl:
    „Wir haben den Auftrag erhalten, den Krieg zu beginnen.“ Blödsinnige Paragraphenreiterei ist das. Was soll dieses dämliche Gelabere? Das Deutsche Reich war ein Konkurrent der Briten, Franzosen und Russen, das Pack hat sich vertragen und auf Deutschland eingedrescht. Dabei haben sie sich zwar selbst zerstört und die Macht verloren aber dennoch..
    Auch 1945 sind schlichte Machtkriege basierend auf Ressourcenkonflikte und sonst nichts. Was soll diese dämliche pathologisierung? Womit das alles begründet worden ist, ist letztendlich egal. Das diente nur dem Volk damit es mobilisiert wird.
    Und man kann Gott nicht einfach ersetzen, jedesmal wenn das getan worden ist, kam es zum Krieg.
     
    Templarii

  83. Guten Abend ML,
     
    Warum denn nicht? Sie kennen doch sicher Ernst von Salomons  Der Fragebogen
     
    Gönnen Sie mir doch den Spaß, diese aufgeplusterte Rechthaberei gegen die Fakten laufen zu lassen. Einmal wenigstens.
     
    Dabei hätte ein Quellenzitat sicher genügt; aber stellen Sie sich das doch mal bildlich vor: Da hält sich einer für einen scharfsinnigen Forscher, weil er mal eine Quellenedition in der Hand gehabt hat und schleudert gebieterisch die Blitze seiner historical correctness – und als Antwort eine knochentrockene, endlose Untersuchung zu einem winzigen Detail.
     
    Ist das nicht saukomisch ?

  84. A propos “right or wrong…“
     
    die Post-45er-Historiographie unterstellt ja nicht nur, daß wir die Welt erobern wollten – das würde mich gar nicht stören – , sondern daß wir uns dabei auch noch ziemlich dämlich angestellt hätten – und das stört mich sehr.
     

  85. Horst,
    sie wissen nicht mal ob die Dokumente, von denen Sie sprechen, korrekt sind. Sie wissen nicht ob das alles ist was dazu zu sagen ist. Besonders im Bezug auf die Kriegsschuld wurde wohl sehr viel gelogen, gedreht und zerstört.
    Das die Loisitana absichtlich geopfert worden ist, und das Deutsche Reich in einer Zeitungsannonce gewarnt hat dort einzusteigen, wird auch nicht erzählt. Oder ist das auch eine Lüge? Wer weiss das schon?
    Sie vergessen das nach 1945 die Siegermächte alles so gebogen haben wie sie e wollten. Sie vergessen das die Deutschen 1918 sich vom Schlachtfeld zurückzogen, das sie auf die Versprechungen Wilsons gehofft haben, sie vergessen das 1968 passiert ist.
    Dafür präsentieren Sie mir ein Dokument in dem der Satz „von einer Kriegerklärung wird abgesehen“ steht. Das ist der Dreh- und Angelpunkt ihrer Argumentation. Oder sie Unterstellen das die Deutschen zu blöd waren um zu verstehen das der Krieg ausgebrochen war und die böse Deutsche Regierung hat den Deutschen verschwiegen das die Deutschen eine Kriegserklärung abgegeben haben. Von Betrug der Regierung an den Deutschen ist gar die Rede? Worin lag der Betrug?
    Selektive Wahrhemung und sleektive Denkrichtung nenn ich das. Sie sind wie ein frustriertes Weib, das ein Gefüh hat und diesem Gefühl „fakten“ unterlegen will.
    Sie wären wohl auch der erste der sich über den „Betrug“ der Deutschen Reichsregierung beschwert hätte, wenn sie die Kriegserklärung gar nicht  brachten, oder zu früh odre sonst was.. Kleingeistige Bedenkenträger nennt man das. Sie sollten vielleicht Streichhölzer nach Grösse sortieren.
     
    Templarii

  86. Aufgrund chronischen Zeitmangels:

    @ Horst.
    1. Stockholm-Syndrom: Diesen Begriff verwende ich. Gerade in der modernen Leistungspsychologie gibt es den mystifizierungsansatz als erklärung. er wirkt wie eine Religion.
    2. christentum: Ich wende mich nicht gegen das Christentum, sondern gegen ein
    a) säkulares (primitives) Christentum und
    b) ein öko-pax-Christentum. Das Christentum erhält eine seine psychische Funktionalität vielleicht in einem faustischen Sinne.
    3. Historie: Sie gehen genau richtig vor. Quelle. Analsye. Und eines abschließenden, gar moralisierenden Urteils enthalten sie sich. Ich freue mich, daß es jemand so genau nimmt.

    @ Templarii und ML
    Es gibt doch zwei akzeptable Anätze. Einen redlichen Ansatz der Wissenschaftlichkeit à la Horst. Oder den Grundsatz „in dubio pro reo“, selbst dann, wenn man in Zweifelhafter Absicht nach „Schuld“ suchte.
    „Right or wrong, my country“ stimmt zwar hundertprozentig. Dies ist aber ein Beurteilungssatz, wonach moralische, ethische, religiöse oder rechtliche „Schuld“ hinter dem politisch-existenzialistischen NOTWENDIGKEITEN des nationalen Zusammenstehens zurückzutreten haben. Das ist ein machtpolitischer Satz. Wer dagegen verstößt, wie Mallokent, tut dies mit selbstzerstörerischer Absicht.

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