Die Null

Hannelore Kraft

Die nordrhein-westfälischen Sozialdemokraten haben beschlossen, in die Opposition zu gehen. Mit den Linken können sie nicht, mit der FDP können sie nicht, mit der CDU können sie nicht. Ist eine solche Partei überhaupt politikfähig?

Fasst man alles zusammen, was man in den letzten Wochen über die diversen Sondierungsgespräche der SPD gehört hat, so kann sie nicht damit leben, dass andere Parteien die Ehre ablehnen, bei der Umsetzung sozialdemokratischer Programmatik zu assistieren. Selbst fünf Jahre Opposition haben die NRW-SPD nicht dazu gebracht, in der Demokratie anzukommen und zu akzeptieren, dass andere Parteien nicht dazu da sind, ihren Thron zu putzen.

Politische Inkompetenz scheint in Nordrhein-Westfalen zur politischen Kultur zu gehören. Hatte ich unlängst die FDP mit den Worten kritisiert

…haben wir uns zwar daran gewöhnt, dass Politiker von nichts Ahnung haben außer von Politik im allerengsten Sinne, nämlich im Sinne des Machtkampfes. Man sollte aber doch erwarten, dass sie dann wenigstens davon etwas verstehen…

so gilt diese Kritik erst recht für die Sozialdemokraten. Es setzt das Tüpfelchen aufs i, dass deren Spitzenkandidatin nicht einmal das bisschen Kaltschnäuzigkeit aufbringt, sich mithilfe der Grünen erst einmal zur Ministerpräsidentin einer Minderheitsregierung wählen zu lassen und mit wechselnden Mehrheiten zu regieren. In einer solchen Konstellation wäre die SPD in einer starken Verhandlungsposition gewesen, allerdings auch dann um den Zwang zum Kompromiss nicht herumgekommen.

Selbst solche Kompromisse wären innerparteilich aber offenbar nicht zu vermitteln gewesen. Lieber verzichtet man auf den Sessel des Ministerpräsidenten.

Damit verkörpert eine Figur wie Hannelore Kraft geradezu exemplarisch die ganze schreckliche Mittelmäßigkeit der politischen Kaste: Ihre Kompromissunfähigkeit ist ein Zeichen nicht etwa von Prinzipienfestigkeit, sondern von Feigheit und Führungsschwäche. Dass eine solche Zwergin im Westentaschenformat, die sich von bleicher Furcht vor maulenden Kreisverbandsdelegierten davon abhalten lässt, nach der Macht zu greifen, allen Ernstes den Anspruch erheben konnte, ein Land vom Gewicht Nordrhein-Westfalens zu regieren, ohne ausgelacht zu werden, illustriert deutlicher als jede Analyse, dass unser Land von einer politischen Kaste geführt wird, die aus Nullen besteht.

15 Gedanken zu „Die Null“

  1. Mir kommt es immer mehr so vor, als WOLLE in Deutschland niemand mehr regieren. Rücktritt Roland Koch, Rücktritt Horst Köhler, Machtverzicht Hannelore Kraft, Rücktrittsgerüchte inzwischen auch beim Freiherrn zu Guttenberg. Verlassen da die Ratten das sinkende Schiff? Die Ratten sind den Matrosen im Erkennen des bevorstehenden Untergangs voraus, weil ihre Quartiere niedriger liegen. Die Politiker sind dem Normalsteuervieh im Erkennen voraus, weil sie immer wieder zu Bilderbergtreffen eingeladen werden und dabei die Pläne der „Elite“ einsehen dürfen. Anscheinend hat man an höherer Stelle etwas mit Deutschland vor, wovor jeder, der ein Regierungsamt innehat, mehr Angst haben muss als vor einem Machtverlust.

  2. Jawohl, jedes Wort dieses Beitrages gehört unterstrichen.

    Während des Wahlkampfes fuhr ich jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit an einem Plakat vorbei, auf dem unter einem dieser schwammigen Schlagwörter („Kompetenz, Sicherheit, Sozial, etc.) diese Visage abgebildet war.

    Jedes Mal wollte ich meinen Wagen direkt in das Plakat lenken. Ich stellte mir dann immer die Berichte hierüber vor:

    „Der Amokfahrer gab an, er habe (so wörtlich) „diese blöde Hackfresse, die unser Land kaputtmachen will einfach nicht mehr ertragen können.“ Als Angestellte einer örtlichen Psychiatrie ihn abführten, brüllte er immer wieder „Nieder mit der SPD!““

    Frau Kraft ist nicht nur eine Null, Frau Kraft ist die ekelhafte, weil austauschbare, Verkörperung des Massenpolitikers, der so tut als glaube er an das, was er sagt. Allein ihre Angewohnheit im Gespräch mit „dem kleinen Mann“ in einen gekünstelten Ruhrpott- Slang zu verfallen, der sie noch dümmer wirken lässt (nicht wegen des Slangs, sondern weil er so schlecht imitiert ist) reicht mir aus, um sofort wegzuschalten, wenn man sie im Fernsehen sieht.

    Nicht dass die Deppenparade um Rüttgers und Laschet viel besser wäre. Aber ein wenig schon, denn es sind immerhin MENSCHEN, wenn auch nicht die sympatischsten.

    Die Chancen stehen gut, dass Kraft bei Wiederwahlen ihre Rot- Grüne Wunschmehrheit bekommt.

    Das sagt auch viel über die Menschen in NRW…

  3. Mir fällt nichts mehr dazu ein.
    Wer in der Region wohnt, sollte wenigstens morgen nach Köln zur pro Israel-Demo.

    14:00 Uhr vorm Dom.

  4. @ Thatcher: Ich befürchte fast Sie haben Recht.

    Die größte politische Umwälzung dieser Tage scheint mir die Union von Iran und der Türkei zu sein – mit noch nicht absehbaren Folgen.

    Wirtschaftlich kann es natürlich auch sein dass der Euro im Arsch ist. Der Focus (der normale, nicht F- Mones) berät jetzt seit drei Wochen nur noch über Geldanlagen und Strategien gegen Inflation.

    Wir werden es erleben…

  5. Vielleicht sollten einfach alle in die Opposition gehen. Und da bleiben. Dann gäbe es zumindest keine neuen Gesetze mehr, die die Lage nur weiter verschlimmern.

  6. Ach du meine Güte, ich wohne ja auch im NRW, wir haben ja gar keine Landesregierung, (nur geschäftsführend die Alte) das ist mir noch gar nicht aufgefallen.

    Ich denke wir sollten nicht so laut darüber sprechen, dass NRW gar nicht regiert wird, vielleicht merkt es gar keiner.

    Unser alter Personalchef entließ mal einen Meister mit den Worten: „Ob sie da sind oder nicht, das hat weder auf die Mitarbeiter, noch auf das Betriebsergebniss irgendeinen Einfluss.

    Ich frage, egal wer NRW regiert, oder ob es überhaupt regiert wird, hat es irgendeinen Einfluss auf die Menschen dort, oder auf das Betriebsergebniss?

  7. wir haben ja gar keine Landesregierung, (nur geschäftsführend die Alte) das ist mir noch gar nicht aufgefallen.

    Ich denke wir sollten nicht so laut darüber sprechen, dass NRW gar nicht regiert wird, vielleicht merkt es gar keiner.

    Ja, das ist wie mit dem Bonmot von den Ärzten, die nicht streiken dürfen … damit die Patienten nicht merken wie gesund sie ohne Ärzte sind!

  8. gelegentlicher Leser,

    vielleicht sollten wir den Düsseldorfer Landtag auch mit Affen aus dem Duisburger Zoo besetzen. Das wäre niedlicher anzusehen.

  9. Aus meiner dienstlichen Tätigkeit kenne ich Frau Kraft und ihre derzeitigen politischen Mitstreiter persönlich.

    Es geht ihnen vor allem um Posten, deren Dauerbesitz und Pfründe in finanzieller und ideeller Art !

  10. # kairos

    … vielleicht sollten wir den Düsseldorfer Landtag auch mit Affen aus dem Duisburger Zoo besetzen. Das wäre niedlicher anzusehen.

    Oder so … 😆

  11. # K. Popper

    Es geht ihnen vor allem um Posten, deren Dauerbesitz und Pfründe in finanzieller und ideeller Art !

    Auch ein Ideal!

  12. Sehen wir’s doch mal positiv: Uns bleibt voraussichtlich eine Hannelore Kraft als Regierungschefin erspart. Fast unbezahlbar!

  13. Für alle Interessierten ein kleiner Bericht aus Köln vom vergangenen Sonntag.

    Wetter war herrlich und es waren sehr viele Menschen da. Nach den eher deprimierenden Eindrücken aus Duisburg 2009 ein Zeichen der Hoffnung.

    Die Redebeiträge sind bei PI ausführlich dokumentiert. Mein Eindruck ist, daß die jüdischen Gemeinden und Verbände den Ernst der Lage auch in Deutschland endlich begriffen haben. Daß der Islam als „im Kern friedvolle“ Religion bezeichnet wurde fand ich verzeihlich – der Applaus ebbte bei dieser Aussage von Michaele Fuhrmann spürbar ab. Man muss dazu sagen, daß in Sichtweite ein Hassmob der Palis tobte, deshalb fand ich es in Ordnung, wenigstens ein kleines Friedenszeichen zu senden.

    Ansonsten kam selbst von Dieter Graumann (ZdJ) mehr Klartext, als man bisher gewohnt war.

    Später verlief die Demonstrationsroute über den Hohenzollernring, so daß auch Sonntags ein größeres Publikum erreicht wurde.

    Bei der Abschlusskundgebung am Rudolfplatz versuchte zwar ein Pali-Hassmöbchen zu provozieren, wurde aber von der Polizei konsequent abgedrängt. Ausserdem war es ein armseliges Häuflein von vielleicht 30 IdiotInnen. Die haben garnicht gemerkt, wie peinlich ihr Auftritt gegenüber 1500 friedlich und fröhlich demonstrierenden Bürgern war. Gerade nach Duisburg 2009 endlich mal ein kleiner Triumph.

    Ja, gestern hab ich mich gerne mal vor den jüdischen Karren spannen lassen – es war ein positives Erlebnis.

  14. Ja, Thatcher, diesen Eindruck des Nicht-Mehr-Regieren-Wollens habe von diesen „Elite“-Figuren auch schon gewonnen. Eine Parallele dazu war das Verhalten der Tories vor der GB-Wahl. Da hatten Labour-Politiker offen zugegeben, daß sie die Einwanderung bewußt gefördert hatten, um die Demographie Großbritanniens dauerhaft zu verändern; dazu kam noch der PR-Bauchfleck von Gordon Brown, der bei nur vermeintlich abgeschaltetem Mikrofon über die ältere Frau gelästert hatte, die ihm gerade ihre Sorgen wegen der Einwanderung vorgetragen hatte. Die Tories hätten den Sozis einen Ball nach dem anderen ins Tor treten können, aber sie haben es nicht getan. Als ob sie gar nicht die Verantwortung für das hätten übernehmen wollen, was nach den Wahlen absehbar auf die neue Regierung zukommen wird (oder als ob sie gewußt hätten, daß sie das von gewissen anderen Herrschaften aus gar nicht thematisieren dürfen).

    OT: noch eine „Null“, diesmal aus Österreich – Der Verrat der FPÖ

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