Die Frankenstein-Ideologie

Als ich in meinem letzten Artikel „…und ihr werdet sein wie Gott!“ gezeigt habe, welchen Dammbruch es darstellt, dass DNA jetzt künstlich synthetisiert werden kann, und vor den Konsequenzen gewarnt habe, die die Anwendung solchen Wissens in einer gottlosen Gesellschaft nach sich ziehen muss, da meinte der Kommentator Thomas:

Alle hier lesenden und kommentierenden Schwarzseher sollten zur Abrundung die Einschätzung eines Biologen durchlesen.

Und verwies auf diesen Text des amerikanischen Biologen PZ Myers. Offenbar in gutem Glauben, die Einschätzung des „Experten“ werde solch unbedarfte Menschen wie mich eines Besseren belehren.

Nun, ich habe diesen Text gelesen. Er beweist das Gegenteil von dem, was er nach Thomas‘ Meinung beweisen soll. Insofern bin ich dankbar für die Steilvorlage, auch wenn sie nicht beabsichtigt war:

Myers beginnt bereits in der Überschrift mit dem Pauschalvorwurf, alle Kritiker seien uninformiert. Das übliche Totschlagargument von Ideologen, die sich in den Mantel des „Experten“ hüllen (Biologen sind da keinen Deut besser als Islamwissenschaftler.), damit die Dürftigkeit ihrer Argumente nicht so auffällt. Von Argumenten wie den folgenden:

Er zitiert aus der Daily Mail:

But there are fears that the research, detailed in the journal Science, could be abused to create the ultimate biological weapon,

und antwortet darauf

What they’ve accomplished is to synthesize a copy of an existing organism, with a few non-adaptive markers added. It’s no threat at all.

Dass das bloße Kopieren natürlicher DNA für sich genommen auch dann keine Gefahr darstellt, wenn die Kopie auf künstlichem Wege erfolgt, ist selbstverständlich zutreffend. Es ist nur kein Argument gegen die These, dass eine solche Technik eine notwendige Komponente zum Bau biologischer Waffen darstellt, und gegen die Befürchtung, dass sie genau dazu auch benutzt werden wird.

We do have the potential to now modify that genome more extensively; the interesting scientific work will be to pare away genes and reduce it to a truly minimalist version, just to see how much is really essential, and the useful industrial work will be to engineer organisms…

Jetzt, wo die Technik der Synthetisierung von Erbinformationen bereitsteht, ist also der nächste Schritt, herauszufinden, wie welches Gen funktioniert, um auf dieser Basis Lebewesen mit genau definierten Eigenschaften zu erzeugen. Nichts anderes hatte ich behauptet.

…organisms with additional genes that produce proteins useful for us, but not necessarily for the mycoplasma. That’s going to compromise the competitiveness of the organism in the natural environment. I’m not worried.

Mit anderen Worten: Da die künstliche erzeugten Organismen nicht auf ihre Überlebensfähigkeit in der natürlichen Umwelt hin konzipiert werden, können sie dort auch nicht überleben. Sehen wir einmal davon ab, dass dies ein offenkundiger Trugschluss ist; ein Trugschluss aus dem wir wiederum höchst beunruhigende Schlüsse ziehen müssen, was das Problem- und Sicherheitsbewusstsein dieses Schlages von Experten angeht.

Wichtiger ist in diesem Zusammenhang, dass Myers‘ Argument immer noch in einem Kontext steht, in dem es eigentlich darum geht, Befürchtungen bezüglich biologischer Waffen zu zerstreuen – also im Hinblick auf Lebewesen, deren Überlebensfähigkeit notwendigerweise zum Design gehören muss.

Es wird also – mit dem Gestus des „Experten“ – ein Einwand mit Argumenten „widerlegt“, die auf den Einwand in Wirklichkeit gar nicht Bezug nehmen – beim Leser aber (zum Beispiel bei Thomas) den Eindruck hinterlassen, den Einwand widerlegt zu haben. Dass er es nötig hat, auf derart unsaubere und unredliche Tricks zurückzugreifen, lässt ahnen, dass er über Argumente zur Zerstreuung unserer Befürchtungen gerade nicht verfügt. Die Ahnung bestätigt sich, wenn er fortfährt:

Maybe someday when organisms can be built in some psychopath’s garage, then we should worry. But for now, this is an experiment that takes a lot of teamwork and money and experience to pull off.

Zu Deutsch: Noch kann man keine Biowaffen synthetisieren. Und noch, das liegt in der Logik des Arguments, kann man keine Menschen am Computer planen. Dass dergleichen aber möglich sein wird, und dass es dazu in Zukunft keines exorbitanten Aufwands mehr bedarf, daran lässt er keinen Zweifel: „…when organisms can be built in some psychopath’s garage“. When. Nicht if!

Als nächstes spricht er über den Einwand, Venter und seine Kollegen würden Gott spielen. Zunächst erwähnt er, dass die katholische Kirche das Experiment nicht rundheraus verurteilt hat:

The Catholic church, perhaps unsurprisingly since they’ve been burned in the past by the conflict between science and religion, is taking a very cautious stance on the issues. They clearly don’t quite know what to make of it, but are prepared to offer their services if any ethical concerns arise.

Wie weit die moralische Knochenerweichung in der katholischen Kirche und bis in den Vatikan hinein schon fortgeschritten sein muss, lässt sich daran ablesen, dass sie Venters monströses Projekt nicht a priori verurteilt. Einen Hardcore-Atheisten wie Myers kann man mit dieser Art Appeasement freilich nicht beeindrucken. Er schließt daraus nur, dass die Kirche an ihre eigenen Lehren nicht mehr glaubt. Immerhin: Ein Gutes hat diese Reaktion der Kirche doch, nämlich dass sie Myers zu einer bezeichnenden Reaktion provoziert:

Since it will be a long, long time before we can synthesize lubricious altar boys, however, I don’t think there will be much call for Catholic advice on the ethics of synthetic biology. Just say no to irrelevant old perverts offering science advice. Besides, the church is also full of conservative fusspots who will spout tired stereotypes.

Was sagt eigentlich einer über sich selbst aus, wenn er nicht etwa auf eine autoritäre Ansage, sondern auf die bloße Mahnung, ethische Standards nicht außer Acht zu lassen, mit einer derart hasserfüllten Sprache reagiert? Er sagt: Bleibt mir mit Moral und Skrupeln vom Hals! Er usurpiert nicht etwa, was schlimm genug wäre, für die Naturwissenschaften die Kompetenz zu definieren, was gut und böse ist, sondern leugnet, dass es in dieser Frage überhaupt ein moralisches Problem geben könnte. Die Ideologie einer morallosen Wissenschafts-Elite.

Wenn Angehörige einer solchen Elite sich darauf berufen, sie wollten doch nur Nützliches, zum Beispiel Kraftstoffe herstellen, ist das wenig beruhigend. Oder sollten wir erwarten, dass Mr. Myers seine moralischen Skrupel ausgerechnet in dem Moment entdeckt, wo ihm das Pentagon einige hundert Millionen Dollar auf den Tisch legt mit dem Auftrag, B-Waffen zu bauen?

Dass aber der Vorwurf, die Biologen wollten Gott spielen, inhaltlich zutrifft, gibt Myers selbst zu:

There is no god. The only creators are chance and selection, and now Craig Venter.

Es kommt ihm nicht in den Sinn, dass an dieser Einstellung irgendetwas bedenklich sein könnte, denn:

The „playing God“ noise is going to get even more tiresome, I’m sure. It’s nonsense. If what they’ve done is playing God, then god is biochemistry and molecular biology and the natural processes of physics. We’ve all been playing god every time we cook, or paint, or knit, or write, or create. It’s not a violation of the natural order, and it’s simply doing what humans always do. Apparently, being human is the same thing as being god.

Da Biologen, die künstlich Lebewesen herstellen, damit bloß Naturgesetze anwenden, dies die Quintessenz, spielt entweder überhaupt niemand Gott, oder bereits der, der ein Spiegelei brät, also praktisch Jeder. Dass es einen moralischen Unterschied ausmachen könnte, ob ich ein Lebewesen herstelle oder einen Kleiderschrank, kann von einem Atheisten wie Myers auf der Basis seiner Prämissen nicht erfasst werden. Und da aufgrund derselben Logik auch das Konstruieren von Menschen nicht verwerflich sein kann (Es werden ja nur Naturgesetze angewendet.), liegt hier eine Ideologie vor, die genau jene künstliche Fabrikation von Menschen rechtfertigt, vor der ich gewarnt habe. Ich muss zugeben, dass sogar ich verblüfft bin, wie bruchlos und widerspruchsfrei man von der Leugnung Gottes mit nur wenigen Gedankenschritten zu einer Frankenstein-Ideologie gelangt.

13 Gedanken zu „Die Frankenstein-Ideologie“

  1. Aus einem FAZ-Kommentar zu einem entsprechenden Artikel über Venter…


    Interessant ist der Vergleich mit der Software, die angeblich permanent von der „Informationsmaschine“ gelesen wird. Damit verbindet sich doch, dass Leben eine unmittelbar logische Ausrichtung vorausgeht. Woher diese Grundausrichtung stammt, kann Venter nicht beantworten, will er auch gar nicht. Insofern stellt Venters jetzige Forschungsarbeit den Schöpfungsbegriff nicht infrage. Wie heißt es in der Bibel: „Am Anfang war das Wort“ – der Logos also. Nur weil der Mensch die vorgegebene logische Struktur nutzt und modifiziert, wird er noch nicht zum Schöpfer des Lebens, ebensowenig wie ein Chirurg, der einem Patienten ein künstliches Herz einpflanzt. Auch da ist es so, dass der Mensch nur dank des mechanisch nachgebildeten Organs leben kann. Leben geschaffen hat auch Venter nicht, sondern modifiziert. Ob das ein Segen ist, darf man bezweifeln. Termini wie „Informationsmaschine“ für Leben deuten nicht unbedingt darauf, dass Venter ein vertieft ethisches Bild von Leben hat. Eine Maschine kann man nach belieben umbauen, abschalten und stillstellen. Darf man das mit einem Lebenwesen auch? Venter interessieren solche Bedenken wohl nicht, schon weil Sie seinen „Forschungsdrang“ und damit mögliche Verwertbarkeiten einschränken könnten.

    Ich lese seit fast 40 Jahren ‚Perry Rhodan‘ – von daher denke ich, wir sollten uns keine Illusionen machen: Cyborgs, Androiden, ’schlafende‘ Mikroorganismen, die zum ‚Zeitpunkt X‘ oder der ‚Bedingung Y‘ erwachen und ihr mörderisches Werk beginnen … wir werden das alles bekommen und niemand wird es verhindern.

    Wir hatten eine Epoche von ca. 150 Jahren, in der die Kapazität (ökonomisch-militärisch-wissenschaftlich) der Großmächte Frankreich und Großbritannien den Maßstab vorgaben. Diese Epoche wurde 1945 abgelöst von Mächten, deren Kapazität ca. viermal größer (oder doppelt so groß wie die gemeinsame Kapazität beider Großmächte der vorangegangenen Epoche) war, und die dann als ‚Supermächte‘ bezeichnet wurden und die ebenfalls von zwei konkreten Staaten repräsentiert wurde – den USA und der (implodierten) Sowjetunion.

    Gehen wir nochmal 150 Jahre weiter (von 1945), dann kommen wir an die Jahrhundertwende zum 22. Jahrhundert. Nehmen wir als Bedingung für ein qualitätiv neues Machtpotential, welches die Maßstäbe eines solchen 150-Jahr-Zyklus definiert, eine um den Faktor 4 größere Quantität der Bevölkerung (= ökonomischer Heimatmarkt), dann gibt es nur zwei Staaten, die diese Bedingung erfüllen: Indien und China.

    Wir können also damit rechnen, daß um die Wendezeit zum nächsten Jahrhundert ein entsprechendes politisches Drama wie das des letzten ‚Dreißigjährigen Krieges‘ (1914-1945) stattfinden wird, das die Ablösung der ‚Supermacht-Epoche‘ von der darauf folgenden Machtepoche bringen wird – wie auch immer man die dann konkret bezeichnen wird.

    Spätestens dann wird über die Macht auf der Erde außerhalb der Erde entschieden werden. Und all das, was wir hier als Keimstadium erleben, ob Roboter oder Venters ‚Informationsmaschinen‘ …

    http://www.faz.net/s/Rub117C535CDF414415BB243B181B8B60AE/Doc~ECC5D9058AE5647B19D4E383DFE02BC80~ATpl~Ecommon~Scontent.html

    … werden dann soweit entwickelt sein, daß sie als Darsteller auf der Bühne, die von allen dafür bereitet wird, sich dann voll werden ausagieren können. Natürlich kann man heute, wie in dem obigen Artikel, darüber reflektieren … mahnen … warnen – aber aufhalten, wie gesagt, wird das niemand. Das war im Grunde entschieden, als Adam vom Apfel abgebissen hat (der zwar kein Apfel, sondern wohl eine Feige war, aber im Ergebnis läuft es auf das gleiche hinaus).

  2. Wenn es also möglich wäre, Menschen künstlich zu synthetisieren: was sagt das dann theologisch aus? Über die Seele? Über eine Seeele als etwas vom Körper Unabhängiges, über eingehauchten Odem etc.? Über Gott, über seine Macht?

    Mir will doch scheinen, daß falls eine Synthese eines Menschen gelingen sollte, dies besagt, daß es keinen Gott gibt.
    Das ist bereits interessant.
    Mit welcher biblischen Autorität sollte dann aber eine Synthetisierung von Menschen kritisiert werden? Die Bibel ist ja durch eben diesen Vorgang als Unfug bewiesen worden.

    Das Thema wirft also gewichtige Fragen auf.
    Übrigens ist meine voreingenomene Meinung, mein bias, daß es tatsächlich nicht gelingen wird, größere lebensfähige Lebewesen zu synthetisieren, und auch die Schaffung von biologischen Waffen halte ich für unwahrscheinlich. Zugegebenemaßen auf der Basis von Lektüre von G. Hamer und dortigen Ansichten zu Viren und Bakterien, auch, weil ich hoffe, daß man dem Thema Komplexität dabei nicht Herr wird… aber, es ist mal mein bias.

  3. Mir will doch scheinen, daß falls eine Synthese eines Menschen gelingen sollte, dies besagt, daß es keinen Gott gibt.

    Was ist das denn für eine Küchentheologie?

  4. # Pit

    Wenn es also möglich wäre, Menschen künstlich zu synthetisieren: was sagt das dann theologisch aus? Über die Seele? Über eine Seeele als etwas vom Körper Unabhängiges, über eingehauchten Odem etc.? Über Gott, über seine Macht? …

    Ich denke, das Mißverständnis liegt hier einfach im Menschenbild. Die Naturwissenschaft reduziert das Bild des Menschen – ihren Prämissen gemäß – auf seine Erscheinungsform , soweit sie sie messend erkennen kann.
    Und an dieser Erscheinungsform arbeitet sich jetzt auch Venter ab. Die Erscheinungsform ist aber nicht der Inhalt, sondern Träger des Inhalts.

    Ein Beispiel: Nehmen wir an, irgendwelche frühzeitlichen Menschen können noch keine Gefäße herstellen, um etwa Wasser zu transportieren. Sie leben aber in einer Gegend, in der Kürbisse wachsen. Und die Frühmenschen essen diese Kürbisse und merken irgendwann, daß sie mit den Hüllen auch Wasser transportieren können. Das wäre jetzt der fiktive Ausgangspunkt der Fähigkeit des Menschen Gefäße zu entwickeln, um darin Wasser (bzw. Flüssigkeiten) zu transportieren.

    Etliche tausend Jahre später gibt es nun bei den Nachfahren dieser Frühmenschen auch einen Craig Venter, und der entwickelt Kunststoffe und Verarbeitungsmaschinen mit deren Hilfe dann alle möglichen Gefäße hergestellt werden, um etwa Wasser zu transportieren. Er hat aber nur Gefäße anders hergestellt – nicht Wasser geschaffen .

    Die Naturwissenschaft kann Aussagen über die Form machen, in der der Mensch in der physischen Welt erscheint; Aussagen über den Menschen kann sie nicht machen – sie kennt ihn nicht und wird ihn auch niemals (er)kennen. Erkennen in seiner Totalität kann ihn nur die Instanz, die ihn geschaffen hat. Absichtlich. Und Wissen um und über uns selbst – als das was wir eigentlich sind! – kann nur von dieser Instanz kommen. Ob wir dieses Wissen, wenn wir es etwa in Form der christlichen Religion erhalten, auch wirklich verstehen ist sicherlich zweifelhaft – ganz abgesehen von schlichten Fehlübersetzungen in andere Sprachen (Pinchas Lapide hat darüber ein aufschlußreiches Büchlein geschrieben). Aber aus uns selbst heraus werden wir dieses Wissen nicht gewinnen können, wenn wir davon ausgehen, daß wir Geschöpfe … geschaffene Wesen sind – und hätten wir uns selbst erschaffen, dann wüßten wir wohl alles über uns.

  5. „Offensichtlich ist Mensch sein dasselbe wie Gott sein.“
    Und wer was anderes denkt, ist ein irrelevanter alter Perverser!

    Ob von einem religiösen oder von einem säkularen Standpunkt aus beurteilt: Hybris in ihrer konsequentesten Form!

    Sähen solche Leute wie dieser Myers sich nur als Naturwissenschaftler, würden sie – so sollte man denken – sich einer anderen Sprache befleißigen. Sie sehen sich aber offensichtlich als gesellschaftspolitische Agenten und bedienen sich der Mittel, die im politischen Geschäft üblich sind: der Diffamierung und Beleidigung. Sie stellen mögliche Gegner als verkalkte Dummköpfe, ja als Kriminelle hin und lassen keinen Zweifel daran, dass sie davon überzeugt sind, dass ihnen die Zukunft gehört, dass sie eine Avantgarde sind, die dem notwendigen Gang der Weltgeschichte die Bahn ebnet – etwas was sie übrigens mit den linken Ideologen gemeinsam haben.

    In seinem Vortrag – an dessen Übersetzung ich gerade sitze -,
    lässt Venter zwar nicht den militanten Atheisten heraushängen, er lässt aber keinen Zweifel daran – soviel sei hier schon verraten -, dass es er und seinesgleichen sein werden, die die Welt retten werden, nicht aber die Regierungen. (Das letztere glauben wir allerdings auch.)

    „Hybris phyteuei tyrannon“ ist der Satz aus meiner Schülerzeit, der sich mir hier aufdrängt: „Die Hybris pflanzt den Tyrannen“ (Sophokles, König Ödipus).

    In diesem Zusammenhang ist auch interessant, was Fjordman in seinem Aufsatz „Mathematik und Religion“ (hier rechte Spalte: Counterjihad!)über das Selbstverständnis von Naturwissenschaftlern wie Newton schreibt, dass nämlich ihr primärer Antrieb gewesen sei, den Plan Gottes zu entschlüsseln, also damals noch eine dem rein naturwissenschaftlichen Erkenntnisinteresse übergeordnete religiöse Motivation. Das macht die Dimension des Weges von Newton zu Myers und Co. klar. Von ´Gott erkennen zu wollen´ zu ´selbst Gott sein´ – schon eine erstaunliche Selbstbeförderung!

    Die Übersetzung des Venter-Vortrags erscheint frühestens Sonntag. Schaut mal beim `Counterjihad´ rein!

  6. an gelegentlicher Leser:
    Vergleich falsch. Kürbis (Gefäß) – Wasser (Inhalt) / Mensch (Gefäß) – Seele (Inhalt).
    Wenn ein Mensch vollsynthetisiert wird, muß NICHTS Zusätzliches hineingefüllt werden. Genau diese Problematik habe ich angesprochen, du hast das nicht etwa argumentativ widerlegt, sondern nur die Gegenbeauptung bekräftigt unter dem Vortäuschung, eine Beweis zu führen.

    Ich behaupte: ein vollsynthetisierter Mensch hat Seele / Bewußtsein, was auch immer, wie jeder auf natürlichem Wege erzeugte Mensch. Was auch immmer daraus folgen mag. Der Theist, Kreationist kann ja immer noch sagen, so wurde es eben geschaffen.
    Die Problematik liefert gar keine Aussage zu der Frage, ob und was wir über uns wissen können.

    Ich sehe andere interessante Aspekte dabei:
    1)irgendwo heißt es, Gerhard Vollmer, oder Jaques Monod oder so: Bewußtsein ist eine Funktion komplex organisierter Materie. Das, und ein paar andere Aspekte des Lebendigen (Reizbarkeit, Rückkopplung mit Reizen, Überlebenswille, sowie Leben nur auf der Basis ständigen chemischen Ungleichgewichts) macht für mich das Phänomen Bewußtsein zugänglich.

    2)Fragen, welche Eigenschaften Materie vielleicht zusätzlich hat über das hinaus, was wir überlicherweise darüber denken. Was dann allerhand Phänomene aus dem Bereich des Seelischen erklären könnte, wie Gedakenübertragung, Intuition u.ä.. Komplex organisierte Materie, organische Lebewesen, könnten ja allerlei Phänomene aufweisen, die man eben noch nicht ausreichend beobachtet und erfaßt hat, da mag Elektromagnetismus eine Rolle spielen, oder seltsame Phänomene wie Supraleitfähigkeit oder Supraflüssigkeit, auch Quantenphänomene wie Fernwirkung, zuguterletzt vielleicht noch vieles Andere, was wir bisher noch überhaupt nicht kennen.

  7. Es ist etwas OT, aber da es beim obigen Artikel implizit ja auch um das Thema ‚Christentum bzw. christliche Theologie‘ geht, und ich zudem schon auf den Punkt ‚Fehlübersetzung der Bibel‘ hingewiesen hatte, hätte ich eine Frage an diejenigen hier, die sich (hoffentlich) besser als ich mit der Bibel auskennen. Ich habe gestern in einem Strang auf einer anderen Seite folgenden Kommentar gefunden:


    Franz von Sickingen 25. May 2010 at 12:40 | #272 Reply | Quote Thoniz #223

    Zum besseren Verständnis der “Feindesliebe” hier einmal die lateinische Fassung (vulgata) aus Matthäus 5,43-44:

    43 audistis quia dictum est diliges proximum tuum et odio habebis inimicum tuum
    44 ego autem dico vobis diligite inimicos vestros benefacite his qui oderunt vos et orate pro persequentibus et calumniantibus vos

    Da steht also inimicus = nicht öffentlicher Feind und nicht hostis = Staatsfeind. Inimicus meint eher den persönlichen Feind.
    Verstehen Sie nun den feinen Unterschied?
    Einen öffentlichen Feind/Staatsfeind könnten Sie also auch nach der Bergpredigt mit allen Ihnen zur Verfügung stehenden Mittel bekämpfen. Und das hat die Kirche ja in den Jahrhunderten zuvor auch so praktiziert.
    Auch ist interessant, dass die Bergpredigt nicht an das Volk gerichtet ist, sondern an seine Jünger:

    „Da er aber das Volk sah, ging er auf einen Berg und setzte sich; und seine Jünger traten zu ihm. Und er tat seinen Mund auf, lehrte sie (nicht „es“!) und sprach: …“

    Wenn das richtig ist, dann verstehe ich einmal mehr den Vertrauensverlust vieler bezüglich der Kirche. Denn ich kann mich nicht entsinnen, daß ich jemals von irgendjemandem, der die Botschaft der Kirche repräsentieren sollte, etwas über diesen Punkt gehört habe.

    Beginnend mit dem Konfirmationsunterricht bis zu unterschiedlichsten Ereignissen allgemeiner Bedeutung, in denen dieser Punkt der ‚Feindesliebe‘ meiner Erinnerung nach in der öffentlichen Diskussion auch aufgetaucht ist (RAF, Nato-Nachrüstung etc.) habe ich niemals etwas von dieser Differenzierung der ‚Feindesliebe‘ gehört. Auch die Bischöfin Käßmann oder andere Repräsentanten beider Konfessionen haben anläßlich des … Krieges in Afg. nichts darüber erwähnt.

    Meine Frage an die, die sich hier mit der Bibel hoffentlich besser auskennen als ich, wäre also: Ist diese Differenzierung nicht bekannt? Und falls dem so sein sollte – was sagt das dann über die theologische Klasse aus? Oder gibt es irgendwelche theologischen Gründe, die sich im Verlauf der geschichtlichen Diskussion ergeben haben, die zu der gängigen Interpretation (a-l-l-e Feinde, nicht nur der ‚Feind‘ unter dem gemeinsamen Dach) geführt haben und deren Kenntnis allgemein vorausgesetzt werden kann?

  8. @gelegentlicher Leser

    Christus spricht an dieser Stelle nicht vom existentiellen Todfeind und das war vor der linken Kulturrevolution sicherlich Allgemeingut, wie wären christliche Staatenlenker sonst überhaupt vorstellbar gewesen? Im katholischen Katechismus schlägt sich dieser Unterschied nach wie vor nieder. Stichpunkt: Selbstverteidigung, Krieg, Gerechtigkeit, Ordnung…

    http://www.vatican.va/archive/DEU0035/_P86.HTM

    2309 Die Bedingungen, unter denen es einem Volk gestattet ist, sich in Notwehr militärisch zu verteidigen, sind genau einzuhalten. Eine solche Entscheidung ist so schwerwiegend, daß sie nur unter den folgenden strengen Bedingungen, die gleichzeitig gegeben sein müssen, sittlich vertretbar ist:

    – Der Schaden, der der Nation oder der Völkergemeinschaft durch den Angreifer zugefügt wird, muß sicher feststehen, schwerwiegend und von Dauer sein.

    – Alle anderen Mittel, dem Schaden ein Ende zu machen, müssen sich als undurchführbar oder wirkungslos erwiesen haben.

    – Es muß ernsthafte Aussicht auf Erfolg bestehen.

    – Der Gebrauch von Waffen darf nicht Schäden und Wirren mit sich bringen, die schlimmer sind als das zu beseitigende Übel. Beim Urteil darüber, ob diese Bedingung erfüllt ist, ist sorgfältig auf die gewaltige Zerstörungskraft der modernen Waffen zu achten.

    Dies sind die herkömmlichen Elemente, die in der sogenannten Lehre vom „gerechten Krieg“ angeführt werden.

    Die Beurteilung, ob alle diese Voraussetzungen für die sittliche Erlaubtheit eines Verteidigungskrieges vorliegen, kommt dem klugen Ermessen derer zu, die mit der Wahrung des Gemeinwohls betraut sind.

    2310 Die staatlichen Behörden haben in diesem Fall das Recht und die Pflicht, den Bürgern die zur nationalen Verteidigung notwendigen Verpflichtungen aufzuerlegen.

    Diejenigen, die sich als Militärangehörige in den Dienst ihres Vaterlandes stellen, verteidigen die Sicherheit und Freiheit der Völker. Wenn sie ihre Aufgabe richtig erfüllen, tragen sie zum Gemeinwohl der Nation und zur Erhaltung des Friedens bei [Vgl. GS 79,5.].

    2311 Die staatlichen Behörden sollen sich in angemessener Weise um jene kümmern, die aus Gewissensgründen den Waffengebrauch verweigern. Diese bleiben verpflichtet, der Gemeinschaft in anderer Form zu dienen [Vgl. GS 79,3].

    2312 Die Kirche und die menschliche Vernunft erklären, daß das sittliche Gesetz während bewaffneter Konflikte in Geltung bleibt. Es „wird nicht deshalb, weil ein Krieg unglücklicherweise ausgebrochen ist, damit nun jedes Kampfmittel zwischen den gegnerischen Parteien erlaubt“ (GS 79,4).

    http://www.vatican.va/archive/DEU0035/_P87.HTM

    Das ist traditionelle, christliche Moralität. Kein Hippiegeschwätz. Zum Unterschied hostis/inimicus habe ich in einem älteren Fred bereits einiges verlinkt:

    http://www.korrektheiten.com/2009/02/06/tu-es-petrus/comment-page-1/

    Auch unter den Reformierten gibt es also noch gebildete Menschen mit vernünftigen Ansichten. In Momenten der Verzweiflung hilft es, sich imm wieder klar zu machen, dass das ausgehöhlte linksliberale Christentum weltweit gesehen eine kleine Gruppe ist, die dazu eifrig an der Selbstabschaffung und -destruktion arbeitet. Momentan zum Schaden für uns, aber eine Reevangelisierung ist doch denkbar.

  9. # Monalisa

    Herzlichen Dank für die Hinweise – das Gespräch mit Pfarrer Vogelsanger war sehr lehrreich. Schade, daß man mit solchen Texten nicht früher in Kontakt kam.

  10. # Pit

    Vergleich falsch. Kürbis (Gefäß) – Wasser (Inhalt) / Mensch (Gefäß) – Seele (Inhalt).

    Diese Analogie habe ich nicht dargestellt, sondern wenn schon, dann die folgende:

    Kürbis (Gefäß) – Wasser (Inhalt)
    Körper (Gefäß) – Seele (Inhalt)

    Wenn ich dich richtig verstehe, bestätigst Du mir eigentlich nur das, wovon ich in meinem ersten Kommentar bereits ausgegangen bin – daß es sich bei einer (im weitesten Sinne) theologischen Sichtweise und einer naturwissenschaftlichen Sichtweise eben um Sichtweisen handelt, die ’sich nicht verstehen‘. Wobei mir das Nichtverstehen eher auf seiten der Naturwissenschaft zu liegen scheint, denn – wenn ich deine Sicht einmal mit der naturwissenschftlichen Sicht gleichsetze – du/die Naturwissenschft setzt ‚Körper‘ und ‚Mensch‘ anscheinend gleich.

    Ich dagegen verstehe ‚Mensch‘ als diejenige Einheit, die ‚Körper‘, ‚Seele‘ und ‚Geist‘ integriert – wobei ich nicht einmal genau definieren kann, was die Begriffe genau bedeuten. ‚Seele‘ etwa könnte ich nur näherungsweise umschreiben als ‚Instanz, die Inhalte empfinden und (mit-)fühlen kann‘; damit weiß ich beispielsweise noch nicht, woraus diese Instanz etwa besteht … und ob sie noch weitere Funktionen hat, die mir unbekannt sind. Und mit den anderen Begriffen geht es mir ähnlich, wobei ich über ‚Körper‘ natürlich noch am meisten wissen kann.

    Ansonsten könntest du durchaus recht haben … – Wenn ein Mensch vollsynthetisiert wird, muß NICHTS Zusätzliches hineingefüllt werden. … oder auch nicht, denn: Solange du nicht einmal genau sagen kannst, was ‚Seele‘ und ‚Geist‘ ist (wenn wir den vollständigen Menschen als etwas verstehen wollten, das zumindest aus diesen drei … ‚Elementen‘ bestünde) … – wie willst du da überprüfen, ob der Mensch auch vollständig ist?

    Ich habe in meinem ersten Kommentar in diesem Strang bereits gesagt, daß ich sicher bin, daß wir all das bekommen werden, was die Science-Fiction uns schon seit Jahrzehnten beschreibt. Meine Bewertung dieser Entwicklung hat schon ein anderer Kommentator zum Ausdruck gebracht:


    M.L.:
    22. Mai 2010 um 15:15
    “Folg’ nur dem alten Spruch und meiner Muhme, der Schlange, Dir wird gewiß einmal bei deiner Gottähnlichkeit bange!”

    Abschließend: Ich wollte mit meinem Kommentar auf deinen ersten Kommentar quasi nur ein ‚Vermittlungsangebot‘ machen, aber nicht in eine Diskussion über die von dir im weiteren noch angesprochenen Punkte (‚Bewußtsein als Funktion komplex organisierter Materie‘ etc.) einsteigen. Ich kenne diese Diskussionen aus meiner Jugend und weiß, daß sie nicht an ein Ziel führen, sondern in die (potentielle) Endlosigkeit von Rede und Gegenrede.

    Ich habe diese Diskussionen damals geführt, weil ich unsicher war und nach (metaphysischer) Sicherheit gesucht habe – und glaubte, durch Diskussionen an dieses Ziel zu kommen. Als ich die Sicherheit dann hatte, hatte ich sie jedenfalls nicht durch den Austausch von Argumenten gefunden. Du kannst den Betreiber dieses Blogs in gewisser Weise als Beispiel nehmen: Er war wohl über ein Dutzend Jahre Mitglied der SPD und all das, was ihn am Ende bewogen hat diese Partei zu verlassen, hätte man ihm in Form von Argumenten wohl schon bei seinem Eintritt anbieten können. Es hätte nur nichts genützt, denn er mußte das, was als Erfahrung anderer ihm bereits zum Zeitpunkt seines Eintritts in Form von Argumenten hätte gesagt werden können, erst als eigene Erfahrung empfinden , um so weit zu kommen sich von der Resonanz zu dieser Partei lösen zu können.

    Und deshalb wird dich auch die Diskussion über die von dir aufgeworfenen Punkte nicht weiterbringen, aber sie wird dich (im besten Fall) an den Punkt deiner Lebensgeschichte bringen, an dem du den Sprung machen kannst. Den Sprung auf eine höhere Betrachtungsebene von der aus gesehen dich dann das, was dich jetzt noch brennend zu interessieren scheint eben nicht mehr besonders interessieren wird. Ich bitte daher um Verständnis, wenn ich mich an dieser Stelle ‚ausklinke‘, weil – wie ich schon dargelegt habe – ich an einer Diskussion über die Punkte, die dich interessieren, einfach kein Interesse habe.

  11. @Pit.

    Bewußtsein als Funktion organisierter Materie, in dem Sinne, daß organisierte Materie ihren Zustand stets empfindet, führt auf allerlei Schwierigkeiten, insbesondere die Frage nach der Grenzziehung der einzelnen Bewußtsein: Materie ist (quasi) kontinuierlich im Raum verteilt und Bewußtsein sind isoliert im Raum verteilt, wie kann das funktional von Statten gehen?

    Natürlich besitzt diese Sicht auch ihre eigene Richtigkeit, und seit Menschen Alkohol trinken, ist das auch bekannt, eine Veränderung der Chemie führt zu einer Veränderung des Bewußtseins.

    Letztlich ist dieses Denken aber selbst rein synthetisch und versucht aus Bekanntem etwas Unbekanntes zusammenzustöpseln. Das Ergebnis dessen ist zwangsläufig, daß man am Ende nicht wirklich klüger ist als am Anfang.

    Bei Plotinos (~300 A.D.) finden sich einige sehr moderne Überlegungen dazu, was die belebende Kraft ihrem Wesen nach wohl ist. Er vergleicht sie mit Licht, welches auf eine bestimmte Region des Körpers scheint, sagt, daß sie eben das Gesetz sei, nach dem sich die „körperliche Seele“ verhalte. Es ist wichtig Plotinos da nicht zu unterschätzen und die Sache mit dem Licht nicht als Kitsch zu lesen. Was er meint ist, daß das Innerste eines Menschen ein (Natur-)Gesetz oder eine mathematische Funktion ist, welche eben dadurch, daß sie auf eine bestimmte Anschauung auf eine bestimmte Weise reagiert, ihr Wesen, ihren Charakter offenbart.

    Warum gibt es überhaupt Naturgesetze? Warum hat Materie einen Charakter, welcher sich in den Naturgesetzen zeigt?

    Weil? Die naheliegende Antwort lautet, daß dies eben die Grundbausteine der Existenz sind, also auf einander angewendete Funktionen, welche der Funktion, welche wir sind, sich über mehrere Stufen der Vermittlung als Materie mit den uns bekannten Eigenschaften darstellt.

    Nun ist die Funktion, welche wir sind, freilich eine sehr spezielle Funktion, bedingt durch ihren Einflußbereich, welcher selbst wieder aus organisierten uns unterworfenen Funktionen bestände. Einerseits. Andererseits ist sie als existente Funktion sämtlichen anderen existenten Funktionen wesensgleich und besitzt auch so etwas wie eine unterschwellige existentielle Freiheit.

    Nun weiß man natürlich nicht, warum sich diese Funktionen bilden. Wenn eine Eichel nach dem Winter anfängt zu keimen, so hat sich zuvor die Chemie verändert. Nicht jede Eichel keimt, aber dennoch liegt es nahe, die richtige Balance als hinreichend zur Keimung anzusehen. Allerdings sollte gerade dieses Beispiel auch eine gewisse Vorsicht lehren, denn diese Balance ist sehr subtil, kann also möglicherweise – und für mich ist das nicht bloß eine Möglichkeit – von etwas abhängen, was man üblicherweise den Einfluß Gottes nennt.

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