Subtile Umerziehung

EU will neues Fortschrittsbarometer schaffen – Yahoo! Nachrichten Deutschland. [Der ursprünglich hier stehende Link ist nicht mehr gültig. M.K.-H., 29.01.2011]

(AFP) In Europa soll es bald ein neuartiges Fortschrittsbarometer geben. Die Europäische Kommission will nach einem in Brüssel veröffentlichten Strategiepapier das Monopol des Bruttoinlandsproduktes (BIP) brechen, das die Wirtschaftsleistung der Volkswirtschaften misst. Zur Wohlstandsberechnung sollen ab dem kommenden Jahr auch die Umwelt- und Lebensqualität herangezogen werden.

In der Kommissionsmitteilung heißt es, das aus den 1930er Jahren stammende BIP habe im 21. Jahrhundert seine Grenzen erreicht. „Um die Welt zu verändern, müssen wir die Art und Weise ändern, wie wir die Welt verstehen“, erklärte EU-Umweltkommissar Stavros Dimas in Brüssel: „Dafür müssen wir über das BIP hinausgehen.“

Auch wenn es nicht zum Thema gehört, erlaube ich mir den Hinweis, dass man offenbar weder sachlich kompetent sein noch Deutsch können muss, um für AFP zu schreiben: Die Metapher vom „Barometer“ passt denkbar schlecht zu der vom „Fortschritt“, weil man mithilfe eines Luftdruckmessgerätes nun einmal nicht das Voranschreiten von irgendetwas messen kann. Des weiteren hat die EU-Kommission nicht vor, die „Wirtschaftsleistung der Volkswirtschaften“ anders als mit dem BIP zu messen, sondern den „Wohlstand“ – das ist aber nicht dasselbe. Außerdem stammt nicht das Bruttoinlandsprodukt aus den dreißiger Jahren, sondern der Begriff „Bruttoinlandsprodukt“ und seine Definition. Dass das BIP „seine Grenzen erreicht“ hätte, würde bedeuten, dass es nicht mehr wachsen könnte; gemeint ist aber, dass der Begriff die Grenzen seiner Erklärungskraft und Relevanz erreicht habe, also etwas ganz anderes.

Dass man von einem solchen Universalkretin keine kritischen Anmerkungen zu dem von ihm beschriebenen Vorhaben der EU-Kommission erwarten kann, versteht sich von selbst:

Es ist ja zutreffend, dass ins BIP nur einfließt, was am Markt gehandelt wird. Es enthält weder positiv die unbezahlte Arbeit der Hausfrau noch negativ die Folgen von Umweltverschmutzung, Islamisierung und sonstigen unerwünschten Entwicklungen. Auch die Leistungen miteinander konkurrierender Werbestrategen oder Anwaltskanzleien werden nicht etwa miteinander verrechnet (obwohl jede die Anstrengungen des Gegners zunichte macht), sondern addiert. Ein Wohlstandsmaß ist dass BIP also nicht, kann es auch nicht sein, weil es objektive Größen misst, während es „Wohlstand“ nur als gefühlten gibt.

Wer das Bruttoinlandsprodukt misst, erhält als Ergebnis ebensowenig das Maß des Wohlstandes wie der, der den Kohlendioxidgehalt der Luft, den Moslemanteil an der Bevölkerung oder die Anzahl der Haare auf dem eigenen Kopf misst! Dem Wohlstand kommt man nicht dadurch auf die Spur, dass man das Indexsystem perfektioniert.  Wer den Wohlstand einer Gesellschaft messen will, braucht im Grunde nur einen Meinungsforscher mit der Frage „Wie geht es Ihnen?“ loszuschicken. Zwar wäre auch dieses Vorgehen methodisch problematisch, aber die Ergebnisse würden allemal mehr über den Wohlstand aussagen als irgendein noch so ausgefeilter, objektive Größen messender Index.

Jeder derartige Index setzt unweigerlich eine Vorentscheidung darüber voraus, was als „Wohlstand“ betrachtet werden soll und was nicht – und eine Entscheidung darüber, wer diese Vorentscheidung trifft. Wenn wir uns dies bewusst machen, wundern wir uns nicht darüber, dass die EU-Kommission nicht etwa besagten Meinungsforscher losgeschickt hat: Die Bürger könnten ja ein falsches Bewusstsein haben – sprich: anderer Meinung sein als die EU-Kommission. Da geht man doch lieber auf Nummer sicher:

Neben dem Wachstumsbarometer will die Kommission ab 2010 einen Umweltindex schaffen, der Aufschluss über die Luft- oder Wasserreinheit geben soll. Zudem sollen Faktoren wie die soziale Gleichstellung und die Lebensqualität in Städten einbezogen werden.

Die „soziale Gleichstellung“ als Wohlstandsmaß: Wer arm ist, dies die dahinterstehende Ideologie, soll es als zusätzliche Schmälerung seiner Lebensqualität empfinden, dass Andere reich sind. Wer dagegen reich ist, soll es als Minderung seiner Lebensqualität ansehen, dass Andere es nicht sind. Da ein derart verqueres Gefühlsleben bei den wenigsten Menschen empirisch anzutreffen sein dürfte (außer bei verwöhnten Gutmenschen oben und asozialen Neidhammeln unten), kann die EU-Kommission die Bürger nicht nach ihrer Meinung fragen, sondern muss von Amts wegen verordnen, was unter „Wohlstand“ zu verstehen und dass er dann am größten ist, wenn Alle unter Brücken schlafen.

Man fragt sich, warum die Beamten, die sich das ausgedacht haben, nicht einfach nach Nordkorea auswandern, wo ihr Wohlstandsbegriff zweifellos den Beifall von Partei und Staat finden wird. Wahrscheinlich, weil sie von dem Alptraum gequält werden, wir Europäer könnten dann womöglich nicht in den Genuss solch bahnbrechender sozialistischer Errungenschaften wie zum Beispiel des „Fortschrittsbarometers“ kommen.

Da lehrt man unsereinen lieber das „richtige“ Bewusstsein, und zwar in der bewährten Manier, „Neusprech“ zu verbreiten:

Wenn es  nun einmal nicht möglich ist, sinnvoll zu begründen, was Verteilungsgleichheit mit Wohlstand zu tun hat, dann liegt es nahe, sich des lästigen Zwangs zum Argument dadurch zu entledigen, dass man den Sozialismus von vonherein in den Begriff „Wohlstand“ hineindefiniert.  Ist erst einmal ein „Fortschrittsbarometer“ amtlich definiert und arbeitet man damit (oder mit einem Lebensqualitätsindex oder wie immer man das sozio-ökonometrische Monstrum nennen will, das Brüssel sich gerade ausdenkt), dann wird nach einer gewissen Eingewöhnungsphase niemand mehr daran denken oder danach fragen, dass in dieses Maß sozialistische Ideologie eingangen ist. Man wird nicht einmal mehr verstehen, was an einer solchen Selbstverständlichkeit wie der, dass Gleichheit etwas Erstrebenswertes sei, eigentlich sozialistisch sein soll.

15 Gedanken zu „Subtile Umerziehung“

  1. Es muß mit der Illusion aufgeräumt werden, daß das sog. BIP etwa der Spiegel (und Meßlatte) wirtschaftlichen Fortschritts ist. Das hatte bereits Ludwig Erhard erkannt und moniert. Man stelle sich vor, daß binnen zwei Wochen ALLE Wohnhäuser in Deutschland abbrennen: Nach Maßgabe dieser merkwürdigen Betrachtungsweise erwüchse daraus ein Jahrtausendsprung des BIP. Das Land würde also buchstäblich im Wohlstand schwimmen. In Wahrheit dagegen, wäre das Land und seine Bürger pleite. Es könnte erst ein Vielfaches davon die entstandenen materiellen Schäden ersetzen. Von den kulturellen Schäden mal ganz abgesehen. Man kann das BIP auch gezielten Selbstbetrug nennen. Bei jedem KFZ-Unfall, welcher ja auch das BIP steigert, leicht nachzuvollziehen.

  2. Hier wird es schon bald weniger subtil:
     
    Die EU-Kommission plant, das Los der Bootsflüchtlinge und anderer Flüchtlinge zu verbessern. Konkret sollen sie, um nicht ihr Leben auf offenem Meer riskieren zu müssen, per „Neuansiedlungsprogramm“ direkt und legal nach Europa einreisen dürfen, bekommen die Staatsbürgerschaft des Aufnahmelandes in Aussicht und dazu noch Bares auf die Kralle.
     
    http://ec.europa.eu/news/justice/090902_de.htm
     

    „Das Programm soll Ländern die Aufnahme von Flüchtlingen erleichtern und den damit verbundenen Kostenaufwand verringern. Ferner soll es zu einer Verbesserung der humanitären und politischen Auswirkungen der Neuansiedlungsmaßnahmen führen. Um zur Teilnahme anzuregen, sollen die teilnehmenden Länder 4 000 Euro für jeden der im Rahmen des Programms neu angesiedelten Flüchtlinge erhalten.“

     
    Die „Festung-Europa-von-innen-Knacker“ hat man sich demnach nicht als fanatisierte und indoktrinierte Jugendliche, linken Phantasien nachhängende Langzeitstudenten und selbsthassende Pressevertreter vorzustellen, sondern als offiziell ernannte und hochbezahlte EU-Kommissare.
     
    Das „vereinte Europa“ wäre selbst dann eine fragwürdige Idee, wenn es die etablierten Nationalstaaten auf- und zugunsten einer exklusiv europäischen Identität ablösen wollte. So war es aber anscheinend niemals gedacht. „Europäische Union“ bedeutet: Die Zusammenführung aller Völker zur Welteinheitsmenschheit soll auf europäischen Boden stattfinden, und das fleißige europäische Steuervieh darf sie finanzieren. Nicht vergessen:
     

    Der Mensch der fernen Zukunft wird Mischling sein. Die
    heutigen Rassen und Kasten werden der zunehmenden Überwindung von Raum, Zeit und Vorurteil zum Opfer
    fallen. Die eurasisch-negroide Zukunftsrasse, äußerlich der altägyptischen ähnlich, wird die Vielfalt der Völker durch eine Vielfalt der Persönlichkeiten ersetzen.

     
    Richard Nikolaus Graf von Coudenhove-Kalergi, 1925

  3. @Manfred Danke für den Beitrag. Habe ich schon an jemanden geschickt, der bisher aber lernresistent war.
    @Thatcher.
    Ja, davon hatte ich auch schon ich glaube bei kewil gehört. Man muss ja kein Prophet sein, um zu wissen, dass sich dann zB Rumänien und Bulgarien die Aufnahme der Flüchtlinge bezahlen lassen, sie mit der Staatsbürgerschaft ausstatten und sich dann sicher sein können, dass sie eh nach Westeuropa weiterziehen. Aber man muss doch auch berücksichtigen, dass sich diese Entwicklung in allen westlichen Ländern abspielt. Die Schweiz und Norwegen sind wohl noch politisch korrekter als der Rest Europas. Und das erste Land mit einer nicht-weißen Mehrheit werden die USA sein. Unabhängig davon ist diese globalistische Idee in der EU natürlich schon mehr institutionalisiert und stärker gegenüber dem demokratischen Prozess abgeschirmt.

  4. 1. Auferstanden aus Ruinen
    Und der Zukunft zugewandt,
    Laß uns dir zum Guten dienen,
    EU, einig Vaterland.
    Alte Not gilt es zu zwingen,
    Und wir zwingen sie vereint,
    Denn es muß uns doch gelingen,
    Daß die Sonne schön wie nie
    |: Über der EU scheint. 😐

  5. Das BIP hat einige systematische Schwächen:
    Beispiel 1:  Messung von unendgeltlichen Tätigkeiten
    Zwei klassische Familien, die Männer arbeiten, die Frauen hüten die Kinder und machen den Haushalt. BIP=Einkommen der beiden Männer
    Nun Professionalisieren wir die beiden Hausfrauen: Eine wird Kindererzieherin, die andere Haushälterin. Die beiden Familien zahlen sich gegenseitig jeweils 1000€, um die Dienstleistungen der jeweils anderen in Anspruch zu nehmen. Ergebnis: BIP steigt um 2x 1000€, obwohl nicht mehr Dienstleistungen produziert wurden.
    Beispiel 2: Staatsausgaben
    Beamtengehälter steigern das BIP um ihren Betrag, egal, was der Beamte macht. 1 Million € fürs Bleistiftanspitzen werden genauso bewertet wie 1 Mio für Lehrer.
     
    Beispiel 3: Eine Volkswirtschaft mit hoher Kriminalität, die z.B. 100 Milliarden für Sicherheitsdienste ausgeben muss (man denke etwa an Südafdrika), wird genauso bewertet wie eine friedliche, die 100 Mrd. an Konsumgütern erzeugt, obwohl in letzterer das Wohlstandsniveau höher wäre.
     
     

  6. @Chripa
    Deine Aussage impliziert, dass Europa nicht einmal dann vor dem Weltvereinheitlichungs-Irrsinn verschont bliebe, wenn es den EU-Moloch nicht gäbe. Bisher hatte ich immer noch die Hoffnung, man könne diesen Apparat irgendwie zerschlagen und die Kommissare und Volksverräter erschießen oder aufhängen. Sicherlich wären durch solch eine blutige Aktion die Bemühungen erheblich aufgehalten oder behindert, aber wohl doch nicht beendet.
     
    Vielleicht gibt es in Europa ja auch aus dem Grund nur noch Republiken und konstitutionelle Monarchien, weil die Demokratie gegen ein solches Arkanprogramm prinzipiell wehrlos ist? Denn wo der fernsehkonsumierende Prekarianer genausoviel zu sagen hat wie derjenige, der, wenn es nicht den Ersten Weltkrieg gegeben hätte, heute auf dem Hohenzollernthron säße, da müssen die Angelegenheiten des gesamten Volkes, seiner Nation und seines dauerhaften Wohlergehens,  zwangsläufig aus  dem Blick geraten.
     
    Wem nützt eine solche Form der „Herrschaft“?
     
    Die „Überwindung der Nationalstaaten“ wird uns geistig minderbemittelten Kretins, die wir uns weigern, „aus der Geschichte zu lernen“, doch immer als die Quintessenz der beiden verheerenden Weltkriege aufgetischt, für die der Nationalismus ursächlich verantwortlich gewesen sei. Wenn ich die jüngst auch hier aufgeflammte historische Debatte um den 1. September – sowie die offensichtlich falsche Schuldzuweisung für den 1. Weltkrieg – rekapituliere, dann war für beide Kriege gar nicht so sehr der deutsche Nationalismus verantwortlich, sondern vielmehr der Wille, Deutschland zu schwächen, um es dem westlichen Wirtschaftssystem einverleiben zu können (Großbritannien, USA) bzw. die westlichen Staaten sich gegenseitig schwächen zu lassen, um sie der Sowjetunion einverleiben zu können (Sowjetunion).  Die europäischen Nationalstaaten wurden – vorausgesetzt, Schultze-Rhonhofs Erkenntnisse sind zutreffend und die Schlußfolgerungen legitim – mutwillig zerstört, die Sieger erklärten daraufhin den Besiegten, sie seien schuld an allem und müssten daher die Umerziehung und Entnationalisierung, gar die Umzüchtung zu einer identitätslosen, hyperindividualistischen Mischlingsrasse, hinnehmen.
     
    Obacht: Nicht an Briten, Amerikaner oder Franzosen allgemein richtet sich hier die Schuldzuweisung; schließlich sind diese Völker auch von der Selbstzerstörung betroffen. Verantwortung trägt eine „Elite“, die sich finanziell und machttechnisch so gut abgesichert glaubt, dass sie und ihre Familien niemals die konkreten Auswüchse zu befürchten haben, die sie ihren Völkern durch dieses Programm zumutet. Und deren Identität niemand kennt – oder niemand auszusprechen wagt.

  7. Hier ein informativer Artikel von Ralph Ghadban zu Tariq Ramadan, dem schlimmsten, weil subtilsten (und schönsten!), von allen:

    http://www.faz.net/s/RubC3FFBF288EDC421F93E22EFA74003C4D/Doc~E8D907A2243D44E1BB6F26A34B25FD79E~ATpl~Ecommon~Scontent.html

    Dienstag/Mittwoch ist er auf einer Dialüg-Veranstaltung in Potsdam:
    „Wir stehen heute am Rande eines großen Scheidewegs der Weltgeschichte. Es muss uns gelingen, gemäßigten Stimmen in der islamischen Welt Gehör zu verschaffen, und dies ist Hauptaufgabe verantwortungsbewusster Medien im Osten und im Westen. Die Gespräche in Sanssouci spielen hier eine bedeutende, brückenbauende Rolle.“
    [Link zum Bericht der Märkischen Allgemeinen nicht mehr gültig, M., 17.01.2011]

    Manfred:
    „Muslime und Medien“! Geh mal dahin, setz Dich einfach zwischen diese Typen und erzähl ihnen was über Verantwortungsbewusstsein!

  8. @Thatcher
    Ich wollte mit dem Verweis auf die Schweiz und Norwegen nur zeigen, dass es grundsätzlich nicht in erster Linie auf Staatsstrukturen uä ankommt, sondern auf das geistige Klima insgesamt. Und da können irgendwelche kleinen Gruppen können nur etwas erreichen, wenn es eine größere Anzahl von Leuten gibt, die die Idee aufgreifen und sozusagen als Katalysatoren wirken.

    Dass relativ viele Leute für diese globalistischen Multikultur-Ideen empfänglich waren hat sicher mit dem ersten und zweiten Weltkrieg zu tun. Es mag aber auch daran gelegen haben, dass sie eingeschüchtert waren von den kulturellen Leistungen der Vergangenheit und es da bequemer war, dies alles umzuwerten und fortan als negativ anzusehen (Produktivität und Disziplin unter Faschismus-Verdacht stellen usw). Wenn man etwas ändern will, muss den Leuten wieder mehr kulturelles Selbstbewusstsein eingehaucht werden, das gilt für ganz Europa. Außerdem muss klar beim Namen genannt werden, welche Zustände in anderen Kulturkreisen herrschen und wohin sich die Dinge entwickeln. Etwa so: „Nachdem die Europäer die Kindersterblichkeit in den Griff gekriegt hatten und ihre Bevölkerung sehr stark gewachsen war, haben sie fast die ganze Welt erobert. Glauben Sie, dass es überhaupt keinen Effekt haben wird, wenn sich heute die genau umgekehrte Entwicklung vollzieht?“
    Dann lassen die Leute es sich auch nicht mehr gefallen, dass die hiesigen Bevölkerungen gegen Afrikaner und Araber ausgetauscht werden.
    Es bleibt für mich dabei, dass die Demokratie die schlechteste Regierungsform ist, allerdings mit Ausnahme aller anderen. Natürlich gibt es diesen Hang zum kurzfristigen Denken, aber sie ermöglicht zumindest am ehesten einen unblutigen Macht- und Ideologiewechsel. Gerade kleine elitäre Gruppen haben es in diktatorischen Systemen leichter. Es ist natürlich so, dass ziemlich schnell Fakten geschaffen werden, etwa durch wahrscheinlich bald anstehende Aufnahme der Türkei in die EU, Vertiefung der EU, immer mehr Einwanderer usw. Aber die heute herrschende Weltanschauung ist über viele Jahrzehnte gewachsen, da kann man nicht verlangen, dass sie innerhalb weniger Jahre zusammenbricht.

    Zum Schluss: Ich mache mir auch sehr große Sorgen. Aber unterhalb des Politiker-Geschwalles, bei den normalen Leuten setzt glaube ich schon ein Umdenken ein. Und wichtig: Was ich schreibe soll nicht irgendwie belehrend klingen. Ich lese Deine Beiträge immer sehr gerne. Ich glaube nur, dass wir beide ziemlich viel darüber nachdenken, ob noch was zu retten ist und wenn ja wie und da wollte ich kurz meine Sicht darstellen.

    P.S.: Was den ersten Weltkrieg angeht: Ich glaube, der wäre langfristig eh nicht zu verhindern gewesen. Alle großen europäischen Länder waren imperialistisch. Da es fast keine Kolonien mehr zu erobern gab, mussten sie sich früher oder später gegeneinander wenden.

  9. Manfred, ich vermute, seit diesem Interview lässt Ramadan keinen mehr an sich heran, von dessen Harmlosigkeit er nicht völlig überzeugt ist:

    http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2004-47/artikel-2004-47-sie-sind-ein-arroganter-mensch.html

    Im übrigen ist diese Konferenz in Potsdam ein schönes Beispiel dafür, was alles im Halb- oder Ganzverborgenen so abläuft, um die Weichen in eine gewisse Richtung zu stellen: “Wir stehen heute am Rande eines großen Scheidewegs der Weltgeschichte“.
    Wie wahr!

  10. @ Thatcher:
    Warum muss für die wirklichen Verursacher immer das Synonym „Elite“ angewandt werden. Ich erwarte keine Antwort.
    Noch vor wenigen Jahren konnte sich wohl niemand vorstellen, welche Auswirkungen das www haben würde.
    Eigentlich müsste es tödlich für die unredlichen „Eliten“ sein, dass alle ihre Unternehmungen mehr oder weniger offensichtlich und gut belegt sind, selbst die, die lange Zeit zurückliegen.

  11. Nein, die Hells Angels können und sollen es auch nicht sein, die die Sicherheit auf den Straßen wiederherstellen, obwohl ich nicht verschweigen will, dass ich auch ein gewisses Mass an Sympathie für sie habe, weil sie welche sind, die – wenn auch vielleicht nur in ihrer Freizeit – sich einen FREIraum schaffen, in dem sie sich der allgemeinen Gängelung und Verblödung entziehen und dort machen, was sie für richtig halten, und sich nicht um das scheren, was für die Masse sonst so angesagt ist.

    Sie verweisen aber, indem sie es allein sind, die die moslemischen Jugendlichen in die Schranken weisen, eigentlich unübersehbar auf eine grundlegende Fehlentwicklung – und darin liegt ihr Verdienst.

    Besser wäre es natürlich, wenn die, die von dieser Fehlentwicklung betroffen sind, also die, die jeden Tag bedroht, beleidigt und verprügelt werden, – und deren Zahl steigt täglich -, mal erkennen ließen, dass sie es leid sind, mal gegen die Gewalt auf den Straßen demonstrierten, mal den Behörden auf den Pelz rückten. Es gibt ja wohl auch in einigen Städten Ansätze zu Bürgerwehren, also Männer, die abends an den Brennpunkten die Augen offenhalten und gegebenfalls die Polizei rufen – die dann natürlich auch sich möglichst viel Zeit lässt und möglichst wenig tut. In den von der Lega Nord regierten Städten Oberitaliens ist man da ja schon etwas weiter.

    Es muss doch zigtausende von Männern geben, deren Frauen, Schwestern, Töchter beleidigt worden sind, die aber nichts unternehmen, von immer mehr Schulen hört man, dass gegen türkische und arabische Schüler nichts unternommen wird, usw. usf.,
    Es kann doch nicht sein, dass die gesamte Bevölkerung sich dieser Gehirnwäsche hat unterziehen lassen!

    Wir sagen immer, die „Eliten“, die Politiker, die Journalisten, die Linken, die Eurokraten, Obama, die Uno, das Christentum, der Kulturmarxismus, Adorno, Marcuse, Horkheimer und Konsorten, die 68er, die Globalisten, die Betreiber der Weltagenda, die westliche Zivilisation als solche (B. B.!), und Gott weiß, wer noch alles, seien schuld, weil sie uns manipulierten und völlig im Griff hätten, dagegen käme man nicht an, die Uhr zeige fünf nach zwölf . . .
    Ja, wenn wir das glauben, ist es wirklich fünf nach zwölf!

    Baron Bodissey scheint es ja auch zu glauben und zeigt einen ganz unamerikanischen Pessimismus (für Europa allerdings!), trotzdem sucht er diesen „anderen Weg“ und baut dieses Riesennetzwerk auf – warum wohl? Warum schmeißt er nicht alles hin?

  12. Diese Methode, das Maß an „Wohlstand“ auch an sozialer Gleichheit uä festzumachen wurde ursprünglich offenbar vom König von Bhutan entwickelt.
    http://andrewsullivan.theatlantic.com/the_daily_dish/2009/09/sarkozys-opportunistic-optimism.html
    Ich weiß aber nicht, ob in Bhutan und demnächst in der EU genau die gleichen Faktoren zugrunde gelegt werden, auf jeden Fall setzt sich Sarkozy jetzt auch für einen „happiness index“ ein.
    Wikipedia sagt über Bhutan:
    „Die volkswirtschaftliche Basis von Bhutan ist schmal. Die Landwirtschaft ist nicht produktiv und wird weitgehend durch Subsistenzniveau bestimmt. Reisüberschüsse werden nicht produziert, vielmehr ist die Regierung gezwungen, Reis zur Versorgung der Bevölkerung zu importieren. Mit dem zu erwartenden Bevölkerungswachstum wird sich Bhutan künftig mit Problemen der Nahrungsmittelversorgung konfrontiert sehen.“

  13. Die Karawane zieht weiter in dieser Sache. Von den Brüsseler Brutstätten läuft der Gedanke zu den selbsternannten Experten in den zahlreichen Gremien und Beiräten, demnächst wird es bei den Bundestagsparteien und den Kirchen landen, und dann ist die „Öffentlichkeit“ wieder einmal genug „vorbereitet“, diesen verhängnisvollen Plan in die Tat umzusetzen.
     
    Klaus Bade vom „Sachverständigenrat für Integration und Kultur“ hat sich im Deutschlandradio gemeldet und den „Diskurs“, durch den die Zustimmung herbeigeredet werden soll, wieder angestoßen.
     
    http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/1045094/

    Heise [die Moderatorin; T.]: Sie betonen ja auch, die Aufnahme von Schutzbedürftigen ist humanitäre Pflicht, das wird ja wahrscheinlich auch niemand bestreiten, nur kommt ja kaum noch ein Flüchtling nach Deutschland her, der nicht vorher in sogenannten sicheren Drittstaaten war. Darüber stöhnen die natürlich sehr. Sie fordern Neuansiedlungen jetzt im Rat, Neuansiedlungen, in der EU wird das Resettlement genannt. Wie soll das eigentlich aussehen genau?

    Bade: Ja, das sieht so aus, dass man sich überlegt, dass für Europa Zugänge geschaffen werden sollten, bei denen gewissermaßen der UNHCR, also der Hohe Flüchtlingskommissar, eine Art Filter davorsetzt und sagt, wir schauen uns diese Personen an und dann versuchen wir zu einer Verteilung innerhalb Europas zu kommen. Deutschland hat ja nun die Gnade der zentralen Lage, es ist kaum noch zu erreichen. Wir haben von Januar bis August 2009 gerade mal 17.000 Personen, die als Aslysuchende nach Deutschland gekommen sind. Das ist also sehr, sehr wenig, wenn man sich überlegt, dass früher also bis zu 100.000 und mehr pro Jahr gekommen waren. Andere Länder wie zum Beispiel Malta, Zypern, Italien, Griechenland haben im Vergleich zu ihrer Einwohnerzahl unvergleichbar höhere Flüchtlings- und Asylbewerberquoten. Es geht darum, hier zu entlasten und die Dinge für Flüchtlinge besser erreichbar zu machen. Der Grundgedanke ist, dass diesen Flüchtlingen, die vom UNHCR ausgesucht werden, von Anbeginn an dann ein sicherer Aufenthalt und Integrationsmöglichkeiten geboten werden.

     
    Folgende Stelle im Interview ist auch interessant:

    Bade: Ich sehe die Chancen eigentlich gar nicht so schlecht, weil dann in dieses Geschäft mit den Flüchtlingen etwas mehr ordnungspolitisches Denken hineinkommt, und das ist eigentlich der CDU ja relativ nahe. Nun wollen die Menschen im Sinne des Sacro egoismo in den einzelnen Staaten immer gerne selber bestimmen, was da im Einzelnen passiert, aber es muss im aufgeklärten europäischen Gesamtinteresse sein, hier eine Lösung zu finden, die der Sache angemessen ist.

     
    Das heißt, das Selbstinteresse der Nationen an ihrer Fortexistenz wird als „heiliger Egoismus“ diffamiert und die Zustimmung zur Auflösung derselben als ein einsichtiges Einwilligen in die „aufgeklärten Prinzipien“ dargestellt, auf denen diese ganze Täuscherei der „europäischen Integration“ beruht.
     
     

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