Reden ist Silber

Es war absehbar, dass Guido Westerwelle mit seinen völlig zutreffenden Bemerkungen zum Thema „Hartz IV“ die Kritik der Kabarettisten auf sich ziehen würde, insbesondere der Minderleister unter ihnen, also derjenigen, die noch nicht gemerkt haben, dass nichts so einschläfernd wirkt wie der politisch korrekte Konformismus. Michael Lerchenberg scheint auch so einer zu sein. Stern.de zitiert ihn:

Alle Hartz IV-Empfänger sammelt er [Westerwelle] in den leeren verblühten Landschaften zwischen Usedom und dem Riesengebirge, drumrum ein großer Zaun. Zweimal am Tag gibt’s a Wassersuppn und einen Kanten Brot (…) und überm schmiedeeisernen Ausgang, bewacht von jungliberalen Ichlingen im Gelbhemd, steht: ‚Leistung muss sich wieder lohnen.‘

Wahrscheinlich ist das Publikum eingeschlafen, nicht aber der inquisitorische Dauerdienst vom Zentralrat der Juden:

Die Präsidentin des Zentralrats, Charlotte Knobloch, erklärte am Donnerstag in München, in der Rede sei eine Grenze überschritten worden, „die nicht hinnehmbar ist“.

Und zwar wegen der Anspielung auf „Arbeit macht frei.“

Westerwelle wiederum, der seit Monaten auf der diplomatischen Bühne herumstakst wie der Storch im Salat, packte die Gelegenheit beim Schopfe, erneut seinen völligen Mangel an Humor, Reife, Souveränität, Angst vor Lächerlichkeit, Schamgefühl (und dreihundert weiteren Eigenschaften, die einen Spitzenpolitiker auszeichnen sollten) zu demonstrieren:

Westerwelle schrieb dem Veranstalter, der Münchener Paulaner-Brauerei, er wolle nicht mehr zu der Satire-Veranstaltung eingeladen werden.

Ich schlage vor, wir stecken ihn gemeinsam mit Oma Knobloch und Michael Lerchenberg in ein Trappistenkloster. Über dem Tor das Motto: „Schweigen ist Gold.“

3 Gedanken zu „Reden ist Silber“

  1. Es läuft wie immer.  Aus einer Rede wird ein Teil herausgenommen und alle diskutieren nur über diesen winzige Ausschnitt.  Die Fastenpredigt war insgesamt ernst und die Derbleckten bekamen mehr als deutlich den Spiegel vorgehalten.  In diesem Rahmen galt die zitierte Passage als Warnung, daß man sich in einer falschen Richtung bewegt.
    Nach der „nicht hinnehmbaren“ (Knobloch) Passage, konnten jedenfalls die meisten noch Beifall klatschen und auch lachen.  Die Empörung wuchs erst, als Frau Knobloch das „Böse“ in der Predigt gefunden hatte.  In diesem Punkt sehe ich eine Parallele zur Rede von Martin Walser in der Paulskirche.  Dort zunächst stehende Ovationen dann, als Ignaz Bubis das „Böse“ erkannt hatte, tauchten alle ab.
    Den Nutzen haben die derbleckten Politiker. Sie können sich in Fäustchen lachen, der Bösewicht ist der Bote der schlechten Nachricht und sie sind fein raus.
     

  2. Dass Westerwelle pikiert wäre, wegen der satirischen Anspielungen auf seine Person, dürfte im Bereich der Spekulationen liegen. Schließlich hat er sein Fernbleiben durch nichts gerechtfertigt.
    Es geht mir nicht um Politzampanos, aber es hat dennoch etwas souveränes, wenn einem Spekulationen über die eigene Person egal sind, nach dem Motto: „Sollen sie sich doch ihr Maul über mich zerreißen.“
     
     
     

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