Armin Mohler: "Gegen die Liberalen"

Rezension

Armin Mohlers Streitschrift „Gegen die Liberalen“ ist ein ausgesprochen rezensentenfreundliches Buch: Im Grunde braucht man nicht viel zu rezensieren; Zitate, verbunden mit einigen Kommentaren, genügen:

Wer ist ein harmloser Rechter?

Wenn Sie mit einem „Rechten“ zu tun haben, so suchen Sie herauszubekommen, wer sein Feind Nr.1 ist. Sind es die Kommunisten, so haben Sie einen von Grund harmlosen Menschen vor sich. (…) Wenn der Mann jedoch auf die Liberalen gespitzt ist, wird die Sache ernsthafter. Denn dieser Rechte hat einen Feind, der bereits innerhalb der Burg agiert und unsere Abwehr so weich macht, daß der äußere Feind eindringen kann.

Feindschaft gegen Liberale gilt vielen Leuten als anstößig. Um an einer ganz anderen Ecke anzufangen: als mir einmal einige Bosheiten gegen allzu verrückte Ökomanen über die Lippen rutschten, schaute mich eine sympathische Dame in mittleren Jahren entsetzt an. Sie fragte mich mit vorwurfsvollen Augen: „Ja, macht das Ihnen denn keine Freude, wenn die Vögelein pfeifen?“ Darauf fiel mir nun wirklich keine Antwort ein. Ähnlich kann es einem gehen, wenn man etwas gegen die Liberalen sagt. Dann kommen gleich die halb verständnislosen, halb empörten Fragen: „Sind Sie denn gegen die Freiheit?“ (…) Ich komme nicht darum herum zu sagen, weshalb ich gegen die Liberalen bin … . Und mehr noch: weshalb sie für einen Konservativen meiner Art der Feind Nr. 1 sind. Mit einem Linken kann ich mich unter Umständen noch verständigen, denn nur zu oft hat er eine Teilwahrheit für sich. Mit dem Liberalen jedoch kann es keine Verständigung geben.

Der Grund liegt meines Erachtens darin, dass der Marxist wenigstens bei der Diagnose von einer empirischen Analyse ausgeht. Die muss im Einzelfall nicht richtig sein, aber der Marxist lässt die Wirklichkeit wenigstens als Argument gelten, solange es um die Diagnose des Ist-Zustandes geht; im Wolkenkuckucksheim der Utopie verschwindet er erst, wenn es um die Therapie geht. Der Liberale lebt von Anfang an im Wolkenkuckucksheim.

Was er daher nicht einmal als Möglichkeit in Betracht ziehen kann, ist die Dialektik des Liberalismus: dass Freiheit nicht ihre eigenen kulturellen Voraussetzungen hervorbringen kann, dass diese historisch gewachsen sind und vom Liberalismus als politischer Ideologie höchstens zerstört werden können.

Das eigentliche Problem des Liberalismus ist, daß eine liberale Praxis nur möglich ist, wenn gewisse Traditionsbestände an Gewohnheiten und tief eingerasteten Sitten noch vorhanden sind, mit deren Hilfe die Gesellschaft ihre Schwierigkeiten meistert. Salopp gesprochen: sechs konservative Jahrhunderte erlauben es zwei Generationen, liberal zu sein, ohne Unfug anzurichten. Sind aber jene Bestände in der permissiven Gesellschaft einmal aufgezehrt, so werden die bestgemeinten liberalen Parolen zu Feuerlunten.

Ein Liberaler kann das nicht sehen, weil Gesellschaft für ihn die Summe von Individuen ist. Entsprechend fremd ist ihm das Gesetz der unbeabsichtigten Rückwirkungen: Wer für die Freiheit eintritt, kann niemals Unfreiheit bewirken, Liberalismus also auch niemals in Totalitarismus umschlagen; Intoleranz ist in den Prämissen der liberalen Doktrin nicht explizit enthalten, kann also auch niemals Konsequenz ihrer schrittweisen Verwirklichung sein. Was ungefähr so intelligent ist, als wollte man behaupten, der Gulag könne nichts mit dem Marxismus zu tun haben, weil er bei Marx ja nicht vorgesehen sei.

Die Erfinder des Liberalismus sind allesamt Opfer der verbreitetsten Geisteskrankheit, die es gibt: des Intelligibilitätswahns. … Sie besteht darin, daß man das, was man im Kopf hat, mit der Welt als Ganzem identifiziert. (…) Man könnte darüber lachen – aber der Wahn hat seine Folgen. Der von ihm Befallene weiß genau, was das Gute und Richtige ist und wie man es auszuführen hat. Daß das Leben den Zick-Zack-Gang geht, weiß er nicht. (…) Er weiß den Weg, er sagt den Weg, er zeichnet ihn selbstbewußt mit kräftigen Strichen in eine Landkarte ein, die nur aus einer weißen Fläche, ohne Konturen und ohne Farbe, besteht.

Wer nicht so genau hinsieht, hält dieses Portrait des den Abstraktionen verfallenen Liberalen natürlich für überzogen. Hat der Liberale nicht als höchsten Wert, von dem all sein Denken ausgeht, das Individuum? Gibt es etwas konkreteres als das Individuum? Nun – der Kritiker des Liberalismus, der nicht bloß nan Symptomen herumdoktert, sagt: das Individuum gibt es gar nicht. Es ist eine Erfindung. Die Vorstellung eines autonomen „Individuums“, wie sie den Liberalen so am Herzen liegt, ist die schlimmste aller Abstraktionen. Es ist geradezu banal, das festzustellen: Jeder Mensch steht in einem Lebenszusammenhang, von dem aus er denkt und reagiert. Er ist in seiner Familie verwurzelt oder in der Bindung an andere Menschen … . Er verhält sich im Hinblick auf die geschichtliche Situation, in der er sich befindet, und im Hinblick auf die Aufgabe, die er sich gestellt hat. (…) „Individuum“, wie die Liberalen es sich vorstellen, ist er höchstens mitten in der Nacht, wenn er um drei Uhr erwacht, alles um ihn herum reglos ist … und er das Gefühl hat, in nichts verwoben und verwickelt zu sein. (…)

Das Drei-Uhr-morgens-Denken entwirft die Welt mit leichter Hand neu, denn die vorhandene Welt ist viel zu kompliziert. Also denkt man sich eine einfachere Welt aus, in der alle Rechnungen aufgehen. Eine Welt frei von Unlösbarkeiten – eine Welt, auf die man jene Kleingruppen-Moral anwenden kann, wie man sie in der Familie zur Geltung zu bringen sucht (und nicht einmal hier immer mit Erfolg). Situationen, in denen es nur verschiedene Arten von Scheitern gibt, in denen keine Gerechtigkeit möglich ist, wo nur Wunden bleiben – das vermag der Liberale sich gar nicht zu denken. Er hält an seiner Bilderbuchwelt fest; wenn wir nur an sie glauben, so wird diese Welt wirklich, in der alles seine glatte Lösung findet.

Wirkliche Individuen und ihre Bedürfnisse spielen keine Rolle, jedenfalls nicht, sofern sie zu den „Bildungsfernen“, zum „Bodensatz“, zu denjenigen gehören, denen man diverse „Phobien“ attestiert, kurz: sofern sie nicht von der Ideologie verblendet sind und deshalb noch wissen, was jahrtausendelang für jedermann eine Selbstverständlichkeit war: dass Freiheit nur so lange existieren kann, wie sie nicht exzessiv in Anspruch genommen wird, und dass Toleranz nur so lange eine Tugend ist, wie man Ausnahmen von der Regel toleriert, nicht aber die Regel abschafft.

Wer es also vorzieht, in einer vertrauten Umgebung zu leben, unter Menschen, die er als vertrauenswürdig empfindet, weil sie sich an dieselben Normen halten wie er selber, ist per definitionem ein „Phobiker“, der die Freiheit des Anderen einschränken will. Der Liberalismus geht vom wirklichen, empirischen Individuum so wenig aus wie der Marxismus von der wirklichen Arbeiterklasse. Ohne es auszusprechen, teilt er menschliche Bedürfnisse in legitime und illegitime. Statt zuzugeben, dass man nicht alles gleichermaßen tolerieren kann, und dass die Toleranz gegenüber dem einen seine notwendige Kehrseite in der Intoleranz gegenüber dem Entgegengesetzten hat, flüchtet er sich in die Konstruktion, er sei ja nur intolerant gegnüber der Intoleranz. Und sofern diese Intoleranz etwas mit der Natur des Menschen zu tun hat, muss eben diese Natur bekämpft werden.

Die Feindbestimmung gegenüber dem „Rechten“ ist die notwendige Folge einer solchen Ideologie:

Der Linke kann, bei einiger Anstrengung, noch in das liberale Koordinatennetz eingeordnet werden – schließlich glaubt er irgendwie noch an den guten Menschen (den von drei Uhr in der Frühe). Der Rechte jedoch ist der absolute Spielverderber. Einerseits ist er das mit seiner illusionlosen Anthropologie; er sieht nun einmal im Menschen ein ausgesprochenes Mängelwesen, das der Abstütztung durch Institutionen, aber auch durch tief verankerte leib-seelische  Bindungen bedarf.

Demgemäß kann man mit dem Rechten auch nicht das Spiel spielen, auf Kritik an jeder neuen Normaufweichung mit einem treuherzigen „Warum nicht?“ zu reagieren, mit dem der Liberale sonst jedem nichtrechten Kritiker das Maul stopft, weil er ihn vor die Alternative stellt, die Frage entweder mit einer soziologischen Analyse zu beantworten (was die meisten nicht können – und die, die es können und tun, stellen frustriert fest, dass der Liberale aufgrund einer Art von ideologischem Autismus außerstande ist, auch nur zu verstehen, was man ihm sagt), oder eben den Mund zu halten. Das ist das, was ich in meinem vorherigen Artikel, die Beweislastumkehr genannt habe; es handelt sich um eine Selbstimmunisierungsstrategie des Liberalismus. Rechte wirken auf Liberale arrogant, weil sie sich deren ideologische Prämissen nicht aufzwingen lassen. Da Liberale aber anders als auf der Basis dieser Prämissen nicht diskutieren können, diskutiert man eben überhaupt nicht mit ihnen.

Die Bekämpfung des „Rechtsextremismus“ gilt dabei keineswegs den Rechtsextremisten selbst, sondern den Konservativen; sie dient dazu, ein Menschenbild zu bekämpfen, das weder utopistisch noch zynisch ist:

Zwei Politologen, Dudek und Jaschke, waren in ihrem 1984 erschienenen Buch über den „Rechtsextremismus “ so töricht, die Katze aus dem Sack zu lassen. Eine Art Gesetzestafel auf dem Umschlag verzeichnete die Werte, an denen man einen Rechstsextremisten erkenne (und die demnach zum „nächsten Auschwitz“ führen: „Vaterland – Ordnung -Ehre – Reinheit – Fortschritt – Moral – Nation – Heimat -Treue – Boden – Sitte – Kraft – Reich – Natur – Wachstum – Anstand – Kameradschaft“.

Rechtsextrem ist, was den Menschen zu Tugenden motivieren könnte, die über die einer Amöbe hinausgehen.

So, nun aber genug der Zitate, sonst bekomme ich womöglich Ärger mit dem Herausgeber. Mohler hat sein Buch zweifellos ganz bewusst so geschrieben, dass Liberale es nicht nur nicht verstehen, sondern nicht einmal zu verstehen glauben, was darin steht. Das ist sehr ökonomisch; der Autor erspart sich damit die Diskussion mit den Kritisierten, die normalerweise jede Kritik zwanghaft in das Korsett ihrer eigenen Ideologie quetschen, um dann ihre Mantras herunterzubeten, weil der Kritiker ja offenkundig den Liberalismus falsch verstanden habe.

Allen Anderen sei das Buch empfohlen.

45 Gedanken zu „Armin Mohler: "Gegen die Liberalen"“

  1. „er sieht nun einmal im Menschen ein ausgesprochenes Mängelwesen, das der Abstütztung durch Institutionen, aber auch durch tief verankerte leib-seelische  Bindungen bedarf.“
     
    Der Mensch braucht Gesetz und Besitz, genug Besitz, um davon zu leben, wenn er ein gutes Maß an Arbeit auf ihn verwendet.
     
    Jede Gesellschaft beginnt als freie Gesellschaft, gebildet von Menschen, welche genug besitzen, um davon zu leben.
     
    Sie werden von der Natur bereichert. Und weil sie dankbar sind, beginnen sie alsbald damit mehr herzustellen als sie brauchen und werden also durch ihre Arbeit selbst zu Bereichernden.
     
    In dem Moment nun, in dem einige Menschen anfangen, ihr Überleben von dieser zunächst freiwilligen Bereicherung abhängig zu machen, beginnt eine Gesellschaft ihre Freiheit zu verlieren, bis am Ende jeder zu bestimmten Taten gezwungen wird, damit andere ihr Leben so leben können, wie sie es erwarten.
     
    Alles weitere fällt in den Bereich, welchen der Mensch schätzt und nicht direkt braucht. Offensichtlich wird dieser Bereich indes bei fortschreitender Unfreiheit aufgerieben.

  2. Leider sehe ich, daß die Lage etwas komplexer ist, als Armin Mohler zugibt. Komplexer in diesem Sinne soll aber nicht heißen, daß man gedanklich vor dieser Komplexität resignieren müßte. Aber erstmal muß man sehen, was das Gegenteil des Liberalen ist.

    Der Liberalismus schafft im Frieden Güter und eine wirtschaftliche Basis, wie kein anderes System. Konkret: Krauss-Maffei baut einen Leopard 2 und Siemens baut die Kraus-Maffei-Produktionsanlagen. Die Deutsche Bank finanziert und beteiligt sich mit Kapital bei beiden. Der Staat schöpft von einer möglichst freien Wirtschaft effektiv einen Teil der Produktivität mittels Abgaben ab und kauft die Leopards. Die empirisch effektivste Gesellschaftsordnung für diesen Vorgang scheint mir der permissive Liberalismus und die Bürgerlichkeit als Zivilordnung. Hier ist die Armee eine Unterkategorie des Staates. Hier dürfte man empirisch wohl regelmäßig eine multireligiöse/laissez-faire Ordnung ausmachen, also eine Nicht-Ordnung.

    Der Liberalismus schafft aber nicht den Menschen, der Kriege führt oder glaubhaft Abschreckungswirkung entfaltet. Das alleine schafft nur ein wirklicher Konservatismus. Die empirisch wirksamste Gesellschaftsordnung, um möglichst viele Kämpfer mit hohem Kampfwert zu gerieren, bedarf einer restriktiven und bisweilen totalitären Gesellschaftsordnung, in welcher der Staat eine Unterkategorie der Armee ist, als Streitkräftebasis, als Versorgungs- und Erziehungssystem also als materielle, finanzielle und personelle Ergänzungsinstitution der Armee. Nach Martin van Creveld, Aufstieg und Untergang des Staates, München 1999, also Altpreußen oder Sparta als Idealtypen. Diese Staaten dürften historisch-empirisch in der Tendenz monoreligiös sein. Aber sicher verschlafen diese Staaten auch regelmäßig neue Entwicklungen, die sie früher oder später Untergehen lassen, so 1918 Deutschland, darauf 1940 Frankreich. Beide hielten aus Gründen der Kämpfertugenden an Kriegsprinzipien fest, die sich überholt hatten.

    An dieser Stelle läßt sich auch der Libertarismus kritisieren, dem ich in vielen Einzelforderungen durchaus nahestehe, aber nicht im ganzen.
    Hans-Hermann Hoppe, Demokratie – Gott, der keiner ist, 2. Aufl., Waltrop/Leipzig 2003, meint, daß alle wirklichen Konservativen aus zwingenden Gründen libertär sein müßten, um wirklich konservativ zu sein. Sein Irrtum besteht bereits in seinem Grundaxiom, der Eigentumsgarantie und körperlichen Unversehrtheit.
    Er verwechselt diese „Axiome“ mit einem Ziel, das zu erreichen ist und verschweigt dabei die anthropologische Komponente: Beide „Grundaxiome“ sind recht neue Erscheinungen. Tatsächliches Grundaxiom eines Konservativismus muß also die Grundbedingung sein, die Eigentum und Unversehrtheit erst erlauben, die erstmalige oder wiederholte Zueignung, und zwar durch Gewalt und Herrschaft.
    Sein bürgerliches Denken ist aufgrund der Abgeschlossenheit Amerikas ja auch verständlich. Er denkt in rein innenpolitischen Kategorien, die Maximalkatastrophe wäre ein Bürgerkrieg. Ein Mongolensturm, wie ihn Asien, Europa und Japan kennt, ist für ihn undenkbar. Desgleichen ein existenzieller Krieg. Eine Kriegergesellschaft würde jederzeit eine libertäre kontinentale Gesellschaft vernichten. Würde die libertäre Gesellschaft durch freie Bürgerwehren geschützt, so würden sie nie die nötige Kampfkraft entwickeln, um sich gegen professionelle Feinde à la Louis IX. zu schützen. Bedienten sie sich „Sicherheitsunternehmen“, so würden diese modernen Landsknechte aufgrund der tatsächlichen Macht, die sie entfalten, schnell die Herrschaft übernehmen und einen Staat aufbauen, der eine libertäre Nicht-Ordnung hinwegfegt.
    Würden die Bürgerwehren aber so effektiv gemacht werden, daß sie einer fremden und gut organisierten Macht auf Dauer etwas entgegenhalten können, so würde der Libertarismus selbständig – aus Sachzwang – abgeschafft, weil dazu harte Disziplin, ein straffes Erziehungssystem, das den Individualismus und Egoismus aberzieht, notwendig ist.
    Der Libertarismus scheitert also bereits im Denkansatz, zumindest für alle Gesellschaften, die sich außerhalb von Insellagen befinden.

    Heute:
    Unser parlamentarisch-liberales System erzeugt weder Schutz nach Innen, da es hochverschuldet ist, noch nach außen, weil der Kampfgeist fehlt, verbietet aber gleichzeitig den Bürgern, sich selbst effektiv zu schützen. Da der Staat selbst weitestgehend wehrlos und (deshalb?) moralisch-ästhetisch völlig unattraktiv ist, muß er seine Bürger entwaffnen, um überhaupt seine Herrschaft durchzusetzen. Die liberal-individualistischen Freiheiten werden immer weiter eingeschnitten, um eine Scheinsicherheit und seine Herrschaft aufrecht zu erhalten und gleichzeitig die Menschen mit Brot und Spielen zu sedieren, deren ökonomische und moralische Lebensgrundlage er selbst raubt.
    Der heutige Staat ist liberal (zu den Gegnern und Ausnützern des Systems – aus Schwäche) ohne die ökonomisch-materiellen Vorteile des Liberalismus effektiv zu nutzen und er ist zunehmend totalitär (um seine Schwäche zu kaschieren und kompensieren) ohne die Vorteile eines repressiven Systems zu erzeugen: die Wehrhaftigkeit nach Außen und eine disziplinierende Ordnung nach Innen.
    Der Westen ist also an der falschen Stelle liberal und an der falschen Stelle totalitär. Ob sich gerade Gegenbeispiele etablieren, ist abzusehen: China sicher, vielleicht auch Israel, zunehmend die Türkei.

    Der Libertarismus hat wenigstens den Vorteil, den unselbständig und träge gewordenen Menschen die Verantwortung für sein Überleben zurückzugeben, damit den Kern des Lebens. Aber will keine Ordnung gerieren, die durch Macht dauerhaften Frieden durch effektive Werhaftigkeit schafft. Der Mensch ist aber nicht bloß ein auf das Überleben begrenztes Tier. Diese Behauptung würde nicht ein einziges Jahr tatsächliche Menschheitsgeschichte erklären. Er ist zum Kampf gemacht! Gegen die Natur, gegen andere Menschen und gegen sich selbst, seine Faulheit und Dummheit.

    Hochphasen aller einzelnen kontinentaleuropäischer Länder gingen empirisch-historisch immer mit einer hohen Wehrhaftigkeit einher, an Deutschland bestens abzulesen. Preußen hat mehrfach in seiner Geschichte massiv die Steuern gesenkt, dadurch höhere Wirtschaftentwicklung erhalten und mehr Geld erzeugt, das in die Aufrüstung gesteckt wurde, bspw. unter dem Soldatenkönig in die Infanterie. Es war die Frühphase des Pietismus. Gleiches unter dem großen Kurfürsten. Es war selbstverständlich ein militaristischer und damit eben auch ein wehrhafter Staat. Und die 68iger haben auch völlig recht: In Preußen war eine Art Frühfaschismus angelegt, von Anbeginn an; aber eben nicht nur, sondern auch eine Art Liberalismus. Und recht hatten sie. Dieses Erfolgsmodell ist auf heute angepaßt zu übernehmen oder die Krise, die systemisch und existenziell ist: es ist die Krise des Lebensuntüchtigkeit, wird etwas neues oder das Ende bereithalten. Vielleicht beides zusammen.

    Der Mensch, zumindest der Mann, ist dazu da, um zu kämpfen. Eine Ordnung die dieses negiert, ist gegen die menschliche Natur gerichtet. Jede Ordnung, die dieses menschliche Wesen wird gegen eine andere Ordnung, die existenzialistischer in diesem Sinne ist, verlieren. Auch das kann man aus der Geschichte ablesen.

    An der Ausbreitung des Islam als ein Kriegs- und Eroberungssystem kann man vieles Ausmachen: die strukturelle Schwäche des Westens und die Stärke einer so primitiven Gesellschaftsordnung, hier wie in Afghanistan. Die Wehrhaftigkeit, die Kämpfernatur des Menschen muß in jeder Gesellschaftsordnung den deutlichen Vorrang vor dem Liberalismus haben, sonst kommen stärkere Ordnungen. Aber ohne Liberalismus wird man nie die Güter erzeugen, nie die Wissenschaft erlangen, die nötig sind, um an der Spitze zu stehen.

    Das ist ein schmaler Grat, der zu gehen ist. Und deswegen hat Armin Mohler zwar grundsätzlich recht, aber nur in der einschränkenden Weise, daß es ohne ein Mindestmaß an permissivem Liberalismus kaum geht, der repressive Konservativismus aber absoluten Vorrang haben muß.

  3. @Meyer.
     
    Bei aller „Romantik“, welche ich mir erlaube, übersehen Sie nicht die technische Entwicklung?
     
    Wozu müssen Soldaten diszipliniert sein, wenn sie nur noch halb- und vollautomatische Vernichtungsmaschinen steuern bzw. in Gang setzen?
     
    Und glauben Sie mir, es ist kein Vorteil, wenn finanzielle Interessen von Rüstungsfirmen die Art der Rüstung bestimmen. An wirklich guten Waffen haben die überhaupt kein Interesse.

  4. »Mensch, Meyer!«, kann ich da nur ausrufen …

    Wie es sich so oft mit geharnischten Beiträgen verhält, hat auch der Ihre mit vielen, ja den meisten Diagnosen recht — nur bei der Therapie, da hapert’s halt ein bisserl heftig. Sie propagieren also, wenn ich Sie richtig interpretiere, einen vorrangigen »repressiven Konservativismus«,der aus dem Staat eine efektive Kampfmaschine macht, gemischt mit ein bisserl »permissivem Liberalismus«, damit dem janzen Zeuch nicht der Sprit ausgeht.

    Kurze Gegenfrage: und in sowas wollen Sie ernstlich leben? Das schwebt Ihnen wirklich als erstrebenswerter Gesellschaftsentwurf für Europa vor?

    Sie können nun sicherlich genug Belege hervorzaubern, daß das alles in der Geschichte so und ähnlich gelaufen ist … die Ägypter und die Perser, die Griechen und die Römer, die Römer und die Germanen, die Slawen und die Mongolen, die … — nur: die Geschichte wiederholt sich nicht! Höchstens, wenn überhaupt, so ungefähr … und immer durch den geänderten technologischen Stand ebenso geändert. Das war früher (als die Entwicklung weit langsamer verlief) noch nicht so sichtbar, spätestens seit dem 2. Weltkrieg jedoch sind Quantensprünge der Entwicklung eingetreten, die jede Wiederholung fast zur Unkenntlichkeit verblassen lassen.

    Nehmen Sie z.B. „das zweite Vietnam“, da (je nach Geschmack) im Irak oder in Afghanistan angesiedelt werden kann. Und jetzt vergleichen Sie: wieviele US-Soldaten kostete der Vietnamkrieg das Leben, und wieviele (besser: wie wenige) Irak und Afghanistan zusammengenommen.

    Vietnam ist heute, auch ohne besonders nennenswerte Rohstoffvorkommen, ein beinahe boomender Schwellenstaat — können Sie sich dergleichen in Afghanistan oder dem Irak (ohne das Erdöl) auch nur annähernd vorstellen? Wohl kaum. Ist nun Vietnam deshalb erfolgreich, weil es repressiven Konservativismus betreibt (und dadurch z.B. mit seiner Militärmacht die Roten Khmer vernichtete), oder wegen seines permissiven Liberalismus, der den Welthandel bedient. Die Antwort liegt auf der Hand, würde ich sagen …

    Um aber in Ihren Vorstellungen kurz weiterzudenken: was, bitteschön, hab‘ ich davon, wenn ich den Islam dadurch bekämpfe, daß ich bei uns eine dem Islam ähnliche repressive Kampfmaschinerie installiere? Cui bono? Da kann ich ja gleich den Islam importieren — und ob mir der sprichwörtiche Reserveleutnant von Zitzewitz im Kasernenhofton mitteilt, daß ich Scheißzivilist gefälligst das Maul zu halten habe, oder der Musel mich als ungläubiges Christenschwein bezeichnet, ist letztlich auch schon egal. Also — wozu det janze?

    Ich habe es schon öfters gesagt: die Bekämpfung des Islam gelingt nicht durch Übernahme seiner Fehler, sondern indem man ihn von innen angreift. Daß das geht, bezweifelt zwar unser geschätzter Blogautor — aber ich teile seine Zweifel eben nicht ganz. Sicher — es wird nicht einfach (aber was ist das schon im Leben). Doch wenn ich daran denke, daß (wie ich vor einigen Monaten las) jene Länder mit der höchsten Internet-Pornokonsumrate weltweit Pakistan und Saudi-Arabien sind, dann ist mir klar, daß dort zwar die Fassade noch steht, aber dahinter das Haus längst zerbröselt. Ein paar Jahre (oder höchstens Jahrzehnte) noch, und die sind genauso korrumpiert wie wir, würde ich sagen. Und wer lange genug Pornos geguckt hat, fragt sich halt, ob irgend so’n (pardon l’expression) Wichser mit ein paar Keksen auf der Schulter, der mich zu Heldenmut und in den Heldentod hetzen möchte, sich nicht besser einen runterholt (sorry, wenn ich zartbeseitete Gemüter durch die ungeschminkte Wortwahl geschädigt haben sollte. Es wird ggf. noch öfter vorkommen). Und wer so fragt, ist kein Kanonenfutter mehr, sondern versucht irgendwie durchzulavieren. Damit gewinnt man keine Kriege (v.a. keine Angriffskriege) …

    Unser Problem ist, daß die Großmächte (und hier meine ich v.a., ja fast einzig: die USA) in Wahrheit null Interesse haben, im Nahen Osten die »repressiv konservativen« Regimes zu beseitigen. Sie haben sich mit denen bestens arrangiert, denn bis der Islam Amerika erobert, dauert’s noch lang — und je früher die lästige Schmutzkonkurrenz aus Europa, das trotz militärischer Bedeutungslosigkeit noch immer das Innovationszentrum der Welt ist (denn die USA sind nur dort erfolgreich, wo sie europäische Experten und Ideen gekauft haben, und sind mittlerweile technologisch längst auf dem besten Weg zu einem „Nigeria mit Atombombe“, um ein Diktum von Helmut Schmidt abzuwandeln), durch die Museln plattgemacht ist, desto besser.

    Nun, ich gestehe es offen: ich lebe gern in Europa. Und ich will nicht Europa islamischer, amerikanischer oder sonstwas machen, sondern lieber die Welt europäischer — das heiß: weniger großklotzig, diversifizierter, nuancenreicher. Daß das nicht ohne gewisse militärische Stärke gehen wird, ist evident. Aber die Gewichte müssen anders verteilt sein, als in Ihren Entwurf, geschätzter Kollege Meyer! Nicht dominant Kaernenhof, mit gerade soviel Börse, wie zum Erhalt der Weltmachtstellung unbedingt nötig, sondern genau umgekehrt: soviel Börse wie möglich, mit genau soviel Zitzewitzens, als man braucht um die eigenen Handelsinteressen zu schützen. Und den Weltpolizisten brauchen wir nicht zu spielen. Wenn Schwarzafrikaner ihren Frauen die Klitoris beschneiden, so finde ich das zwar sehr abartig, aber es zu änden steht auf meiner Agenda der Weltverbesserungsvorschläge nicht ganz oben — wir Europäer wurden auch nicht durch humanitäre Sendboten aus Timbuktu darüber aufgeklärt, unsere ortsansässigen Hexen nicht länger zu verbrennen, sondern sind irgendwann von selbst draufgekommen, daß das ein ziemlicher Mumpitz ist …

    Das, was uns kaputtmacht, ist nicht fehlender Konservativismus — ach Gott! Konservative wachsen doch auf den Bäumen. Jeder Mensch ab 40 ist im Grunde irgendwie »konservativ« — sondern die mehrköpfige Hydra aus Sozialstaat (der uns u.a. den üppigen Zuzug von arbeitsscheuen Kültürbereicherern beschert), Fiskalstaat (der nur sinnlose Bürokratien füttert), Nannystaat (der unsere eigentlich dafür immer noch erstaunlich hohe Innovationsneigung lähmt) und Überwachungsstaat (der unsere persönliche Freiheit ruiniert). Wenn das alles in einem selbstreferentiellen System miteinander innigst verhaberter Machtstrukturen (und Brüssel ist nichts anderes) einbetoniert ist, dann führt das zur Katastrophe.

    Um diese zu vermeiden brauchen wir aber keinen Ollen Fritz oder Napoleon, sondern Besinnung auf Eigenverantwortung, Selbstdisziplin, Sparsamkeit, Tüchtigkeit & Co. — jene belächelten »Sekundärtugenden« also, ohne die man sich die löblichsten »Primärtugenden« rektal applizieren kann, weil sie dann schlicht nicht durchführbar sind. Und diese Sekundärtugenden sind nun mal keine militärischen von der Sorte »dulce et decorum est pro patria mori«, auch keine religiösen von der Sorte »Seelenheil retten«, sondern kaufmännische. Genuin »liberale«.

    Wem das zu wenig heroisch ist, der kann ja nach Afghanistan gehen, wo die Männer noch Männer sind, sich nicht davor grausen, gebackene Hammelaugen zu essen, und Frauen steinigen, wenn sie unverschleiert zum Brunnen gehen. Und natürlich gaaanz tapfer sind, jawolllll …

  5. Da kann ich ja gleich den Islam importieren — und ob mir der sprichwörtiche Reserveleutnant von Zitzewitz im Kasernenhofton mitteilt, daß ich Scheißzivilist gefälligst das Maul zu halten habe, oder der Musel mich als ungläubiges Christenschwein bezeichnet, ist letztlich auch schon egal.

    Werter Le Penseur, das ist sehr wohl ein Unterschied! Der sprichwörtliche Reserveleutnant ist nämlich ein Vertreter meines Volkes, der von eben jenem mit der Autorität ausgestattet wurde, die er ausübt. Der „Musel“ ist ein Feind. Ein äußerer Feind.
    Kennen Sie diesen kleinen Essay?
    http://fjordman.wordpress.com/2010/01/28/die-nwo-der-kleinen-leute/
    Unser Problem ist, dass wir verlernt haben den Feind als Feind zu betrachten. Ihr gesamtes Gerede von „wenn wir genauso böse wie der Islam werden, dann können wir uns auch ergeben“ kenne ich nur zu gut, ich habe selbst lange Zeit so gedacht. In dem Maße, in dem das Gefahrenpotential steigt wird allerdings das Überleben wichtiger als die Feinjustierung (also nicht wie, sondern nur ob). Im Übrigen können wir nie ein System erschaffen, das „so ist wie der Islam“, um das zu verstehen genügt eine Lektüre des „Dschihadsystems“ vom Blogbetreiber.
    Die Gefahr, und darum geht es ja in dieser neuen Diskussion um den Liberalismus, besteht nicht darin, dass wir wieder einem Kaiser oder Gröfaz hinterherlaufen (aber interessant zu sehen wie sehr das auch Kritiker der linken Hetzer verinnerlicht haben), sondern darin, dass der Individualismus und die Vereinzelung uns so sehr schwächen, dass der Islam die Lücke füllt.
    Insofern stimme ich Meyer vollkommen zu.
    Manfred, zu Deinem Kommentar eine kleine Anmerkung:

    sexuelle Vulgarität fast schon eine religiöse Pflicht

    Das „fast“ würde ich streichen.

  6. @Ferdinand.
     
    Kaufmännische Tugenden werden nicht durch sozialen, sondern durch ökonomischen Zwang durchgesetzt.
     
    Das liegt doch auf der Hand. Wenn sie nicht dabei hülfen ökonomisch zu bestehen, wie könnten sie dann kaufmännische Tugenden sein?
     
    Meiner Ansicht nach gibt es freilich schon viel zu viele Kaufmänner.

  7. @ Le Penseur:

    Ein paar Einwände: Erstens findet der offensive Dschihad nicht im Nahen Osten statt – außer gegen Israel -, sondern in Europa. Die US-Streitkräfte zerstören vielleicht den Islam (obwohl ich das entschieden bezweifle) in seinen Stammländern, aber sie verhindern nicht, dass er Europa erobert. Zweitens findet er zwar noch auf der Mikroebene statt, in Schulen, auf der Starße, in der U-Bahn, aber schon jetzt wäre es besser, wenn es mehr Einheimische gäbe, die bereit und in der Lage wären, auf Gewalt auch mit Gewalt zu antworten; erst recht, wenn die Entwicklung noch zwanzig Jahre weitergeht und es tatsächlich zum Bürgerkrieg kommt. Drittens wird der Islam nicht durch Pornokonsum zerstört, denn sexuelle Enthaltsamkeit und Selbstzucht predigt er für Männer gerade nicht – nur für Frauen. Man kann durchaus Islamist sein und Pornos konsumieren. Für uns ist das schwer vorstellbar, weil im Christentum Religiosität mit der Forderung nach sexueller Disziplin einhergeht; bei einer Religion, deren Stifter neun Ehefrauen hatte, die gefangenen Frauen massakrierter Feinde zwecks Dauervergewaltigung seinem Harem einverleibte und eine Neunjährige entjungferte, ist sexuelle Vulgarität fast schon eine religiöse Pflicht – man könnte ja sonst in den Verdacht geraten, dem Propheten nicht eifrig genung zu folgen. 😀

  8. Und diese Sekundärtugenden sind nun mal keine militärischen von der Sorte »dulce et decorum est pro patria mori«, auch keine religiösen von der Sorte »Seelenheil retten«, sondern kaufmännische. Genuin »liberale«.

    Und welcher Liberale ist bereit, als Verbreiter dieser kaufmännischen Sekundärtugenden zu dienen bzw. sie gar mit contrainte social durchzusetzen?

  9. Sehr geehrte Herren, Fremder aus Elea und LePenseur!

    Dem ersteren möchte ich entgegnen, daß Ihre Aussagen bezüglich der Rüstung nicht stimmen. Mehr möchte ich dazu nicht äußern, solange Sie Ihre Behauptungen nicht mit Beispielen unterlegen. Diese werde ich dann mit ein wenig Kenntnis widerlegen. Eine Maschine zu bedienen, verlangt grundsätzlich keinen Mut. Sich aber der Gefahr des Getötetwerdens auszusetzen sehr wohl. Noch hat es keinen Krieg auf dieser Welt gegeben, der von Robotern entschieden wurde, weder von menschlichen noch technischen.

    Dem zweiten möchte ich sagen, daß Sie die liberale Ordnung zu recht schätzen und daß Sie selbst in ihrem Kommentar genügend Gründe vorbringen, warum sie dennoch alleine, ohne ihren starken und älteren Bruder, dem Konservativismus, der erst eine wirkliche richtungsweisende Ordnung und höheren Sinn geben kann und die notwendige mentale Wehrhaftigkeit erzeugt, nicht überleben wird und in Vergangeheit nicht überlebt hat. Vom echten Liberalismus, gerne Libertarimus ist unser westliches System sicher noch zu trennen, wie ich oben schrieb.

    Sie zeigen auch nicht auf, wie sich der geistig und mental wehrlose Westen gegen eine solche primitive Erobererkultur durchsetzen soll. Wir werden ja noch nicht einmal mit den Schwachköpfen fertig, die sich mit dem Islam ins Bett legen. Nirgendwo hat die Wirtschaftskraft des Westens jemals einen Konflikt nur mit ihrem Wohlstand und Waffenmaterial gewonnen. Sie führen dazu viele Beispiele auf. Selbst die Amerikaner wären mit unseren Großeltern nicht fertiggeworden, wenn sie nicht die „Manpower“ der Sowjets gehabt hätte und die Sowjets hätten bereits im ersten Kriegsjahr verloren, wenn sie nicht längst durch die Amerikaner aufgerüstet gewesen wären. Ein totalitäres und ein liberales System haben uns nur gemeinsam niederringen können, weil sie ihre jeweiligen Vorteile gegen uns ausgespielt haben.

    Ich wähne Sie auch einem linken Zerrbild Preußens aufgesessen, wie der vielbemüthe Herr von Zitzewitz beweist.
    Für Sie beide nehme ich mit einiger Sicherheit an, daß Sie mit dem Militärischen nicht vertraut sind und daher die Vorteile und die Nachteile auch nicht aus eigener Kraft abwägen können, sondern auf fremde Beurteilungen angewiesen sind, die wie so häufig fremden Interessen dienen. Das schiefe Bild der deutschen Streitkräfte der Geschichte kommt von der Entnazifizierung und Entpreussifizierung der Westalliierten und der geschickten Dauerpropaganda von Links und den DDR-Einflußnahmen seit 1945. Sie sind aus meiner Sicht Opfer einer Einflußnahme, die seit 1945 darauf angelegt ist, uns wehrlos zu machen. Selbst Sie, deren Meinungen ich ja oft teile und gerne lese, tragen dieses unbewußt weiter.
    Bei fast allen Themen scheinen Sie sich von der Mediengewalt und deren unterschwellige Einflußnahme emanzipiert zu haben. Bei diesem, dem schwersten Thema, letztlich dem von Freiheit, Leben und Tod scheint das nicht ganz gelungen.

    Von Leuten wie Ihnen hängt es ab, ob wir eine Chance haben. Wenn Sie meinen, daß MIT dem Liberalismus als Leitbild, eine Chance besteht, so zeigen Sie auf worin diese bestehen soll. Die Wahrscheinlichkeit, aus der Empirie gibt uns in diesem desolaten Zustand keine Chance.
    Englische und amerianische Vorbilder taugen nichts. Sie haben aufgrund ihrer Insellage und DARAUS gewachsenen äußeren Sicherheit ganz andere Möglichkeiten, sich ihren Schwächen hinzugeben. In Mitteleuropa bedeutet diese Schwäche das Ende; für uns, das Ende Deutschlands. Das Ende Europas ist bereits 1945 eingetreten. Die EU besiegelt dieses Ende bloß. Für mich steht jede politische Verwendung des Begriffs Europa für alles, was ich an Grundsätzen ablehne.

    Ich – für meine Person – bin nicht bereit, für Menschen einzustehen, die sich SELBST nicht wehren wollen. Die absehbare Unfreiheit dieser Menschen und der absehbare Untergang deren Kultur begrüße ich. Mit jedem, der sich nicht einem abwendbaren Schicksal ergeben will, bin ich bereit zusammenzustehen und wenn es ein von Zitzwitz ist, umso lieber. Und wenn man bei der Abwendung ein wenig über das Maß hinaus geht, so bin ich selbst dagegen, halte das aber nicht für existenziell, sondern bloß für unschön. Unter dem notwendigen Maß an Wehrhaftigkeit und Kraft zu bleiben, wird zwingend das Ende bedeuten.

    Selbst der Begriff Deutschland ist für mich nur pure Romantik, wenn sich dahinter nichts anderes verbirgt, als dieses lächerliche Gebilde Bundesrepublik. Wenn Deutschland noch mehr ist, nämlich der Wille sich selbst nicht aufzugeben und sich zu behaupten, dann stehe ich zu diesem Wort und dieser einen Idee, die dahintersteht: sich nicht Fremdbeherrschen zu lassen, auch nicht von einer europäischen Ideem in deren Gewande die Fremdherrschaft verschönt werden soll. Und ich ziehe diesem Scheinstaat jeden vergangen Staat vor, dessen Wesen in der Selbstbehauptung lag und nicht darin, einer möglichst großen Anzahl von Individuen ohne weiteren Zweck zu gefallen und für die Polit-Okkupanten ein paar Prozente und gefühlte Macht abzuwerfen.

    Wenn diesem Deutschland der Wille fehlt, weiterzuleben, so soll es untergehen. Vielleicht wird dieses Ideal Deutschland von anderen mal weitergetragen, vielleicht auch nicht. Sein Schicksal ist abwendbar und deshalb wird es seinen Untergang verdient haben, der bei gleichbleibenden Lauf sicher kommt.

    Daher stehen wir nur mit einem Beine im gleichen Boot. Mit dem anderen steh ich näher an dem Islam und den Taliban, so merkwürdig das klingt, da ich ja gerade diese herauswerfen will, als an Ihnen. Denn diese beiden haben immer wieder ihre Lebenskraft bewiesen. Der „Westen“ in der heutigen Form ist gerade mal 60 geworden und wird weitere 60 aufgrund seiner Strukturfehler nicht überstehen.

    Preußen war in den Jahren nach 1648 die beste Verwirklichung der beiden an sich gegenläufigen Prinzipien, die sich grundlegend widersprechen und sich doch bedürfen, um dauerhaft zu überstehen.

  10. @ Manfred
    Sexuelle Enthaltsamkeit ist die Wiege der Leistungsfähigkeit, im miltärischen, wie im zivilen.

    @ LePenseur
    Schill und Gneisenau hätten Kolberg mit Krämerseelen nicht verteidigt. Nein, Nettelbeck und seine Bürger waren die tapferen Kämpfer unter der Führung guter Offiziere, wie fast jeder Mann zu einem Kämpfer wird, wenn er gefordert wird und eine echte Chance hat. Die Taliban werden in den Bergen Afghanistans den Steinzeitislam noch pflegen, nachdem jedes Unternehmen der westlichen Welt, inclusive der Staaten selbst, längst in Konkurs sind.
    Ich sage Ihnen voraus, daß Ihre Erkenntnis diesbezüglich noch selbständig wachsen wird. Es ist vielleicht zu Teilen auch eine Art Selbsterkenntnis. Im Übrigen halte ich Unternehmermut und Soldatenmut für vergleichbar.
    Auch sollten Sie wissen, daß alle erfolgreichen Führungsmodelle in den größeren Unternehmen vom Militär kommen.

  11. Wir sollten uns nicht einreden lassen, dass die Bejahung des Liberalismus als Ideologie dasselbe sei wie die Bejahung einer freiheitlichen Ordnung; ich lasse mir jedenfalls nicht nachssgen, ich sei gegen die Freiheit, nur weil ich den Liberalismus kritisiere. Der Punkt ist folgender: Eine freiheitliche Ordnung kann nur so lange existieren, wie die Freiheit nicht von jedermann exzessiv missbraucht wird. Liberalität im Sinne einer toleranten Geisteshaltung (im Unterschied zu Liberalismus als utopischer Ideologie) besteht darin, Ausnahmen von der Regel und Abweichungen von der Norm zu tolerieren. Wird dies aber so weit getrieben, die Abschaffung und Auflösung von Regeln und Normen zu propagieren, dann zerstört die freiheitliche Ordnung sich selbst.

    Ein Beispiel: Niemand kann gezwungen werden, Patriot zu sein, wenn er das nun einmal nicht empfindet. In einer freiheitlichen Ordnung muss es erlaubt sein, keinen Patriotismus zu empfinden. Wenn aber das ganze Volk aus Leuten besteht, denen das Schicksal ihres Landes egal ist, dann geht das Land über kurz oder lang unter.

    Um dies zu verallgemeinern: Die Normverletzung und Regelabweichung zu tolerieren ist nur so lange möglich, wie es hinreichend viele Menschen gibt, die sich an die Norm halten. Bestimmte Werte, Normen, Regeln und Bindungen müssen in der Gesellschaft mit einer gewissen Selbstverständlichkeit vorausgesetzt werden können, damit eine liberale Ordnung existieren kann.

  12. @Meyer.
     
    Sie erinnern mich ein wenig an Platon, wenn er schreibt, daß, wenn es auch eine Lüge wäre, daß man gerecht am glücklichsten im Leben werde, es doch gut sei, sie zu glauben.
     
    Ich ziehe es vor, mich hier kurz zu fassen, weil es meinen handfesten Interessen gänzlich zuwider liefe, hier ins Detail zu gehen.
     
    Nur so viel. Erstens, so lange der Staat Wettbewerbe für Waffensysteme ausschreibt, mag es gut gehen, wenn hingegen Rüstungsindustrielobbyisten dem Staat ihre Produkte aufschwatzen, kann es nicht gut gehen. Und zweitens, was hindert denn die Niederlande daran eine Million Kampfdrohnen zu fertigen? Und dann?
     
    So ist es schon seit dem Ende des ersten Weltkrieges, wie Ernst Jünger es am Ende von „In Stahlgewittern“ festhielt, daß die Kriege der Zukunft mechanische Schlachten sein würden und daß es nicht mehr auf die Masse der Soldaten, sondern nur noch auf kleine spezialisierte Einsatztrupps ankommt.
     
    Und was die Rüstung in der SU unter Stalin angeht, Hitler selbst hat sie unvorstellbar genannt. Daß die SU zeitweise von amerikanischen Importen abhing ist mir auch zu Ohren gekommen. Aber wenn Sie Ihren Punkt verteidigen wollen, dann machen Sie ihn besser nicht an Masse, sondern besser an Klasse fest.
     
    Eine freie Wirtschaft ist in der Breite innovationsfreudiger als eine gelenkte und aus dieser Breite entwickeln sich neue Technologien, aber im Speziellen, insbesondere bei Rüstungsinteressen, ist eine gelenkte der freien in der Zusammenführung der bestehenden Technologie zum besten Waffensystem überlegen. So kann man es sagen. Und es ist eines der schlagendsten Beispiele für den inhärenten Wert von Freiheit und Vertrauen, daß ein Übermaß an Ordnung langfristig erstickend wirkt.
     
    Aber abgesehen davon, kommen wir auf die Millionen Kampfdrohnen zurück. Das Metall ist da, es werden sogar im größeren Maßstab Autos gefertigt. Es wäre durchaus machbar, wenngleich womöglich mit kurzfristiger Verschuldung, aber was soll’s?, darüber muß man sich dann ja keine Gedanken mehr machen.
     
    Meinen Sie, eine tapfere menschliche Streitmacht hätte eine Chance?
     
    Amerika gewinnt seine Kriege nicht, weil es Strafaktionen sind, keine Kriege. Ein Krieg in unserer heutigen Zeit führte mit Sicherheit zum Genozid etlicher Völker. Die Idee hinter dem amerikanischen System ist, daß man einerseits mit Geld lockt und andererseits dort, wo die Dickköpfe in der Überzahl sind, bombt, bis sie es nicht mehr sind.
     
    Dies ist seit 1945 so. Man hat sich darauf geeinigt, daß derjenige ein Land seiner Interessensphäre einverleiben darf, welcher durch Propaganda, Geld und „militärische Hilfe“ die Bevölkerung dazu bringen kann, ihn als Hegemon zu akzeptieren.
     
    Ein Auslöschen der Bevölkerung mit anschließender Inbesitznahme des Landes ist nicht erlaubt.
     
    Jedenfalls sind die Dinge seit 1945 so gelaufen.
     
    Eingedenk dessen, sind zwei Dinge wichtig.
     
    1. Die Fähigkeit zu besitzen, die Bevölkerung ganzer Länder auszulöschen, um dafür zu sorgen, daß Kriege begrenzt bleiben.
     
    2. Daß die eigene Identität und die eigenen Interessen fest im eigenen Volk verwurzelt sind. Dann kann man sogar Pazifist sein, so lange noch mehr als eine Macht mächtig genug ist, die ganze Erde in Schutt und Asche zu legen.
     
    Betrachten Sie Indien als Beispiel. China könnte Indien jederzeit besetzen, aber es gewönne dadurch nichts. Und was die moslemische Unterwanderung angeht, die wurde bereits zurückgeschlagen.
     
    Der Durchschnittsinder glaubt nicht an Hollywood. Mehr braucht es eigentlich nicht als das.

  13. So lange lese ich diesen Blog jetzt noch nicht und bin mir nicht sicher, ob ich hier in ein Fettnäpfchen trete, aber die antiangloamerikanische Haltung, die sich in Beiträgen und Kommentaren letztens relativ ungeschminkt zeigt, ist etwas seltsam. Täusche ich mich da, oder ist der Angriff auf den Liberalismus schlicht der Angriff auf das Modell der amerikanischen Verfassung, und den enormen Einfluss, den sie wie überhaupt der Pragmatismus in der Welt geübt haben?
    Weil im Beitrag bei der Diagnose von Empirie gesprochen wurde, es gibt hervorragende Modelle, wo man sich das Wolkenkuckucksheim gut ansehen und mit parallel existierenden Strukturen vergleichen kann:
    Hongkong vs. das China der 70er
    Südkorea vs. Nordkorea
    Dominikanische Republik vs. Haiti
    Südafrika vs. Restafrika
    Tschechoslowakei vor dem 2. Weltkrieg vs. nachher
    usw usf.
     
    Ohne Zweifel haben sich erstere Staaten doch der Globalisierung und dem (Neo)-Liberalismus geöffnet? Rechtstaatliche Strukturen und damit Recht auf Unversertheit von Körper und Eigentum sind vielfach erst dann entstanden?
    Ich bin mir schon der tendenziellen Gefahr des Liberalismus bewusst, diese ganzen Angriffe auf sämtliche transzendentalen Werte wie Familie, Nation, usw., aber immerhin verhindert er doch in weiten Teilen den genozidalen Kollektivismus, der im Konservatismus leider auftauchen KANN?
    Will hier niemanden angreifen, (das habe ich bereits gelernt 🙂 ), aber interessieren würde es mich schon.

  14. @Zam. Hitler war sicherlich kein Liberaler, aber konservativ war er auch nicht.
     
    Womit belegen Sie Ihre Behauptung, daß Genozid in einer konservativen Gesellschaft auftreten kann?
     
    Oder noch allgemeiner gefragt, womit belegen Sie die These, daß Konservatismus Kollektivismus beinhalten kann?
     
    Konservativ, also Hamburg 1890 oder die Schweiz, kann ich beim besten Willen nicht damit in Verbindung bringen.
     
    Wenn Sie aus dem europäischen Kulturraum stammen, müßten Sie eigentlich wissen, daß Europas Vergangenheit nicht so aussah, wie sie es unterstellen und daß das Auftauchen dieses Phänomens, des genozidalen Kollektivismus, eine neue Sichtweise auf die Bevölkerung eines Staates zur Voraussetzung hat, nämlich die Bevölkerung als dynamisch, als formbar zu betrachten, was auch erst durch Massenmedien und Massenfertigung möglich wurde.
     
    Der Geist hinter diesen Dingen ist nicht konservativ. Er ist sogar das, was Sie heute allen Alternativen vorwerfen, nämlich utopisch.
     
    Ihre Sichtweise ist die eines Amerikaners, auf die amerikanische Geschichte fokussiert, ohne Bewußtsein tieferer oder alternativer Traditionen.

  15. @ Ein Fremder aus Elea
     
    Ich glaube, meine Vermutung rührt daher, dass Konservatismus immer Gefahr läuft, diesen leicht atavistischen Beiklang zu entwickeln. Und viele Erinnerungen aber, die uns zu dieser besseren, reineren Vergangenheit führen sollen, appellieren an ein kollektives Bewusstsein. Sie haben es gesagt: Als es durch die Massenmedien möglich wurde, an dieses Bewusstsein Dauerbotschaften zu senden, hatte man den einen der zwei Sozialismen. (Und Shintoismus und den wiedererstarkten Wahhabismus usw.)
     
    Um nicht missverstanden zu werden, ich finde viele der konservativen Ideen toll, besonders die, dass der Mensch ein defizitäres Wesen sei und für Platon´s Phantasie und der seiner endlosen Schülerreihe nicht geeignet. (Hier muss ich wieder ein bisschen sticheln, das waren fast alle Kontinentaleuropäer.)
     
    Es bedürfe durchaus einer Wiederbelebung, aber liege ich vollkommen falsch, wenn ich dem unreflektierten Konservatismus einen latenten Hang zum Sozialismus unterstelle, es sei denn, es gibt den Gegencheck durch fundamentale liberale Prinzipien? Ist nicht auch die Sippenhaftung ein konservatives Prinzip?
     
    Ich musste im Übrigen grinsen, als ich das mit der amerikanischen Sichtweise gelesen habe, das stimmt wohl. Im Übrigen bin ich aber auch erst 27 und willig zu lernen, im Moment spricht da aus mir sicher noch der Neocon. 🙂

  16. @Zam. Wenn man es genau nimmt ist das Zusammengehörigkeitsgefühl im Konservatismus das einer Schicksalsgemeinschaft, bedingt zumeist dadurch, daß man sich nunmal am selben Fleck niedergelassen hat.
     
    Erst später ist die nationale Komponente dazu gekommen. Und es muß als historischer Zufall betrachtet werden, daß Nationen anfingen, ihre Identität mythisch zu definieren, auf die Zeit der Urahnen zurückzuverweisen. Das war eine Mode damals, bedingt dadurch, daß man sich von der älteren Staatlichkeit des Mittelalters distanzieren wollte und zu dem Zweck noch wieder hinter dieses zurück ging.
     
    Man nehme z.B. Richard Wagner, welcher ja wesentlich daran beteiligt war. Für ihn war es nicht mehr als der naive Glaube, daß die Deutschen etwas besseres auf die Beine stellen könnten als das was Frankreich zu seiner Zeit bereits auf die Beine gestellt hatte. Mit einer guten alten Zeit hatte das zumindest bei ihm gar nichts zu tun. Er glaubte schlicht an einen anderen Nationalcharakter der Deutschen, was jeder tun kann, sei er nun liberal, sozialistisch oder konservativ.
     
    Nun, das ist die europäische Situation. Der Wahhabismus ist nicht konservativ, buchstäblich nicht. Bitte lesen Sie sich einmal das hier durch:
    http://en.wikipedia.org/wiki/Destruction_of_sites_associated_with_early_Islam
     
    Und was den Shintoismus angeht, so ist der wohl im konservativen Spektrum gewesen, aber im Krieg, in einer Armee herrscht überall Kollektivismus. Das können Sie doch nicht gemeint haben. Außerdem ist das Gerede von der guten alten Zeit im Buddhismus ganz anders besetzt. Das ist keine Romantik, sondern ein Grund dafür, warum man sich wünschen sollte, ins Nirvana einzugehen, weil alles immer nur noch schlimmer wird.

  17. @Meyer:

    Sexuelle Enthaltsamkeit ist die Wiege der Leistungsfähigkeit, im miltärischen, wie im zivilen.

    Im zivilen Bereich halte ich das für evidenten Unsinn: ich hatte eigentlich nie den Eindruck, meine Klienten besser zu beraten, bloß weil ich gerade keine Freundin zum beschlafen hatte. Was den militärischen Sinn sexueller Enthaltsamkeit angeht, ersuche ich König Leonidas (dzt. Adresse: Hades) um die Freundlichkeit eines fachkundigen Gastkommentars … 😉

    @Manfred:

    Liberalität im Sinne einer toleranten Geisteshaltung (im Unterschied zu Liberalismus als utopischer Ideologie) besteht darin, Ausnahmen von der Regel und Abweichungen von der Norm zu tolerieren. Wird dies aber so weit getrieben, die Abschaffung und Auflösung von Regeln und Normen zu propagieren, dann zerstört die freiheitliche Ordnung sich selbst.

    Danke für diese Klarstellung! Jetzt mache ich mir deutlich weniger Sorgen um die Entwicklung Ihrer Weltanschauung (ich meine das jetzt völlig ernst!).

    @Zam:

    … aber liege ich vollkommen falsch, wenn ich dem unreflektierten Konservatismus einen latenten Hang zum Sozialismus unterstelle, es sei denn, es gibt den Gegencheck durch fundamentale liberale Prinzipien?

    Das ist es ja, was ich mit meinem Bild vom „stabil-labilen Gleichgewicht“ der drei Weltanschauungen ausdrücken wollte.

    @Fremder aus Elea:

    Ihr Begriff von „Konservativ“ ist nicht unbedingt der meine (das wird Ihnen ohnhin schon aufgefallen sein). Ich sehe „konservativ“ nicht als mit „postivier“ Weltanschauung gefüllten Begriff, sondern eher als skeptizistische Haltung:
    1.) es ist unsiinig, sich auf das Neue einlassen, solange nicht gesichert ist, daß es besser ist, als das Alte;
    2.) Jede Änderung bringt unkalkulierbare Gefahren, deshalb „quieta non movere“, denn was bereits sichtlich existiert und überleben kann, hat dadurch wenigstens bewiesen, daß es irgendwie funktioniert:
    3.) Die meisten Menschen sind letztlich egoistische A****löcher; es ist daher besser, keinem Einzelnen und auch keinem Kollektiv allzuviel Einfluß über andere zu ermöglichen — es würde auch bei besten Ausgangsvorsätzen irgendwann nur mißbraucht werden.

    Alles weitere — Nationalismus, Legitimismus, Militarismus, religiöse Überzeugungen etc. — sind m.E. bloß entbehrliche (und manchmal gefährliche) Zutaten zum Konservativismus, keine Essentialia.

  18. @ Zam
    Menschliche Ordnungen sind im Allgemeinen fragil. Gute Ordnungen zeichnen sich durch ihren Bestand aus. Und da ist das europäische Mittelalter nunmal irgendwie Vorbild. Zumal wir Deutschen mit dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation nicht nur Träger des Kaiserlands als Schutzmacht der Christenheit waren, sondern diese Ordnung auch durch Jahrhunderte Schutz gewährt hat. Gerade die Vielfalt an Fürstentümern und das Fehlen eines Zentralstaates garantierte zum einen Freiheit, weil verstoßene Geister woanders Unterschlupf finden konnten und andererseits nach großen Katastrophen irgendwo ein Flecken Erde heil geblieben war, von welchem aus ein Neuanfang möglich war. Das ist für die Zukunft durch den modernen Zentralismus gefährdet.
    Der vermeintliche Hang zum (Fremd-)Genozid ist ein Phänomen des Massenstaates. Auch der Krieg ist erst durch die Massenvernichtungswaffen unattraktiv geworden. Doch deren Negativität bestreitet auch gar kein Konservativer ernsthaft.
    Das Problem der Liberalismusideologie ist, dass sie zum Autogenozid führt und sogar ihre eigenen Träger vernichtet, weil sie die für den Erhalt der menschlichen Gemeinschaft zwingende Berücksichtigung der Generationenfolge rücksichtslos missachtet. Mit anderen Worten es kann nicht funktionieren. Der Hedonismus der Gegenwart wird mit den Schrecknissen der Zukunft erkauft. Hiermit ist der Bogen zum ersten Satz geschlagen: Wenn gute Ordnungen sich durch ihre Bestandsfähigkeit ausweisen, dann ist eine Ordnung, die zum Autogenozid führt, jedenfalls keine gute. Meine persönliche Angst, dass die Rehabilitation des Konservativismus einen Genozid im Gepäck hätte, ist weitaus geringer als vor den Konsequenzen der anhaltenden demographischen Dezimierung meiner näheren Anverwandten.
    Die amerikanische Siedlerkultur mit der europäischen Dorfkultur vergleichen zu wollen, halte ich für verfehlt, weil unsere zivilisierten Umgangsformen sich wesenhaft verschieden entwickelt haben. Deren endgültige Übernahme auf dem europäischen Kontinent verschärft meiner Ansicht nach lediglich die prekäre Lage, in der sich gerade die deutsche Identität befindet.
     

  19. @LePenseur. Diese drei Punkte sehe ich durchaus genauso, vielleicht nicht ganz so extrem, statt „quieta non movere“ lieber „Don’t fix it, if it isn’t broken.
     
    Ich denke allerdings, daß noch ein vierter Punkt hinzukommt, nämlich daß man nunmal in der Gemeinschaft lebt, in welcher man lebt, und also zusehen sollte, daß es ihr einigermaßen gut geht. Jedenfalls gab es kaum jemals eine konservative Gesellschaft, welche nicht auf Sitten und Lebensumstände Wert gelegt hätte.
     
    Das ist eben das, was „spießig“ genannt wird.

  20. @ Zam (und alle Interessierten)

    „So lange lese ich diesen Blog jetzt noch nicht und bin mir nicht sicher, ob ich hier in ein Fettnäpfchen trete, aber die antiangloamerikanische Haltung, die sich in Beiträgen und Kommentaren letztens relativ ungeschminkt zeigt, ist etwas seltsam.“
    >>> Vielleicht sollte man „anti-angloamerikanisch“ nicht mit „nicht pro-ameriakanisch“ verwechseln.

    „Täusche ich mich da, oder ist der Angriff auf den Liberalismus schlicht der Angriff auf das Modell der amerikanischen Verfassung, und den enormen Einfluss, den sie wie überhaupt der Pragmatismus in der Welt geübt haben?“
    >>> Auch hier würde ich raten, zu differenzieren. Ich bin nicht gegen die (ursprüngliche!) amerikanische Verfasung in Amerika. Da gehörte sie hin, da wirkt sie richtig.
    Aber sie ist kein Modell für ein Land, daß seit jeher existenziellen Stürmen von Innen und Außen ausgesetzt war und wieder ist.

    Ihr Beispiel von Südkorea, Hongkong und der „Tschechoslowakei“ belegen zwar einen hohen wirtschaftlichen Erfolg und in jedem der genanten Fälle gleichzeitig ihre militärische Schwäche bis zur Nichtexistenz, bei Hongkong und „Tschechoslowakei“ auch den Untergang. Sie sind es, der meine Ansicht mit ihren Beispielen geradezu vollständig belegt. Die Verfaßtheit der von ihnen als nur positiv dargestellten Staaten sorgte – wie von mir angesprochen – für Bürgerlichkeit und Wohlstand, „Fortschritt“ und GLEICHZEITIG und DESWEGEN zu Tugend- und Charakterschwäche, die ZWINGEND in Wehrlosigkeit mündet.

    Alle von Ihnen genannten Staaten sind schwach oder bereits untergegangen. Südafrika kann unter seiner heutigen liberalen Verfassung jedes Jahr nur auf das neue hoffen, daß kein Bürgerkrieg stattfindet und die Weißen völlig gelyncht werden. Das ist bloß eine Frage der Zeit. Das alte Südafrika war autoritär und wehrhaft bei einer liberalen WIRTSCHAFTSverfassung. Da hatten sie recht. Und heute? Am Abgrund.

    Also ja, ich bin ein Anhänger der alten amerikanischen Verfassung, in (!) Amerika. Ein Land ohne äußere Feinde. – Und ja, ich bin ein Gegner dieser Art von Verfassung in Deutschland, mit einer Vielzahl innerer und äußerer Feinde.

    Freie Wirtschaftsverfassung innerhalb einer sehr starken, repressiven Staats- und Gesellschaftsordnung: Achten Sie historisch auf Beispiele dieser Art. Sie waren in Allem erfrolgreich, Preußen vor allen anderen. Ich bin also so lange liberalenfreundlich, wie sich der Liberalismus beschränkt und in ein höheres Ganzes einfügt. Will er zum bestimmenden Element werden, bin ich sein stärkster Feind.

  21. Sexuelle Enthaltsamkeit (nicht unbedingt die, mangels Möglichkeiten) macht forscher, draufgängerischer, schärfer und wohl auch aggresiver. Ähnliches gilt für Verzicht auf Essen (Fasten) und auf anderen Genuß.

    Ich erachte Enthaltsamkeit, Askese für menschlich wertvoll. Es ist stärkend und aufbauend, vor allem mental. – Dem gegenüber steht der Exzess. Er ist die pure Selbstzerstörung. Der gehört auch dazu.

  22. @Meyer. Ist Preußen nicht auch, wenn man so will, an seinem Ansatz zerbrochen?
     
    Wenn man die Leute frei wirtschaften läßt, werden einige reich und also mächtig. Daß man sie dann gesellschaftlich auch weiterhin als zweite Wahl sieht, ändert aber nichts an ihren Möglichkeiten. Und an einem bestimmten Punkt entlädt sich der Konflikt dann auch militärisch.
     
    Genau so hat es sich doch auch in Europa zugetragen. Überall in Europa, nur zu unterschiedlichen Zeiten.

  23. Preußen ist 1871 freiwillig in den Gesamtstaat „Deutsches Reich“ aufgegangen, der im ganzen um ein vielfaches liberaler und demokratischer war. Deutschland ist an seinen Sozialdemokraten zugrunde gegangen, welche die entscheidende Kriegsphase nutzten, um noch mehr Liberalismus durch einen Generalstreik zu erzwingen. Da sage ich noch nachträglich: An die Wand mit dem Pack!
    Deutschland ist im Gegensatz zu Preußen an seinem zu großen Liberalismus eingegangen. Preußen hat durch sein (schon sehr liberales) Dreiklassenwahlrecht verhindert, daß Sozialdemokraten ihre spätere Rolle wahrnehmen konnte.

    „Bismarck, Ihr Vorschlag für eine Reichsverfassung ist liberaler und radikaler als alle Liberalen und Radikalen zusammen. Wenn sie vernünftig sind, nehmen sie an.“ – „Die Hoffnung auf Vernunft ist gering, Majestät.“

    Generell muß gelten, daß wer im Krieg nicht kämpfen muss, also wehrplichtig ist, auch nicht über Fragen von Krieg und Frieden entscheiden darf; wer keine Steuern zahlt, auch nicht über deren Verwendung entscheiden darf; und wer keine Kinder in die Welt setzt und somit nicht genügend Verantwortung für seine eigene Familie trägt, ihm schon deshalb auch keine Verantwortung für die Nation zukommen darf und von der Mitentscheidug gänzlich auszuschließen ist.

  24. Auch ein PS:

    Das Preußen nach der Wende zum 19. Jahrhundert war mir zu liberal. Ich bin ein Anhänger des Großen Kurfürsten und des Soldatenkönigs, aber kritischer gegenüber Friedrich dem Großen. Alles was danach kommt, ist mir zu liberal, außer Wilhlem I.

  25. @ Le Penseur „Wenn man die Leute frei wirtschaften läßt, werden einige reich und also mächtig. Daß man sie dann gesellschaftlich auch weiterhin als zweite Wahl sieht, ändert aber nichts an ihren Möglichkeiten. Und an einem bestimmten Punkt entlädt sich der Konflikt dann auch militärisch.“

    Deswegen muss man sie besteuern u.ä., um das zu verhindern, nicht wahr? Hm, jetzt hatte ich gerade einen langen Absatz über Klassenkampf geschrieben, und kam mir dann bei der eigenen Argumentation lächerlich vor, dass ich sowas überhaupt schreiben muss.
    @ Meyer 

    Mich würde interessieren, welchen Staat sie heute als stark ansehen, wenn meine Beispiele schwache sind?

    Ich meine natürlich den Nachbarn vor dem 1.Jänner 1993, die Stricherl vor Tschechoslowakei können Sie ruhig weglassen. 

     

  26. @Meyer:

    Bei Ihrem Satz:

    Deutschland ist im Gegensatz zu Preußen an seinem zu großen Liberalismus eingegangen.

    … dachte ich zunächst an Ironie, stellte aber nach Blick auf Ihr „Auch ein PS“ fassungslos fest: der meint das ernst! Im Englischen gibt es für derlei Zumutungen an den gesunden Menschenverstand die ironische Bemerkung: »Yes! And the Pope is jewish …«

    … und wer keine Kinder in die Welt setzt und somit nicht genügend Verantwortung für seine eigene Familie trägt, ihm schon deshalb auch keine Verantwortung für die Nation zukommen darf und von der Mitentscheidug gänzlich auszuschließen ist.

    Markige Worte! Na klar, schließen wir z.B. so unnötiges Kropszeuch wie katholische Geistliche aus — die Ultramontanen sollten froh sein, daß man sie überhaupt in Teutschland duldet und nicht ausschafft …

    Mann-oh-Mann! … sind von Beruf wohl Oberstabsfeldwebel, oder was …?

    Ich schlage vor: lassen wir’s besser sein … das wird vermutlich keine Diskussion, an der ich noch großes Interesse hätte …

  27. Sie scheinen meine Ansicht unbewußt zu bestätigen.

    Anmerkungen: Katholische Geistliche wirken weniger durch ihre Wahlstimme, als durch ihre Stimme. Zudem bin ich evangelisch, ohne dabei antikatholisch zu sein. Allerdings kann ich mit Ultramontanismus nichts anfangen. Ich bin Deutscher und kein Römer.

    Weiter:
    Ich bin für ein differenzierendes Stimmrecht. Das ist so selten nicht. Ich habe die Kriterien der Differenzierung definiert.

    Alles in allem: Es handelt sich also nur um Zumutungen an den Menschenverstand einiger Personen. Wer diese Forderungen für indiskutabel hält, ohne ihnen gleich zustimmen zu müssen, langweilt mich schon im Ansatz und hat meines Erachtens die Tiefe des Gezeitenwandels und der Krise der westlichen Welt noch nicht erkannt. Ohne diese Erkenntnis wird man keine Lösungsvorschläge beisteuern können, die die Ursache der Fehler aller westlichen Staaten beseitigt. Libertäre haben zudem das Problem, daß sie die Menschheit in ein Versuchskaninchenstall umfunktionieren wollen, den Kommunisten gleich. Wo hat es so etwas ähnliches schon mal gegeben? Im einem imaginären wilden Westen für ein paar Jahre vielleicht – mit Indianern, aber ohne Kavellarie. Und wollen Sie das? Wirtschaftlicher Reichtum kam historisch und logischerweise erst mit der Kavellarie. Dagegen hört sich wohl mein mäßiger Vorschlag direkt aufgeklärt und linksliberal an.
    Dazu ist noch, wie oben dargelegt, die libertäre Grundannahme zwingend logisch falsch. Die atmet die Luft der Pfeffersäcke und nicht die eines Husarenleutnants. Ohne beide geht es nicht. Im Ernstfall kann man sich nur keinen Husarenleutnant kaufen, weil man den, seinen Vater und dessen Vater erzogen haben muß, einen Pfeffersack aber jederzeit rauben kann.

    Im übrigen dürfen Sie davon ausgehen, daß der durchschnittliche deutsche Stabsfeldwebel (und österreichische Vizeleutnant nach meinen Erfahrungen) Ihnen in nichts – und gewiß nicht intellektuell – unterlegen ist, ohne dies in eine Richtung beleidigend zu meinen, auch wenn ich diesen beachtenswerten Dienstgrad nicht innehabe.
    Sie dürfen allerdings annehmen, daß ich Gelegenheit hatte, die Effizienz und die Ungeeignetheit militärischer Systeme beurteilen zu können. Das Ergebnis habe ich formuliert.

  28. Le Penseur:

    Jetzt mache ich mir deutlich weniger Sorgen um die Entwicklung Ihrer Weltanschauung (ich meine das jetzt völlig ernst!)

    Da bin ich ja froh, dass ich Ihre Sorgen zerstreuen konnte! Was nun allerdings mir Sorgen bereitet, ist die Tatsache, dass Sie mir überhaupt so etwas wie eine „Weltanschauung“ unterstellen. Seien Sie gewiss: Bei allem Bemühen um Logik und systematische Klarheit vergesse ich keinen Moment, dass der Versuch, im Chaos der Welt „Ordnung“ zu erkennen, nur um den Preis durchführbar ist, dass man durch eine bestimmte Brille schaut, die Teile der Wirklichkeit ausblendet. Das Problem mit den „Weltanschauungen“ ist, dass sie in dem Maße falsch werden müssen, wie die Welt sich ändert – Marx zum Beispiel hatte zu seiner Zeit durchaus Wichtiges zu sagen, und selbst heute noch ist es nicht einfach dummes Zeug. Marxismus als „Weltanschauung“ aber verpflichtet seine Anhänger, zuerst Tatsachen zu ignorieren, dann sie zu leugnen, und schließlich jeden an die Wand zu stellen oder sonstwie mundtot zu machen, der sie ausspricht. Dasselbe gilt für Liberalismus, sofern er eine Weltanschauung sein soll, und genau diese Dialektik habe ich versucht sichtbar zu machen.

  29. @Zam. Sie haben mich zitiert, nicht LePenseur, also antworte ich kurz.
     
    Ich wollte gar nicht darauf hinaus.
     
    Platon beschreibt in der „Politeia“ den Übergang von einer Staatsform zur nächsten, von der Aristokratie zur Timokratie, weil die Weisen letztlich doch von den Tapferen abhängen, von der Timokratie zur Oligarchie, weil die Tapferen letztlich doch von den Reichen abhängen, von der Oligarchie zur Demokratie, weil die Reichen kein Maß kennen und von der Demokratie zur Tyrannei, weil die Demokraten unvernünftig sind.
     
    Ich bezog mich auf den Übergang von der Timokratie zur Oligarchie, sie auf den von der Oligarchie zur Demokatrie. Den Timokraten würden höhere Steuern nichts nützen, es schädigte nur ihre Wirtschaft und damit ihre Rüstung. Das ist ja Meyers These. Und ganz falsch ist sie auch wieder nicht. Dazu schrieb ich oben bereits mehr.
     
    Ich hielt nur fest, daß Platon bereits 500 vor Christus festhielt, daß auf die Aristokratie europäischer Art (nach seinen Begriffen eine Timokratie) die Herschaft der Reichen folgen würde.
     
    Was wir heute haben ist eine Herrschaft der Reichen, spezieller eine der Bänker. Allerdings ist das Einkommen dieser Bänker von den Leistungen der Volkswirtschaften abhängig, und also haben sie ein Interesse daran, sie nicht zu ruinieren. Das ist ein Element der Aristokratie, welches dort der Oligarchie beigemengt ist, und es verlängert ihr Leben.
     
    Reichen wird es aber letztlich nicht, denn es ist noch nicht einmal ein Geheimnis, daß der Laden nur unter der Annahme zusammengehalten wird, also keine Konflikte unter den einzelnen Reichen auftreten werden, daß die globale Wirtschaftsleistung exponentiell wächst.
     
    Sobald das nicht mehr der Fall ist wird die Vernunft unter den Reichen aufgekündigt werden und es wird im allgemeinen Hauen und Stechen genau zu dem kommen, was Platon vorhergesagt hat (Umverteilung, genauer gesagt) und was wir heute Sozialismus nennen.
     
    Naja, und wenn’s soweit ist, kommt halt irgendwann derjenige mit den unseriösesten Versprechungen an die Macht.
     
    Soweit die platonische These.
     
    Dies alles ist uns heute natürlich bekannt. Und also können wir bewußt dagegen ankämpfen. Allerdings ist es bisher genauso gelaufen wie vorhergesagt:
     
    1. Aristokratie: Die Herrschaft der katholischen Kirche.
    2. Timokratie: Die Herrschaft der einzelnen Adelshäuser.
    3. Oligarchie: Die Herrschaft der Großkapitalisten.
    Als nächstes stünde die Herrschaft der Volksvertreter an. Wie gesagt, sie wird nur durch Geldleistungen abgewehrt, welche nur unter der Voraussetzung exponentiellen Wirtschaftswachstums erbracht werden können.

  30. Dasselbe gilt für Liberalismus, sofern er eine Weltanschauung sein soll, und genau diese Dialektik habe ich versucht sichtbar zu machen.

    Gilt dasselbe dann nicht auch für eine konservative Weltanschaung?

  31. Nun, ich frage nach, weil es sich so anhörte als wollten Sie den Konservatismus davon ausnehmen. Als hebe gerade dieser sich dadurch ab, keine „Weltanschauung“ zu sein.

  32. Was dazu führen würde, dass Sie immer, wenn Sie von Weltanschauung reden, konservative Weltanschauungen nicht inbegriffen hätten.

    Aber dieser Punkt ist ja dann jetzt klar gestellt.

  33. Unter „Weltanschauung“ verstehe ich eine Ideologie, die in sich so geschlossen ist, dass sie mit theorieeigenen Begriffen nicht mehr revidierbar ist. Im konservativen Spektrum kann ich eine solche Ideologie nicht erkennen.

  34. @Manfred.
     
    In der Praxis mag das ein gutes Kriterium sein, in der Theorie hingegen hielte ich es für unbefriedigend, einer Ideologie ihre Reife zum Vorwurf zu machen.
     
    Das konkrete Problem mit dieser Geschlossenheit ist doch in allen Fällen noch die „Übertünchung der Wirklichkeit“ an Stellen, an welchen die Ideologie nur vorgibt, sich mit ihr auseinanderzusetzen.

  35. @Manfred:

    Ich nehme zur Kenntnis, daß Sie „Weltanschauung“ anders definieren als ich. Sie quasi als „Gedankengebäude zur totalen Welterklärung“ (was, da Axiome immer gesetzt, aber nicht abgeleitet sind, notwendig zu selbstreferentiellen Scheinantworten führt), ich hingegen meinte damit so circa „Summe der Anschauungen eines Menschen — bzw. gemeinsamen Anschauungen einer Menschengruppe — in Fragen der praktischen Ethik“. Was doch ein bedeutend bescheidenerer Anspruch ist …

    <i>Unter “Weltanschauung” verstehe ich eine Ideologie, die in sich so geschlossen ist, dass sie mit theorieeigenen Begriffen nicht mehr revidierbar ist. Im konservativen Spektrum kann ich eine solche Ideologie nicht erkennen.</i>

    Naja, wenn ich mir manche Ultra-Legitimisten so ansehe, wäre ich mir da nicht so sicher …

    @Meyer:

    <i>Ich bin für ein differenzierendes Stimmrecht. Das ist so selten nicht. Ich habe die Kriterien der Differenzierung definiert.
    Alles in allem: Es handelt sich also nur um Zumutungen an den Menschenverstand einiger Personen. </i>

    Es handelt sich dabei einerseits um Dinge, die ich ebenfalls (und schon seit geraumer Zeit) fordere (siehe hier: http://lepenseur-lepenseur.blogspot.com/2010/04/statt-pc-zensur-lieber-ein.html), nämlich ein Zensuswahlrecht als Ergänzung eines allgemeinen Wahlrechts, andererseit um Zumutungen an den Menschenverstand nicht bloß „einiger“ Personen, sondern aller verstandesbegabten Personen. Denn wer nur mehr Militärs über Krieg und Frieden entscheiden läßt, blendet aus, daß Krieg stets auch (und mittlerweile: vor allem!) Auswirkungen auf Nichtkombattanten hat, und Menschen ohne Nachwuchs generell des Stimmrechts zu berauben, ist ein so unsinniger Vorschlag, daß ich Sie nur auffordern kann, das entweder als Scherz zu enttarnen oder sich der Mühe zu unterziehen, dafür eine konsistente Begründung zu liefern (Anm.: „…wer keine Kinder in die Welt setzt und somit nicht genügend Verantwortung für seine eigene Familie trägt, ihm schon deshalb auch keine Verantwortung für die Nation zukommen darf und von der Mitentscheidug gänzlich auszuschließen ist“ ist keine Begründung).

    P.S.: im übrigen rate ich Ihnen, im Diskurs weniger den wilden Mann zu markieren — es erhöht nicht gerade Ihre Glaubwürdigkeit ….

  36. @ LePenseur

    Ich schrieb, daß wer im Krieg nicht kämpfen müsse, auch nicht über Frage Krieg und Frieden mitbestimmen soll. Zur Erläuterung: Ich meine damit nicht Soldaten, zumindest nicht in erster Linie, sondern alle, die wehrpflichtig sind. Das umfaßt auch solche Bürger, die Zivildienst geleistet haben, aber diese „Kriegsdienstverweigerung“ später zurück genommen haben, wie so einige. Also mithin fast alle Männer, die WOLLEN, und bereit sind die Konsequenzen zu tragen! „Afghanistan“ käme so nicht zustande.

    Das ergänzende Wahlrecht, also den Zählwert einer Stimme anhand verschiedener Kriterien zu erhöhen, würde ich für einen Modifizierungsvorschlag aus dem „laufenden Betrieb“ heraus halten und schließe mich Ihrer Forderung unproblematisch an. Mein Vorschlag eigener, etwas konsequenterer Vorschlag, sollte jedoch für den Fall eines bereits erfolgten Crashes stehen; entweder für eine Neuorganisation des gesamten Staatswesens oder nur, um das Überleben der eigenen Gruppe zu organisieren. Ihr Vorschlag wäre ein notwendiger aber gewiß kein hinreichender, um die heutige Gesellschaft wieder überlebensfähiger, wirtschaftlich als auch menschlich, zu machen. Meine Vorschläge orientieren sich grundsätzlich vorrangig an dem Hauptziel der Überlebensfähigkeit. Die Möglichkeit zur Wohlstandserringung und individuelle Freiheiten halte ich für wertvoll aber nachrangig. Ich zäume das Pferd also von hinten auf, ein Libertärer eher von vorn. Es schließt jedoch nicht aus, daß es auch aus beiden Perspektiven möglich ist, den Sattel an die richtige Stelle zu bugsieren. Eigentlich wollte ich das mit meinem obigen Schreiben sogar verdeutlichen, daß der Konservativismus wohl nicht innovativ genug ist und als solcher keine Ordnung bereitstellt, größeren Wohlstand zu erzeugen, allerdings ist er der Garant, daß eine ausreichede Anzahl an selbstlos und mutig erzogenen Menschen bereitsteht um kriegerische Herausforderungen zu meistern und durch ihre aleinige Existenz bereits abschreckend genug ist – für innere und äußere Feinde.
    Ich bin also der Ansicht, daß man gerade versuchen muß, einen Denkansatz nach Machiavelli oder Großen Kurfürsten mit dem eines H.H. Hoppe in Einklang zu bringen. Jede hat ihren Schwachpunkt und ihre Vorzüge.

    Mit der Zahnpasta und der Tube muß ich Ihnen wohl recht geben, zum Leidwesen meiner Person, die gerne ein historisierendes Amalgam zwischen dem österreichisch dominierten Hl. Röm. Reich. dt. Nat und dem preußisch dominierten Deutschen Reich sähe. Das bleibt wohl der reinen Vorstellungswelt vorbehalten: Also ein Mittelding zwischen dem offensiven, aber weltoffeneren Rom und dem defensiven, aber dafür kämpferischen und repressiveren Sparta, gerne eine Mischung aus Republik und Verdienstaristokratie, mit protestantischer und katholischer Doppelmonarchie (Hohenzollern und Habsburg?) – ein Traum. Aber vielleicht auch eine Versinnbildlichung dessen, was ohne die Historisierung gewollt ist.
    Ich komme eben von der militärisch-erzieherischen Seite und weiß um die Vorzüge und Nachteile derselben und gehe deswegen auf die „Libertären“ zu, die ihre komplemänteren Vor- und Nachteile haben.

    Ich stehe am Anfang meiner Überlegungen und nicht am Ende.

  37. Der Satz mit Nachwuchs/Familie/Verantwortung/Nation bitte ich als Vorschlag zu verstehen, den Zählwert einer Wahlstimme durch die Anzahl der Kinder zu erhöhen. Er dient nicht als Begründung für andere Forderungen in dem Zusammenhang. Die auch für mich offene Frage lautet, ab der Zählwert bei „0“ beginnt oder bei „1“.

    Daß ich für Wehrpflichtige den Zählwert der Stimme mindestens erhöhen würde, schließt sich unmittelbar an der aus meiner Sicht zu verstärkten Ausrichtung zum Überleben bzw. zur Selbstbehauptung (ganz nach Carl Schmitt) an.

    Ähnliches sehe ich für Steuerpflichtige. Nur wer wirtschaftlich so eigenständig ist, daß er im längersfristigen Saldo Abgaben zahlt als Staatsleistungen, auch indirekte, zu erhalten, sollte ebenso mindestens einen höherwertigen Zählwert seiner Stimme haben.

    Zusammengefaßt würde ich also über den Stimmenzählwert folgende Eigenschaften belohnen:
    – Nachwuchs (das Survival-Minium, sehr stark ünbert de Anzahl der Kinder),
    – wirtschaftliche Eigenständigkeit und
    – Wehrhaftigkeit.

  38. „Zusammengefaßt würde ich also über den Stimmenzählwert folgende Eigenschaften belohnen:
    – Nachwuchs (das Survival-Minium, sehr stark ünbert de Anzahl der Kinder),
    – wirtschaftliche Eigenständigkeit und
    – Wehrhaftigkeit.“
     
    Wozu? Wer mehr Kinder hat, nimmt ganz von selbst größeren Einfluß auf die politische Einstellung anderer Menschen als derjenige, welcher weniger Kinder hat. Wer wehrhaft ist entfaltet ebenfalls ganz von selbst größeres politisches Gewicht als sein Gegenpart und dasselbe gilt für die wirtschaftlich Erfolgreichen.
     
    Die Demokratie heute hat doch sowieso nur die Aufgabe die Massen gemäß dem Willen der wirtschaftlichen Elite zu lenken. Und das Interesse dieser Elite liegt leider in uneigenständigen Konsumenten.
     
    Der Linken ist die Sache vielleicht noch nicht so ganz klar, aber das, womit sie heute abgespeist wird, also dieser ganze Gleichstellungs- und -machungskram, dient nur dazu, die Bevölkerung biegsamer zu machen.
     
    Ich kann nur immer wieder auf Aldous Huxley verweisen, der diesen Zusammenhang bereits 1931 – 31! – zu Papier gebracht hat. Ca. zur selben Zeit hat Jünger in „Der Arbeiter“ auch von diesen Dingen geschrieben, allerdings schlechter.
     
    Die oberste politische Zielsetzung ist die Maximierung des globalen Bruttosozialprodukts. Und so lange, wie sich dieses pro Jahr noch um einen konstanten Faktor vergrößern läßt, dieser Faktor also nicht gegen 1 konvergiert, wird sie auch die oberste politische Zielsetzung bleiben.
     
    Konvergiert der Faktor (schnell genug) gegen 1 oder fängt der Wirtschaft sogar an zu schrumpfen, kommt es zu Auflösungserscheinungen der Zivilisation, welche sich bis zu diesem Zeitpunkt entwickelt hat.
     
    Der Grund dafür, daß sich vor dieser Stagnation oder Schrumpfung keine politischen Veränderungen ergeben werden, liegt schlicht daran, daß sich bis zu diesem Punkt zuviel damit verdienen läßt, Kurs zu halten.
     
    Eingedenk dessen bedeutet politische Verantwortlichkeit unter diesen Bedingungen, darauf zu achten, daß Strukturen, welche für das Überleben unter anderen Bedingungen nötig sind, heute erhalten oder aufgebaut werden.
     
    Wenn ich politisch irgendeiner Gruppe vertrauen sollte, sich um das Vorhandensein solcher Strukturen Sorgen zu machen, so würde ich das Volk als Ganzes wählen, denn das Volk als Ganzes bedarf ihrer am meisten und weiß das auch.

  39. Nein, wer (mehr) Kinder hat, hat über seine Wahlstimme das gleiche Recht zur Mitbestimmung, wie ein Kinderloser. Wie viele Eltern stehen wie vielen Nichteltern gegenüber? Ca. 50:50, so meine Vermutung. Wie viele mit 2 Kindern und mehr, also minimale Selbsterhaltung? Höchstens 25:75.

    Wie viele im Ernstfall Wehrpflichtige gegen nicht wehrpflichtige? Ca. 25:75.

    Wie viele Menschen haben ein selbst erwirtschaftetes Einkommen, dessen Steuern die erhaltenen Staatsleistungen übersteigt? Auch ca. 25 zu 75.

    Wenn wir jetzt die Kombination aus den drei Werten nehmen, so dürfte dabei wohl höchstens noch 12% dabei herum kommen, also auf EINEN, der die Mindeststandarts erfüllt kommen wohl SIEBEN, die es kaum oder nicht tun.

    Wahnsinn.

    Was glauben Sie wohl, warum es bei uns so aussieht, wie es aussieht? – Weil die Menschen, welche die Mindeststandarts nicht erfüllen die anderen dominieren und die Lage immer weiter zu ihren Gunsten verändern. Rolltreppe abwärts.

  40. @Meyer. Ich meinte es auch nicht absolut, sondern proportional.
     
    Proportional haben Sie ein größeres politisches Gewicht, wenn Sie wehrhaft sind, das ist von alleine so.
     
    Die Franzosen wehren sich gerade gegen ihre Rentenalteranhöhung. Deshalb habe sie ein höheres politisches Gewicht als die Deutschen. Offensichtlich, oder nicht?
     
    Sie haben mit Ihrer Kritik an unseren Funktionseliten m.M. nach schon Recht. Aber diesen Ungeist wird man nicht durch veränderte Gewichtung von Wählerstimmen wieder los, es sei denn, Sie gewichteten so um, daß es de facto auf eine Schreckensherrschaft der Ritter des Zornes Gottes hinausliefe.
     
    Das kulturelle Element muß wiederbelebt werden, das größere Ziel, für welches auch einmal Unannehmlichkeiten in Kauf genommen werden.
     
    Nur ist es allgemein so, daß Zerstörung schnell von Statten geht und Aufbau langsam. Deshalb bin ich auch kein Freund von Revolutionen, gleich welcher Provenienz.

  41. Das Ziel eines veränderten Wahlrechtes wird sich nicht mit den „Eliten“ durchsetzen lassen, sondern nur gegen sie. Meine Hoffnungen, diesen Staat wieder funktionsfähig zu bekommen, tendieren gegen null. Daran verschwende ich keinen Gedanken mehr. Daran hat ja offenkundig nur der ungefragte Bürger Interesse, nämlich an Frieden und Wohlstand. Beides wird verschwinden. Die abgehobene Machtelite dreht sich in ihrem eigenen Kreis.

    Meine Gedanken sind fokussiert auf eine Übergangszeit in der Krise und überhaupt nicht auf die heutige Bundesrepublik bezogen, sondern auf bedeutend kleinere sich noch findende zweckmäßige Gesellschaftsverbände. Diese dürften auch kaum dem Territorialprinzip folgen, sondern dem Personalprinzip.

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